Harsewinkel . HSV-Neuzugang geht offensiv mit seiner Vergangenheit um. „Mein Image belastet mich nicht“, sagt Spahic - und erhält Experten-Zuspruch.
Wenn Lachen wirklich ansteckend ist, dann müsste Emir Spahic umgehend unter Quarantäne gestellt werden. „Ich lache nun mal gern“, sagt der Bosnier, der keinen im Trainingslager von Harsewinkel auf dem Rasen ohne Umarmung, Shakehands oder zumindest einen freundschaftlichen Klaps davonkommen lässt. Nach dem Vormittagstraining am Montag waren zunächst Jacques Zoua und Zoltan Stieber an der Reihe, dann scherzte Spahic mit Rudnevs, umarmte Abwehrkonkurrent Cléber und ging schließlich Arm im Arm mit Petr Jiracek vom Platz. Als dann ein Kameramann den Weg zum Hotel versperrte, ging Spahic auf die Kamera zu und deutet grinsend einen Schlag an. Ein Scherz natürlich, mehr nicht.
Und trotzdem hieß es schnell: Da war er also wieder, der Prügel-Profi. So wird Spahic seit seinem Ausraster am 8. April im Anschluss an das DFB-Pokalspiel Bayer Leverkusens gegen Bayern München vom Boulevard genannt. Der Verteidiger wurde von einem Zuschauer gefilmt, wie er Ordner angriff. Als die Situation dann doch beendet schien, ging Defensivmann Spahic noch mal in die Offensive und gab einem Ordner eine Kopfnuss. Die Bilder sehen übel aus – auch drei Monate später noch. Spahic weiß das. Und er weiß auch, dass ihn diese Szene, die Schläge, die Kopfnuss, möglicherweise für den Rest seiner Karriere begleiten werden. Ganz sicher jedenfalls bis auf die Terrasse des Hotel Klosterpforten. „Man muss immer alles im Griff haben – auch wenn der Druck mal groß wird“, sagt er.
Schlägerei juristisch noch nicht geklärt
Juristisch ist die Attacke noch lange nicht abgehakt. Man spricht in so einem Fall von einem laufenden Verfahren. Doch psychologisch scheint Spahic die Folgen seines Ausrasters überwunden zu haben. Er war der Täter, der Ordner das Opfer. Die Rollen waren klar verteilt, und trotzdem brauchte auch er nach dem Vorfall, der folgenden Berichterstattung und der zwangsläufigen Vertragsauflösung mit Leverkusen Zuspruch. „Für mich war wichtig, dass ich danach viele Leute an meiner Seite hatte, die mich trotzdem unterstützt haben“, sagt er. Dass er das Image des „Prügel-Profis“ möglicherweise nicht mehr los wird, störe ihn nicht wirklich: „Mein Image belastet mich nicht.“
Andreas Köhler von der Agentur „iB – die Image Berater“ hält das für richtig. „Image hat nichts mit gut oder schlecht zu tun. Es kommt einzig und allein auf das Ziel und die Wirkung bei der jeweiligen Zielgruppe an“, sagt der Image-Experte, der nicht viel davon hält, Spahic nun künstlich vom Saulus zum Paulus zu machen: „Ein Image, das auf einige Menschen eher negativ wirkt, kann für einen bestimmten Fußballverein oder einen Fußballprofi gegebenenfalls auch vorteilhaft sein“, erklärt Köhler. „Ein Beispiel hierfür ist Jürgen Kohler, der als Spieler das Image eines harten Hundes hatte und sich gegebenenfalls auch mal mit einem knallharten Foul durchsetzte. So ein Image könnte Gegenspieler beeinflussen, wodurch sich eine demoralisierende Wirkung ergeben könnte.“
Elfmal Rot und zwei Suspendierungen
Image hin, Image her – Spahic will in eine bessere HSV-Zukunft schauen, ohne dabei die eigene, durchaus problematische Vergangenheit zu verschweigen. In seiner Profikarriere hat der Innenverteidiger elfmal die Rote Karte gesehen, wurde in Moskau suspendiert und musste seinen Vertrag in Leverkusen auflösen. Vor Gericht muss er in Kürze noch mal etwas ausführlicher zu seiner Schlägerei und den Folgen Stellung nehmen, im Hier und Jetzt will er weniger über seine Fäuste und mehr über seine Füße reden.
Die Füße waren es auch, die Hamburgs Verantwortliche überzeugt haben. 81 Länderspiele, 26 Auftritte im Europapokal und 41 überwiegend herausragende Bundesligaspiele für Bayer Leverkusen – an Spahic’ sportlichen Fähigkeiten gab es von Anfang an keine zwei Meinungen. „Ich bin Dietmar Beiersdorfer, Peter Knäbel und Bruno Labbadia sehr dankbar“, sagt Spahic, der zunächst Trainer Labbadia in einem Vieraugengespräch auch von seinen menschlichen Fähigkeiten überzeugen musste. „Der HSV war vom ersten Moment an da, da muss ich dem HSV einfach Danke sagen.“
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Spahic ist ein großes Sprachtalent
Auf dem Fußballplatz klappt der Dank schon ganz gut. Als einer von ganz wenigen ist Spahic in der mutmaßlichen Stammelf gesetzt, versucht darüber hinaus auch seinen jüngeren Kollegen zu helfen. „Ich mag gerne an der Seite der Jungen sein“, sagt Spahic, dessen Talent für Sprachen bei einer schnellen Integration durchaus hilfreich ist. Mit Albin Ekdal spricht er Englisch, mit Cléber Spanisch, mit Mohamed Gouaida Französisch, mit Artjoms Rudnevs Russisch und mit Ivica Olic Kroatisch. Und auch sein Deutsch ist mehr als passabel.
In Deutsch lässt Spahic dann auch keine Zweifel aufkommen, was er in dieser Saison erreichen will. „Ich will eine wichtige Rolle für den HSV übernehmen“, sagt der 34 Jahre alte Routinier. „Ich habe klare Ziele.“
Ein absehbares Karriereende gehört nicht dazu. Trotz seiner fast 35 Jahre. „Ich bin nicht alt“, sagt Spahic. „Ich bin erfahren.“
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