Hamburg. Saisonstart bei Bayern. Nach sieben Abgängen bleibt die Frage, wer überhaupt spielen wird. Gregoritsch soll erster Zugang werden.
Selbstverständlich hatte sich am Freitagmittag auch im Universitätskrankenhaus Eppendorf längst herumgesprochen, was die Spielplanmacher der DFL in den vergangenen Wochen da ausgetüftelt hatten. „Bayern ist ein harter Brocken. Das ist schon eine sehr anspruchsvolle Aufgabe für uns“, sagte HSV-Clubchef Dietmar Beiersdorfer, als er im Rahmen einer Scheckübergabe auf der UKE-Kinderkrebsstation zum Auftaktgegner des HSV in die neue Saison befragt wurde. Wie seine erste Reaktion bei der Verkündung gewesen sei? „Die Bayern halt“, sagte Beiersdorfer mit einem angedeuteten Lächeln, das nur schwer zu interpretieren war.
Bayern also, war ja klar. Gleich am ersten Spieltag, Freitagabend, Primetime, und auch noch auswärts in München. Am zweiten Spieltag zu Hause gegen den VfB Stuttgart, dann zweimal in Folge auswärts gegen den 1. FC Köln und Borussia Mönchengladbach. Da können Hamburgs Anhänger nun ganz trefflich darüber streiten, ob das ein schweres, ein unglaublich oder ein unverschämt schweres Auftaktprogramm für die 53. Bundesligaspielzeit ist.
Die 53. Saison, in der Bundesliga, der ersten – das ist es doch, was nach dem nervenaufreibenden Saisonfinale der 52. Spielzeit wirklich zählt. „Genau dafür haben wir alles gegeben: für diese Spiele, für diese Gegner“, kommentierte René Adler das Startprogramm optimistisch. „Ich sehe den FC Bayern zum Saisonstart als kleine Extra-Belohnung für den Klassenerhalt.“
Bereits zum fünften Mal trifft der HSV gleich am ersten Spieltag auf den Rekordmeister. Optimisten wie Adler können anmerken, dass die Hamburger bislang nur zweimal verloren haben. Pessimisten könnten entgegnen, dass der HSV aber auch noch nie am ersten Spieltag gegen Bayern gewonnen hat. Ein 0:2, ein 2:3, zweimal 2:2. „Wir nehmen es, wie es kommt, die Vorfreude ist riesig“, sagt Dennis Diekmeier. „Es kribbelt!“
Sieben Wochen vor dem Start der neuen Bundesligasaison wächst also, den Bayern zum Trotz, auch in Hamburg die Ungeduld auf die kommende Spielzeit – parallel zur Sorge, mit was für einer Mannschaft der HSV im diesen Jahr das Unternehmen Klassenerhalt angehen will. Tatsächlich ist der HSV bisher der einzige Erstligaclub, der bis auf das türklische Stürmertalent Batuhan Altintas, bei dessen Transfer noch eine Unterschrift fehlt, noch keinen einzigen neuen Spieler verpflichten konnte. Sogar die Aufsteiger Darmstadt und Ingolstadt gingen bereits für ein paar Hunderttausend Euro shoppen. Die Bayern träumen von 35-Millionen-Euro-Brasilianer Douglas Costa. Und von 50-Millionen-Euro-Argentinier Angel di Maria. Und der HSV? Machte nur Schlagzeilen mit Spielern die gehen, nicht kommen.
HSV-Debakel beim FC Bayern
Stand jetzt verlassen mit Heiko Westermann, Marcell Jansen, Rafael van der Vaart, Slobodan Rajkovic, Maxi Beister, Lasse Sobiech und dem von Bayern München geliehenen Julian Green gleich sieben Spieler den Club. Ablöse bekommt der HSV allerdings für keinen von ihnen – ganz im Gegenteil. Im Fall von Beister und Sobiech wurde der laufende Vertrag gegen eine Abfindung aufgelöst, ähnliches könnte bei Stürmer Jacques Zoua folgen. Unsicher ist auch, ob Gojko Kacar und Ivo Ilicevic eine Verlängerung mit stark leistungsbezogenen Verträgen akzeptieren. Zudem sollen auch noch Valon Behrami und Petr Jiracek verkauft werden. Bleibt die Frage, wer überhaupt noch am 14. August gegen die offenbar übermächtigen Bayern auf dem Platz stehen soll.
Beantworten muss diese Frage Peter Knäbel. Der Sportchef, der seit neun Monaten beim HSV im Amt ist, steht bei seiner ersten Saisonplanung vor einer echten Herkulesaufgabe. Der Grund ist klar: das liebe Geld, mal wieder. So ist es längst kein Geheimnis mehr, dass der finanziell nicht gerade auf Rosen gebettete HSV noch mehr als zehn Millionen Euro Raten für in der vergangenen Saison getätigte Transfers (Holtby, Lasogga, Müller, Ostrzolek, Díaz und Olic) abstottern muss. Eine durchaus gängige Praxis, doch was darüber hinaus kaum einer weiß: es sind sogar immer noch Raten offen von Transfers aus Vorjahren, zum Beispiel 500.000 Euro an Borussia Dortmund für Sobiech, ausgerechnet Sobiech. Auch zu zahlende Raten von Beraterhonoraren für vor Jahren getätigte Transfers von mehr als zwei Millionen Euro – zum Beispiel 550.000 Euro für Adlers Agent Jörg Neubauer – schränken Knäbels Spielraum in diesem Transfersommer extrem ein.
HSV bietet zwei Millionen für Gregoritsch
So ist es nachvollziehbar, dass der HSV – anders als im Vorjahr – extrem zögerlich auf dem Transfermarkt agiert. Bei Paderborns Süleyman Koc etwa blieb Knäbel hart. Der HSV bot 1,5 Millionen Euro, Paderborn forderte 2,5 Millionen Euro, der Wechsel platzte. Nun ist Bochums österreichischer Stürmer Michael Gregoritsch das nächste Objekt der Begierde. Am Mittwoch hatte der HSV ein offizielles Angebot von 1,5 Millionen Euro abgegeben, das der VfL umgehend ablehnte. Nach dem Ausmisten unter der Woche hat Manager Knäbel nun leicht nachgebessert, das Angebot auf zwei Millionen Euro erhöht. Derweil brach Gregoritsch, der sich mit dem HSV längst einig ist, Bochums Training am Freitag mit Oberschenkelproblemen ab.
Im besten Fall gesundet der frühere St. Paulianer am Wochenende, unterschreibt Anfang kommender Woche – und feiert am 14. August sein Bundesligadebüt. Gegen die Bayern.