Hamburg. Ivica Olic wartet weiter auf seinen ersten Treffer für den HSV. Gegen seinen Ex-Club Wolfsburg schöpft der 35-Jährige dennoch Hoffnung.

Null Tore, null Torschüsse, null Torschussvorlagen – das ist die Bilanz von Ivica Olic aus der 0:4-Niederlage gegen Leverkusen. Ein Ausrutscher? Leider nicht. In den neun Spielen nach seiner Rückkehr zum HSV schoss der Stürmer nur elf Mal auf das Tor, bereitete zwei Schüsse seiner Mannschaftskameraden vor – und konnte noch kein einziges Mal über einen eigenen Treffer jubeln. „Das ist frustrierend. Ich sitze auf dem Sofa und denke mir, das gibt es doch alles gar nicht, jetzt hast du drei Spiele in Folge keine Torchance gehabt. Und dann ist es im vierten Spiel genauso“, sagt Olic über seine derzeitige Misere.

Dabei wäre es falsch, diese erschreckenden Daten alleine an der fehlenden Form des 101-fachen Nationalspielers festzumachen. Stürmer sind auf vernünftige Vorlagen angewiesen, und damit tun sich seine Kollegen derzeit schwer. „Ich kam mir auf dem Platz vor wie Peter Crouch“, hatte Olic nach dem 0:0 gegen Dortmund gesagt, in Anspielung auf die hohen Bälle, mit denen der 2,02-Meter große englische Mittelstürmer oft in Szene gesetzt wird. Doch obwohl kein schlechter Kopfballspieler, ist Olic mit seinen 1,82 Metern ein Profi, der über Dynamik und Laufstärke kommt und Pässe in den Raum benötigt. Zudem stand er als einzige Spitze oft allein auf weiter Flur. „Am liebsten spiele ich neben einem Strafraumstürmer“, setzt sich Olic für Unterstützung durch Pierre-Michel-Lasogga im Angriffszentrum ein.

Doch worauf soll die Hoffnung fußen, dass das Spiel des HSV ausgerechnet gegen seinen Ex-Club und Bayern-Jäger Nummer eins, den VfL Wolfsburg, wieder eines Bundesligisten würdige Züge annimmt? „Wir haben zu Hause gegen starke Teams immer besser ausgesehen als gegen Abstiegskandidaten. Zudem ist unser Spiel in die Spitze unter unserem neuen Trainerduo Peter Knäbel und Peter Hermann im Training schon deutlich besser geworden. Wir müssen das jetzt bloß auch im Spiel umsetzen“, sagt Olic, der vor dem Duell am Sonnabend (18.30 Uhr/Sky und Liveticker auf abendblatt.de) zugab, dass er vor seinem Wechsel nicht gedacht hätte, dass die Mannschaft „so am Boden ist“.

Doch auch Olic selbst muss mehr anbieten. Der Zahn der Zeit nagt offenbar an dem 35-Jährigen, dessen Bewegungen auf dem Spielfeld lange nicht mehr so explosiv wirken wie bei seinem ersten Gastspiel beim HSV zwischen 2007 und 2009. Wer sich den Olic von damals noch einmal in Erinnerung rufen möchte, sollte sich im Internet sein 3:0 aus der Euro-League-Partie im Dezember 2008 gegen Aston Villa zu Gemüte führen: Joris Mathijsen eröffnete das Spiel mit einem langen Pass, Olic startete in der eigenen Hälfte, überlief seinen Gegenspieler, war auch von einem herbeieilenden Verteidiger nicht zu stoppen, bevor er den Ball mit einem satten Linksschuss verwandelte. Olic strotzte damals nur so vor Kraft und Energie. Solch eine Szene bekamen die Fans in diesem Jahr noch nicht zu sehen – was allerdings nicht an Olics Fitness liegen soll.

Oliver Mutschler, Athletiktrainer der Wolfsburger, arbeitete die letzten drei Jahre sehr intensiv mit Olic und attestiert ihm sogar eine Verbesserung seiner Beweglichkeit. „Als Ivica zu uns kam, war er sehr unbeweglich im unteren Rückenbereich und im Hüftgelenk – in alle Richtungen. Wir haben dann sehr viel gymnastisch mit ihm gearbeitet, das hat ihm und seinem Spiel gut getan. Von den Sprint- und Laktatwerten war Olic auch im Alter von 35 noch einer der Topspieler des VfL“, erklärt Mutschler.

Es bleibt spannend, ob Olic von der von Knäbel angekündigten personellen und vermutlich auch taktischen Umstellung gegen die Wölfe profitieren kann. Ex-Profi Stefan Schnoor, der bei beiden Vereinen lange aktiv war, ist sich zumindest sicher, dass der HSV ganz andere Baustellen hat. „Einer alleine kann das vorne nicht richten. Da kannst du hinstellen, wen du willst“, erklärt der heutige TV-Experte. Das Problem sei weder die Abwehr noch der Angriff, sondern das Mittelfeld. „Olic bekommt überhaupt keine verwertbaren Bälle. Und letzten Endes bist du dann auch als Stürmer gedanklich nicht mehr so frei und intuitiv vor dem Tor“, sagt Schnoor.

Abstiegskampf hat der 43-Jährige beim HSV in seiner Zeit zwischen 1991 und 1998 auch erlebt. In solchen Phasen müsse eine Mannschaft umdenken, sich von grundlegenden Prinzipien verabschieden. „Wenn du so verunsichert bist und trotzdem versuchst, alles spielerisch zu lösen, kommt so etwas dabei heraus wie gegen Leverkusen. Da muss ein Team dann auch mal umschalten können, das Spiel so einfach wie möglich halten und vielleicht mehr mit langen Bällen operieren. Doch dafür ist ein Olic als einzige Spitze natürlich ungeeignet.“ So kann Schnoor sich durchaus vorstellen, Olic auf der linken Seite aufzustellen, der dann die Spitzen Maximilian Beister und Lasogga mit Vorlagen füttern kann. Eine Variante, die dem Kroaten auch selbst denkbar erscheint: „In der Nationalmannschaft spiele ich fast immer auf der Seite, das wäre kein Problem für mich.“ Auch wenn die „Null“ bei ihm dann noch länger Bestand hätte – dem Klassenverbleib des HSV würde Olic alles andere unterordnen.