Rotenburg (Wümme). Der HSV und Trainer Labbadia haben ihr Kurz-Trainingslager ausgerechnet bei einem Bremer Partnerverein bezogen. Behrami ist angezählt.

Die böse Überraschung entdeckte Bruno Labbadia am Donnerstagmittag erst nach der zweistündigen Trainingseinheit im Sportpark an der Ahe. Direkt am Eingang zu den Kabinen des kleinen Stadions vom Rotenburger SV hing ein Aushang mit einem großen, grün-weißen Stempel: „Der Rotenburger SV ist 100-prozentiger Partner des SV Werder Bremen“, stand da geschrieben. „O je“, sagte Labbadia schmunzelnd. „Uns war ja schon vorher bewusst, dass wir mitten im Werder-Land sind. Vor allem war uns aber wichtig, dass wir fern von Hamburg ein bisschen Ruhe haben.“

Ganz so in Ruhe, wie es sich Neu-und-Alt-Trainer Labbadia vor der Abfahrt zum dreitägigen Kurz-Trainingslager im niedersächsischen Rotenburg an der Wümme gewünscht hatte, konnte der HSV mitten im Werder-Land dann aber doch nicht trainieren. Ein paar Fans und die zehnte Klasse des Gymnasiums Rotenburg hatten Wind vom Fußballbesuch bekommen und wollten sich auch davon nicht abschrecken lassen, dass das Training nach 20 Minuten unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden sollte. „Unsere Französisch-Lehrerin ist auch unsere Sportlehrerin, und die ist fußballbegeistert“, erklärte ein Schüler, der kurzerhand den Weg durch das Unterholz auf sich nahm, um statt Französisch in der Schule zu pauken lieber den HSV-Profis vom Wald aus zuschaute.

Der Ausflug in die Botanik sollte sich für die fußballinteressierten Schüler aber gelohnt haben. So konnten sie erstaunt beobachten, wie mal wieder eine einzige Personalentscheidung für eine ganz andere Stimmung beim Tabellenschlusslicht der Bundesliga sorgte. Auf dem Trainingsplatz wurde gelacht, es wurde gescherzt und – viel wichtiger – auch das Tor wurde ab und an getroffen. „Wir mussten in die Köpfe der Spieler schauen“, erklärte der am Vortag präsentierte Labbadia. „Ich habe die Reset-Taste gedrückt und das auch so gesagt. Also alles auf null.“

Kommentar zu Labbadia: "Endlich ist ein Trainer da"

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    „Die Mannschaft braucht einen klaren Plan“

    Trotz des Neustarts sollte man allerdings keine fundamentalen Veränderungen erwarten. Im nicht ganz so geheimen Geheimtraining ließ Labbadia mit René Adler, der erwarteten Viererkette (Heiko Westermann, Cléber, Slobodan Rajkovic, Matthias Ostrzolek), den beiden Sechsern Valon Behrami und Lewis Holtby, einer leicht modifizierten offensiven Dreierreihe (Zoltan Stieber, Rafael van der Vaart und Ivica Olic) sowie Stürmer Pierre-Michel Lasogga üben. „Die Mannschaft braucht einen klaren Plan“, sagte Labbadia, der diesen „klaren Plan“ allerdings mitten im „Feindesland“ nicht näher umschreiben wollte.

    „Ich bin der vierte HSV-Trainer in dieser Saison – und jeder erzählt was anderes“, sagte Labbadia, der trotzdem den Tag in der Provinz zu einer Vielzahl von Gesprächen nutzen wollte. Das zunächst geplante Nachmittagstraining verlegte der 49 Jahre alte Fußballlehrer kurzerhand ins Hotel Landhaus Wachtelhof, wo der HSV bis zu diesem Freitag residiert. Dort sollten die Spieler am Nachmittag im Spa-Bereich ein wenig entspannen, zudem wolle Labbadia möglichst mit jedem Profi ein Einzelgespräch führen. „Wer nicht mitzieht, der hat bei mir keine Chance. Störenfriede können wir nicht gebrauchen.“

    Erstes HSV-Training unter Labbadia

    Bruno Labbadia ist neuer Trainer beim HSV
    Bruno Labbadia ist neuer Trainer beim HSV © Witters | TayDucLam
    Am Mittwochvormittag leitete er seine erste Einheit
    Am Mittwochvormittag leitete er seine erste Einheit © WITTERS | TayDucLam
    Als wäre er nie weg gewesen: Bruno Labbadia
    Als wäre er nie weg gewesen: Bruno Labbadia © Witters | TayDucLam
    Der 49-Jährige führte gleich mal ein intensives Gespräch mit Dolmetscher Edson Büttner
    Der 49-Jährige führte gleich mal ein intensives Gespräch mit Dolmetscher Edson Büttner © WITTERS | TayDucLam
    Labbadia gab deutliche Ansagen auf dem Platz
    Labbadia gab deutliche Ansagen auf dem Platz © WITTERS | TayDucLam
    Immer wieder korrigierte Labbadia die HSV-Profis, sorgte aber zugleich für gute Laune auf dem Platz
    Immer wieder korrigierte Labbadia die HSV-Profis, sorgte aber zugleich für gute Laune auf dem Platz © WITTERS | TayDucLam
    Labbadia beobachtet das Training in nachdenklicher Pose. Kann er den HSV noch vor dem Abstieg bewahren?
    Labbadia beobachtet das Training in nachdenklicher Pose. Kann er den HSV noch vor dem Abstieg bewahren? © Witters | TayDucLam
    Labbadia feuert den sprintenden Nicolai Müller an
    Labbadia feuert den sprintenden Nicolai Müller an © Witters | TayDucLam
    René Adler bekommt eine klare Einweisung von Labbadia
    René Adler bekommt eine klare Einweisung von Labbadia © Witters | TayDucLam
    Als Co-Trainer begleitet Eddy Sözer den 49-Jährigen. Der erst vor 19 Tagen verpflichteter Co-Trainer Peter Hermann beendet sein Kurz-Engagement in Hamburg
    Als Co-Trainer begleitet Eddy Sözer den 49-Jährigen. Der erst vor 19 Tagen verpflichteter Co-Trainer Peter Hermann beendet sein Kurz-Engagement in Hamburg © WITTERS | TayDucLam
    Bruno Labbadia und Heiko Westermann beim Training
    Bruno Labbadia und Heiko Westermann beim Training © WITTERS | TayDucLam
    Labbadia beobachtet Pierre-Michel Lasogga akribisch
    Labbadia beobachtet Pierre-Michel Lasogga akribisch © WITTERS | TayDucLam
    Klare Ansprache von Labbadia an Ivo Ilicevic und Pierre-Michel Lasogga
    Klare Ansprache von Labbadia an Ivo Ilicevic und Pierre-Michel Lasogga © WITTERS | TayDucLam
    Für Rafael van der Vaart hat Labbadia offenbar schon eine neue Verwendung gefunden
    Für Rafael van der Vaart hat Labbadia offenbar schon eine neue Verwendung gefunden © WITTERS | TayDucLam
    Labbadia hat viel Arbeit vor sich, der HSV steht auf dem letzten Tabellenplatz
    Labbadia hat viel Arbeit vor sich, der HSV steht auf dem letzten Tabellenplatz © WITTERS | TayDucLam
    Labbadia coacht Lasogga und Johan Djourou
    Labbadia coacht Lasogga und Johan Djourou © WITTERS | TayDucLam
    Labbadia redete seine Spielern viel Mut zu
    Labbadia redete seine Spielern viel Mut zu © Bongarts/Getty Images | Martin Rose
    In seinem ersten Training versuchte Labbadia positive Stimmung zu verbreiten
    In seinem ersten Training versuchte Labbadia positive Stimmung zu verbreiten © WITTERS | TayDucLam
    Labbadia nimmt sich Artjoms Rudnevs zu Brust
    Labbadia nimmt sich Artjoms Rudnevs zu Brust © Bongarts/Getty Images | Martin Rose
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    Behrami steht auf dem Prüfstand

    Und obwohl Labbadia an Tag zwei seines erneuten HSV-Engagements keine Namen nannte, dürfte klar gewesen sein, wem seine mahnenden Worte in erster Linie galten: dem in der Mannschaft umstrittenen Valon Behrami. „Ob er ein Führungsspieler ist, wird man auf dem Platz sehen“, hatte Labbadia noch am Vortag bei seiner Präsentation verhalten optimistisch gesagt. „Wenn er funktioniert, kann er uns helfen.“ Und wenn er nicht funktioniert? Gegenüber Sky Italia sagte der Schweizer Behrami: „Hamburg bleibt für mich eine negative Erfahrung.“

    Ähnlich dürfte auch Rafael van der Vaart denken – mit dem kleinen, aber feinen Unterschied, dass der Niederländer das so nicht sagt. Und obwohl Labbadia eine von Klaus-Michael Kühne angebotene Verpflichtung van der Vaarts vor sechs Jahren ablehnte, weil der Mittelfeldregisseur damals nicht in sein System gepasst habe, soll an dessen Stellung im Hier und Jetzt nichts geändert werden. Natürlich würde van der Vaart auch weiterhin sein Kapitän bleiben, bekräftigte Labbadia, um dann aber schnell aus der sehr klaren eine unklare Aussage zu machen: „Er ist mein Kapitän, aber auf dem Platz brauche ich elf Kapitäne.“

    Das halten die Fans vom neuen HSV-Trainer Labbadia

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      Labbadia brennt auf sein Comeback

      Was genau Labbadia auf dem Platz erwartet, konnte man vor allem gegen Ende der immerhin zweistündigen Trainingseinheit im Sportpark an der Ahe sehen, oder besser: hören. „Ihr steht da scheiße“, rief Labbadia wenig politisch-korrekt und korrigierte immer wieder die Laufwege seiner Spieler. „Absetzen!“, „wach sein!“, „Tore schießen!“

      Keine Frage, zumindest Labbadia brennt. Vielleicht hat der Fußballtrainer aber auch nur gut zugehört. Bei TV-Moderatorin Nina Ruge. Die war nämlich zufälligerweise am Mittwochabend im HSV-Quartier Landhaus Wachtelhof zu Gast. Dort las Ruge aus ihrem neuen Buch „Der unbesiegbare Sommer in uns“. Es soll dabei um Glücksmomente gehen, um positives Denken in schwierigen Situationen und um den tiefen Glauben daran, dass sich immer alles regeln lässt. Im Hinblick auf das Nordderby sicherlich keine schlechten Gedanken. Oder wie würde es Nina Ruge wohl sagen:

      Alles wird gut.