Hamburg. HSV-Vorstand Carl Jarchow gibt der Fußballabteilung zum Ende seiner vierjährigen Amtszeit noch ein paar Tipps. Kandidatur als HFV-Vize.

Das Abschiedsfrühstück mit den HSV-Mitarbeitern im Stadionrestaurant „Raute“ hat Carl Jarchow auf die Tage nach dem Abstiegskampf verschoben. Für den 60-Jährigen ist aber schon morgen Schluss. Gut vier Jahre nach seiner Ernennung zum Nachfolger des früheren Vorsitzenden Bernd Hoffmann am 16. März 2011 scheidet Jarchow zum Ablauf seines Vertrages aus dem Vorstand aus. „Der HSV ist mein Verein, ich bin dankbar, dass ich diese Aufgabe ausüben durfte“, sagt er zum Abschied.

Kontinuität, das war eines der Lieblingsworte Jarchows zu Beginn seiner Amtszeit. Umsetzen ließ sich dieses Ziel nicht. Michael Oenning, Thorsten Fink, Bert van Marwijk, Mirko Slomka, Joe Zinnbauer, Peter Knäbel und Bruno Labbadia – sieben Trainer (ohne Interimslösungen) erlebte er, dazu mit Bastian Reinhardt, Frank Arnesen, Oliver Kreuzer und Peter Knäbel vier Sportchefs. Nicht zu vergessen die fünf Aufsichtsratsvorsitzenden Otto Rieckhoff, Alexander Otto, Manfred Ertel, Jens Meier und nun Karl Gernandt. Die Liga-Platzierungen 8, 15, 7 und 16 waren das Resultat seiner unruhigen Ära.

„Es waren sehr schwierige Jahre, bedingt zunächst durch die wirtschaftlichen Voraussetzungen und dann die sportliche Entwicklung.“ Was er meint: Nachdem Manager Frank Arnesen 2011 vor dessen Vertragsabschluss noch avisiert worden war, er könne einen zweistelligen Millionenbetrag für Verstärkungen in die Mannschaft investieren, musste der Däne am Ende sogar einen Transferüberschuss erzielen.

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    Stolz auf den neuen HSV-Campus

    Stolz ist der gelernte Außenhandelskaufmann darauf, dass es gelungen ist, den Campus umzusetzen – „wenn auch in veränderter Form. Er ist für die nächsten Jahre des Clubs enorm wichtig.“ Mitten im Abstiegskampf der Saison 2013/14 die Ausgliederung (gegen den Widerstand des früheren Aufsichtsrats) umzusetzen, gehört sicher auch zu seinen Leistungen.

    Wie der HSV für die Zukunft aufgestellt sei? „Der Vorstand hat mein volles Vertrauen“, lobt Jarchow, der ein freundschaftliches Verhältnis zu Clubchef Dietmar Beiersdorfer pflegt. Angesichts der beiden Rückkehrer Kerem Demirbay und Jonathan Tah sei der Kader „nicht so schlecht aufgestellt“, nun gehe es darum, sich „intelligent zu verstärken. Spektakuläre Neuzugänge braucht der HSV nicht, sondern Spieler, die zu uns passen.“ Dass er die Vielzahl an auslaufenden Verträgen als Chance begreift, wird mehr als deutlich, wenn er betont: „Das Gesicht der Mannschaft muss sich verändern.“

    Jarchow nennt Gladbach als Vorbild

    Als Vorbild, wie sich ein Verein relativ schnell wieder nach oben gearbeitet hat, nennt Jarchow Mönchengladbach: „In meiner ersten Saison spielten wir am letzten Spieltag gegen die Borussia, die über die Relegation gerade so die Klasse halten konnte. In dieser Runde ist Gladbach die beste Rückrundenmannschaft. Erreicht hat man dies durch einen behutsamen Aufbau, ohne die ganz großen Namen zu verpflichten.“ Jarchow ist sich sicher, dass auch die Fans nicht auf Stars aus sind: „Sollte der HSV um Platz zehn spielen, aber eine Entwicklung der Mannschaft erkennbar sein, würde das von unseren Anhängern sicher sehr positiv aufgenommen werden.“ Der These, ein Jahr in der Zweiten Liga würde dem HSV gut tun, widerspricht Jarchow: „Ein Abstieg würde alles schwerer machen, die Gefahr würde steigen, finanzielle Risiken einzugehen, um möglichst schnell wieder aufzusteigen.“

    Vom Sport verabschieden wird sich Jarchow nicht, im Gegenteil. Im Juni steht er zu Wahl des Vize-Präsidenten beim Hamburger Fußballverband (HFV). Es ist ein offenes Geheimnis, dass er in einigen Jahren den amtierenden HFV-Präsidenten Dirk Fischer beerben soll. Als Abgeordneter der Bürgerschaft (FDP) gehört er nicht nur dem Innenausschuss, sondern auch seit Kurzem dem Olympia- und Sportausschuss an. Die HSV-Spiele wird Jarchow sowieso weiter besuchen. Wie seit seinem neunten Lebensjahr.