Hamburg. Der HSV beginnt mit der Demontage der Lettern des Ex-Sponsors vom Stadiondach. Ein Schriftzug “Volksparkstadion“ ist nicht geplant.
Der mit Abstand beste Zeitpunkt für einen Kurzbesuch sei der späte Nachmittag oder Abend, sagt Caspar Lindhorst und zeigt Richtung Westen. „Wenn dort hinten ganz langsam die Sonne untergeht, dann ist das einfach spektakulär.“
Lindhorst muss es wissen. Der 45 Jahre alte Bauingenieur steht in 40 Metern Höhe auf dem Dach des Volksparkstadions und wippt mit den Füßen hin und her, als ob er gleich zum Trampolinsprung ansetzt. „Wahrscheinlich gibt es kaum schönere Aussichtspunkte in Hamburg“, sagt Lindhorst, der in dieser Woche fast täglich das luftige Vergnügen genießen darf. Der Grund: Lindhorst beaufsichtigt die Demontage der bis zu acht Meter hohen Buchstaben vom bisherigen Arena-Sponsor Imtech. Am Montag rollte der erste Kran an – und in spätestens zwei Wochen soll auch der letzte Buchstabe abmontiert sein. Die Arena heißt dann wieder ganz offiziell Volksparkstadion.
Der HSV räumt der Vergangenheit auf
Klar ist der Namenswechsel bereits seit dem 22. Januar, als der HSV bekannt gab, dass Anteilseigner Klaus-Michael Kühne die Namensrechte für jährlich vier Millionen Euro bis 2019 erworben hatte. Es war der vorläufige Schlusspunkt einer Namensodyssee, die 2001 mit AOL begann. Der frühere Internet-Provider hatte zunächst 30 Millionen Mark für fünf Jahre gezahlt, ehe das Unternehmen 2006 noch einmal drei Millionen Euro für ein weiteres Jahr zahlte. Von 2007 an war der HSH Nordbank der Stadionname sogar fünf Millionen Euro jährlich wert, ehe sich 2011 Imtech die Namensrechte für 25 Millionen Euro sicherte. Und jetzt ist es also wieder das Volksparkstadion.
Doch bevor es wirklich so weit ist, hat vor allem Caspar Lindhorst noch jede Menge zu tun. „Nur wenn das Wetter stimmt, können wir bis zu drei Buchstaben pro Tag schaffen“, sagt der Ingenieur und erklärt: Zunächst würde am Mittwoch die erste von zwei jeweils 50 Quadratmeter großen Rauten abmontiert, dann seien die sechs bis zu 2,5 Tonnen schweren Buchstaben dran. Jeder Handgriff müsse von Industriekletterern der Firma Montage Service LB überprüft werden. „Man muss den ganzen Buchstabensalat als statisches System verstehen“, sagt Lindhorst, „wenn ein Buchstabe entfernt ist, dann droht ohne extra gespannte Sicherheitsseile alles zusammenzubrechen.“
Fast vor Freude zusammengebrochen waren Hamburgs Verantwortliche, die im Januar ihr Glück über den Volkspark-Coup kaum glauben konnten. „Heute ist ein großer Tag für den HSV“, hatte Clubchef Dietmar Beiersdorfer mit viel Pathos in die Kameras gesagt, als er am Ende einer medialen Schnitzeljagd quer durch den Volkspark den Namenswechsel bekannt gab.
Tatsächlich war und ist der Namenswechsel eine Win-win-Geschichte, wie man so schön auf Neudeutsch sagt. Denn neben dem HSV konnte auch der bisherige Sponsor Imtech sein Glück kaum glauben, ein Jahr früher als gedacht aus dem laufenden Vertrag aussteigen zu dürfen. Das holländische Unternehmen war schon vor längerer Zeit in wirtschaftliche Schieflage geraten und hatte bereits vor zwei Jahren angekündigt, so schnell wie möglich die Partnerschaft mit dem HSV zu beenden. Auch die Imtech-Loge ist längst gekündigt. Lediglich ein paar Dauerkarten sicherte sich der Gebäudetechnologiekonzern, der auch die Kosten von rund 150.000 Euro für die Buchstaben-Demontage tragen muss.
Die blauen Buchstaben samt energiesparender LED-Technik sollen nun direkt vor Ort verschrottet werden, sofern sich nicht noch ein solventer Sammler von Fandevotionalien in letzter Minute meldet. „Wer die Buchstaben haben will, der kann sie gerne bekommen“, sagt Imtech-Sprecher Harald Prokosch, der allerdings nicht verschweigen will, dass die Offerte einen durchaus kostspieligen Haken hat: Den Abtransport der kostenlosen Kolosse müssten Interessierte selbst zahlen. Dafür dürfte ein fünfstelliger Betrag fällig werden
„Man bräuchte auch einen richtig großen Garten“, sagt Lindhorst. Seit 2000 arbeitet er bei der HSV Arena Gesellschaft, die Umbenennung von der Imtech-Arena zum Volksparkstadion ist somit bereits sein vierter Namenswechsel – der erste ohne neue Buchstaben auf dem Dach. Die, so glaubt Lindhorst, würden bis zu einer Million Euro kosten. „Mal sehen, ob das der letzte Namenswechsel war“, sagt der Ingenieur. Der Vertrag mit Investor Kühne laufe schließlich nur bis 2019, danach könnte das Stadion theoretisch wieder einen neuen Namen bekommen.
Der HSV muss für das Fehlverhalten seiner Fans unter anderem im Relegationsspiel beim KSC 36.000 Euro Strafe bezahlen, urteilte das DFB-Sportgericht.