Laax. Nach einem Jahr zum Vergessen scheint der HSV-Stürmer an seine starke Anfangszeit anknüpfen zu können. Auch dank des Trainers.
Es fällt nicht schwer, unter den 27 Spielern auf dem Trainingsplatz des HSV in Graubünden Pierre-Michel Lasogga ausfindig zu machen. Natürlich hilft dabei die stämmige Statur des Stürmers. Auch seine Lautstärke macht es den Schweizer Zuschauern einfach, ihn zu identifizieren. Am einfachsten ist das Suchspiel „Finde Lasogga“ aber zu lösen, indem man einfach nach dem Spieler mit der kürzesten Hose fahndet. Die leicht hochgezogene Shorts ist das Markenzeichen des 23 Jahre alten Angreifers im Trainingslager des HSV.
Gleichzeitig bietet sie einen Mehrwert für alle Beteiligten. Zum einen für Lasogga, dessen Schenkel schön braun werden. Zum anderen für den Rest, der einen guten Blick auf den Zustand des in der Vergangenheit so oft für Probleme sorgenden Muskelapparats bekommt. Und dieser Blick verrät: Lasoggas Beine sind in bester Verfassung. Das hat auch Bruno Labbadia erkannt. „Er ist ordentlich drauf“, sagte der Trainer am Mittwoch.
Mehr noch. Der Zustand, in dem sich Lasogga in der Schweiz zeigt, macht Hoffnung. Hoffnung, dass er nach zwei Jahren erstmals wieder verletzungsfrei durch eine Vorbereitung kommt. Hoffnung, dass der HSV mit einem Lasogga in Topform in die Saison starten kann. Hoffnung, dass er nach einem Jahr zum Vergessen wieder der Stürmer wird, als der er kam.
Damals, im Herbst 2013, erzielte Lasogga nach seinem Wechsel auf Leihbasis von Hertha BSC zum HSV in seinen ersten sechs Spielen von Beginn an acht Tore. Aufgrund seiner leidenschaftlichen Art, Fußball zu spielen, schaffte er es schnell zum Publikumsliebling. Im Januar 2014 begann dann die Episode nicht enden wollender Muskelprobleme. Im Trainingslager in Abu Dhabi zwickte der Oberschenkel das erste Mal, zum Rückrundenauftakt gegen Schalke riss eine Muskelfaser, im Frühling erneut.
Labbadia beendet Lasoggas Rückzug
Im Sommer, als der HSV dank Lasoggas Tor in Fürth den Klassenerhalt schaffte und ihn für 8,5 Millionen Euro fest verpflichtete, wiederholte sich das Spielchen. Auf Verletzungen in den Vorbereitungen folgten Formkrisen. Nur zwei Tore standen nach 29 Spielen zu Buche. Lasogga fing an nachzudenken. Sprach kaum noch in der Öffentlichkeit. Zog sich zurück. Dann kam Bruno Labbadia. Und machte den Stürmer wieder stark.
Dass Lasogga in Graubünden so locker und gelöst wirkt wie lange nicht, hat viel zu tun mit dem Trainer des HSV. „Ich habe große Hochachtung, dass Labbadia die Aufgabe übernommen hat“, sagt Lasogga. Er ist ein Spieler, der das Vertrauen und den ständigen Rückhalt eines Trainers spüren muss. So wie es unter Bert van Marwijk war. So wie es unter Mirko Slomka und Joe Zinnbauer nicht war. Stimmt die Chemie zwischen dem Stürmer und dem Trainer nicht, funktioniert er auch nicht. Dann wirkt Lasogga mitunter lustlos. Träge. Lauffaul. Unter Labbadia läuft es wieder. Der 49-Jährige trifft bei Lasogga einen Nerv.
Wer den gebürtigen Gladbecker in Graubünden beobachtet, sieht einen Mann, der Spaß an dem hat, was er tut. Lasogga lacht viel. Und er läuft viel. Nicht ein Training verpasste er in den ersten vier Tagen. Er hat seine Ernährung umgestellt, macht gymnastische Übungen. In den Abschlussspielen trifft Lasogga nach Belieben. Nach den Einheiten setzt er sich zur Abkühlung in den benachbarten Fluss.
Der HSV im Trainingslager
Lasogga verpasst Einheit wegen Fiebers
Vielleicht saß er dort ein wenig zu lange, denn am Mittwoch war es dann doch so weit. Wegen leichten Fiebers verpasste Lasogga am Vormittag seine erste Trainingseinheit. „Er hatte in der Nacht Schweißausbrüche, daher haben wir ihm eine Pause gegeben“, sagte Labbadia. Eine kurze Pause soll es sein.
Das Testspiel gegen Chur 97 am Abend versäumte Lasogga, am Donnerstag dürfte er bereits wieder auf dem Trainingsplatz stehen. Dann trifft er auch wieder auf seinen neuen Mitspieler Emir Spahic. Von dem Innenverteidiger, der seit zwei Tagen beim HSV trainiert, ist Lasogga sehr angetan. „Er ist ein Spieler, der dir wehtun kann“, sagt er über den Bosnier. Und das aus Erfahrung. In den vergangenen zwei Jahren standen sich die beiden mehrfach auf dem Platz gegenüber. Gegen Chur fehlte Spahic aber genau wie Lasogga, da er als Folge der Prügelei mit einem Ordner in Leverkusen bis einschließlich Sonntag gesperrt ist und daher auch den Telekom-Cup verpasst.
Lasogga wird dann wieder dabei sein. Im vergangenen Jahr verletzte er sich bei dem Kurzturnier. Diesmal soll alles anders werden. Die Voraussetzungen dafür schuf Lasogga bereits im Urlaub. Auf seiner Instagram-Seite veröffentlichte er kürzlich ein Foto aus dem Kraftraum. „Arbeite hart“, schrieb er dazu. Und den Nachsatz: „Nein, ich arbeite härter.“ Lasogga hat tatsächlich hart gearbeitet. Das sieht man spätestens dann, wenn er beim Training wieder seine Shorts hochkrempelt.