Malente. HSV verbarrikadiert sich in Malente , um sich für das Abstiegsfinale zu wappnen. Derweil erfährt Beiersdorfer erste kritische Stimmen.

Pünktlich zum Mittag hatten es die (wenigen) HSV-Anhänger und die (zahlreichen) Medienvertreter schwarz auf weiß: „Die Sportanlage ist für die Öffentlichkeit geschlossen“, stand auf einem improvisierten Schild, das HSV-Sicherheitschef Tobias Leibrock vor dem Eingangstor der Sportschule Malente aufstellte. Drei Tage lang will sich der HSV in der ostholsteinischen Provinz in aller Ruhe auf das Abstiegsfinale am Sonnabend gegen Schalke 04 (15.30 Uhr/Sky und im Liveticker bei abendblatt.de) vorbereiten. Und dass Trainer Bruno Labbadia keinerlei Störung in der nordischen Walachei dulden wollte, wurde schon Stunden vor der zaghaft beklatschen Ankunft der Mannschaft um kurz nach 13 Uhr deutlich. Bereits am frühen Morgen hatten Sportschulleiter Tobias Kruse, Zeugwart Mario Moser und HSV-Teammanager Thomas Westphal das Gelände mit Planen abgeriegelt. Höchste Geheimhaltung für die letzte Patrone im Kampf um den Klassenerhalt, lautete die Devise.

Als die Mannschaft dann am späten Nachmittag den Trainingsplatz des vor drei Jahren so getauften Uwe-Seeler-Fußballparks betrat, war von all der Geheimhaltung aber nur wenig übrig geblieben. Während angereiste Hamburger am Vordereingang über die Hecke lugten, wagten ortskundige Anhänger den Gang durch die Botanik und schauten sich das Training des Tabellenvorletzten vom angrenzenden Wald aus an. „Ich finde es eine Frechheit, dass sich diese überbezahlten Herren Profis nach dieser Saison auch noch verstecken“, sagte ein Fan, dem umgehend von einem anderen Anhänger widersprochen wurde: „Die müssen doch alles versuchen. Die Hoffnung stirbt zuletzt“, sagte der junge Mann aus dem nahegelegenen Neversfelde, der sich für den prominenten Besuch aus Hamburg einen Tag frei genommen hatte.

Angesichts der wachsenden Anhängerschaft hinter Hecke, Zaun und Sichtschutz hatte Trainer Labbadia nach dem Aufwärmen dann aber doch ein Einsehen. Eine kurze Ansage, und die komplette Mannschaft marschierte durch das Eingangstor zu den Anhängern. Hier ein Handyfoto, dort ein Autogramm – und immer wieder gegenseitiger Applaus. Nach knapp fünf Minuten waren die gegenseitigen Aufmunterungen auch schon wieder vorbei. Die Profis kehrten zurück in ihre Festung, und die doch noch beglückten Fans machten sich mit einsetzendem Regen auf den Weg zurück nach Hause.

Schnoor und Schnoor zur HSV-Misere

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    Verpasst haben die Anhänger auch nicht wirklich etwas. Nur so viel: Die Stimmung schien trotz der extrem angespannten Tabellensituation so gut wie lange nicht. Nachdem beim Torschusstraining die mutmaßliche B-Elf unter großem Gejohle den internen Trainingswettbewerb gewann, wurde die mutmaßliche A-Elf unter noch lauterem Gejohle zu Strafliegestützen verdonnert. Ein Stimmungstief vor dem wahrscheinlich wichtigsten Spiel der Clubgeschichte sieht anders aus.

    Angesichts der Tabellensituation überraschend gut schien die Stimmung auch im Aufsichtsrat, der am Dienstagabend alle Eventualitäten eines möglichen Abstiegs besprach. Und Chefkon­trolleur Karl Gernandt konnte sich drüber freuen, dass ein überwiegender Großteil der Räte seiner Linie folgen wollte. Die wichtigste Entscheidung: Vorstandschef Dietmar Beiersdorfer soll auch im Fall des Abstiegs bleiben. Wie das Abendblatt erfuhr, hat es bei der Diskussion der Kontrolleure auch kritische Stimmen gegeben, am Ende soll es aber kein Veto gegen den zuletzt kritisierten Clubchef gegeben haben. Lediglich Gernandts Wunsch, die Rückendeckung für Beiersdorfer bereits vor dem Spiel gegen Schalke per Pressemitteilung zu unterstreichen, fand noch keine Mehrheit.

    Verantwortlich für das Tableau der Chefs bleibt aber weiterhin das Team. Und diesem dürfte nach dem verpatzten Auftritt gegen den VfB Stuttgart in Malente nicht nur ein neuer Geist eingeimpft werden, sondern es dürfte auch ein neues Gesicht verpasst bekommen. So deutete Labbadia im Training mehrere Wechsel an. Im defensiven Mittelfeld sind Marcelo Díaz und Petr Jiracek Kandidaten, im offensiven Mittelfeld darf sich Zoltan Stieber Hoffnungen machen. Marcell Jansen, der einen neuen Verein gefunden haben soll, konnte am Mittwoch wegen muskulärer Probleme nur joggen.

    Am späten Nachmittag fand sich in der Sportschule schließlich auch noch der Geist von Malente. Ein älterer HSV-Anhänger aus der Nachbarschaft wünschte seinen Helden mit einem Bettlaken über den Kopf persönlich alles Gute. „Der HSV soll gegen Schalke den Geist von Malente spüren“, sagte Meyer, „dann klappt es auch mit dem Klassenerhalt.“