Hamburg. Im Freitag-Spiel kam der HSV nur zu einem glücklichen 1:1 gegen Freiburg und muss weiter um den Klassenerhalt zittern.

Die 90. Minute lief. Noch eine Ecke. Vielleicht eine der letzten Chancen für den HSV, doch noch den Ausgleich zu erzielen. Ivica Olic köpfte, Freiburgs Torwart Roman Bürki wehrte den Ball gerade noch ab. Doch dann kam Gojko Kacar und staubte per Kopf ab. 1:1! Die Arena bebte, der HSV hatte eine bittere Niederlage im Abstiegskampf gerade noch abwenden können und ergatterte sich einen Punkt für die Moral. Doch die Rettung muss warten. Vieles deutet darauf hin, dass die Entscheidung erst am letzten Spieltag fallen wird.

Alles schien angerichtet zu sein. Mit zwei Siegen gegen Augsburg und in Mainz im Rücken sollte nun Erfolg Nummer drei folgen, um sich schon drei Spieltage vor Ablauf der Saison der schlimmsten Abstiegssorgen zu entledigen. Mit Freiburg schien da genau der richtige Gegner in die Imtech-Arena zu kommen. Die Breisgauer, die bisher noch kein direktes Duell gegen einen unmittelbaren Konkurrenten im Tabellenkeller gewinnen konnten, warteten seit vier Spielen auf einen Sieg, zuletzt verlor man gegen Paderborn 1:2. Die Stimmung auf den Rängen? Entsprechend euphorisch.

+++ Die Einzelkritik der HSV-Profis +++

Das Problem an der ganzen Sache: Der HSV spielte, im wahrsten Sinne des Wortes, viel zu lange nicht mit. Wer verhalten optimistisch erwartet hatte, dass die Hamburger schwungvoll nach vorne spielen und die Partie dominieren würden, wurde schnell aus allen Träumen gerissen. Nach wenigen Minuten übernahmen die Freiburger das Kommando, kombinierten gut und verteidigten in ihrer 4-4-2-Ordnung aufmerksam und klug. Die HSV-Profis liefen meistens nur hinterher und agierten plan- und einfallslos im Aufbauspiel, operierten viel zu behäbig und langsam, oft mit langen Bällen.

Stümperhaft, nicht anders können die Angriffsbemühungen des HSV bezeichnet werden. Fehler über Fehler seines Teams musste der entsetzte Trainer Bruno Labbadia mitansehen, wie den schlimmen Ballverlust des völlig indisponierten Ivica Olic, der beinahe zum 0:1 durch Felix Klaus geführt hätte. Aber Torwart René Adler reagierte glänzend (19.) und ballte die Faust. Nur einer von wenigen Momenten, in denen anfangs das nötige Feuer beim HSV zu spüren war. Ansonsten regierten Verunsicherung und Nervosität statt Selbstbewusstsein und Mut.

Dass die unermüdlichen HSV-Anhänger völlig überraschend doch fast über die Führung ihrer Mannschaft hätten jubeln können, lag – fast logisch – am Zufall. Als Matthias Ostrzolek nach innen flankte und Zoltan Stieber von der Strafraumgrenze abzog, fälschte Stefan Mitrovic den Ball ab, dass SC-Keeper Roman Bürki gerade noch per Fuß retten konnte (24.).

Fast im Gegenzug dann der HSV-Schock mit dem absolut verdienten 0:1. Nach einem Abschlag von Bürki verlor Slobodan Rajkovic (am Freitag nicht gut drauf) das Kopfballduell gegen den früheren Hamburger Karim Guédé (HSV II), Johan Djourou (noch schlechter drauf) ließ Admir Mehmedi entwischen, der Adler mit einem kaum platzierten, aber kraftvoll geschossenen Schuss überwand.

Naturgemäß zogen sich die Freiburger nach der Führung etwas zurück, aber bis zur Pause gab es nur einen Distanzschuss von Pierre-Michel Lasogga zu notieren (45.). Wer so spielt wie der HSV in der ersten Hälfte, hat fast zwangsläufig auch Pech bei Schiedsrichter-Entscheidungen. So vier Minuten vor der Lasogga-Chance, als Stieber von Klaus im Strafraum am Bein getroffen wurde, Knut Kircher aber weiterlaufen ließ. Hier wäre ein Strafstoß verdient gewesen.

Nach dem Wiederanpfiff mühte sich der HSV weiter, bekam aber die Partie nicht in den Griff, im Gegenteil. Adler musste gegen Mujdza (49.), Darida (53.) und Klaus (56.,) mehrfach sein Können zeigen. Nach der Einwechslung von Marcell Jansen, der für Lewis Holtby kam (58.), erhöhte der HSV das Risiko, was aber nicht zu einer Zunahme von Torchancen führte, sondern nur den Freiburgern Räume für gefährliche Konter verschaffte.

Immerhin, der HSV erhöhte jetzt endlich den Druck, wollte den Ausgleich erzwingen. Es spricht für den Charakter dieses Teams, dass es nicht aufsteckte und es immer weiter versuchte. Nach einer Jansen-Flanke zielte der ebenfalls eingewechselte Artjoms Rudnevs aus kurzer Distanz vorbei (81.). Nein, so wirklich deutete nichts auf den Ausgleich hin. Bis Kacar erneut seinen Auftritt hatte und wie in Mainz ein so wichtiges Tor erzielte. Kaum zu glauben, dass sich der Serbe zu so etwas wie einer Lebensversicherung des HSV entwickelt.

Was dieser Punkt wert ist, wird man erst nach den Spielen der anderen Konkurrenten wissen. Aber: Wer will bei diesem in dieser Saison so unberechenbaren HSV noch ernsthaft eine Prognose abgeben über die Chancen des Clubs auf den Klassenerhalt? Nur eines ist sicher: Die Unterstützung der Fans war, wie schon gegen Augsburg, erstklassig, einfach sensationell.