Hamburg . Die Doppelfunktion als Sportchef und Trainer ist ein großes Risiko für Knäbel. Frühere HSV-Verantwortliche üben Kritik an der Entscheidung.

Die Rettungsmission mit Peter Knäbel als Trainer und Sportchef in Personalunion trifft auf große Skepsis bei früheren Entscheidungsträgern des HSV. „Heute wird von einer Woche zur anderen ein Sportdirektor plötzlich Trainer, da darf man doch schon etwas verwundert schauen“, sagte der ehemalige HSV-Spieler, -Manager und -Trainer Felix Magath am Dienstag.

Holger Hieronymus und Frank Arnesen, die einst kurzzeitig beim HSV beide Jobs innehatten, sehen die Trainer-Sportchef-Lösung Knäbel ebenfalls kritisch. „Es ist ein schwieriges Unterfangen“, mahnte Hieronymus. „Ich hoffe, dass Peter weiß, welches extrem große Risiko er eingeht“, warnte Arnesen im Abendblatt.

Unnötig hohes Risiko für Knäbel

Auch Ottmar Hitzfeld, der mit dem Technischen Direktor Knäbel beim Schweizer Fußball-Verband (2009-2014) zusammengearbeitet hat, sprach von einem „unnötig hohen Risiko“. Denn scheitert der Nachfolger des freigestellten Josef Zinnbauer und müsste der HSV unter Knäbel erstmals in der Club-Historie aus der Bundesliga absteigen, wäre dessen Ruf ramponiert. Auch wenn Vorstandschef Dietmar Beiersdorfer dem Kurzzeit-Doppelarbeiter erst am Montag eine Jobgarantie als HSV-Direktor Profifußball für 2015/2016 gab.

„Es ist eine besondere Situation, ein schwieriges Unterfangen. Wir reden über zwei Funktionen, die parallel ausgeübt werden. Um beide richtig auszuführen, müsste der Tag ein paar Stunden mehr haben“, befand Hieronymus. Der einstige Abwehrchef übernahm im Oktober 2001 für zwei Spiele (1 Remis, 1 Niederlage) eher erfolglos das HSV-Ruder, ehe in Kurt Jara ein Fußball-Lehrer verpflichtet wurde.

Da beim HSV am Saisonende diverse Verträge auslaufen und die Profis dieser Tage über die Fortsetzung oder das Ende der Zusammenarbeit unterrichtet werden sollen, kann sich Knäbel nicht intensiv um beides kümmern. Daher wird Beiersdorfer ihn bei Personalentscheidungen unterstützen.

Rollen von Sportchef und Trainer grundverschieden

„Wir haben die glückliche Konstellation, dass unser Vorstandschef den Job schon mal gemacht hat“, erklärte Knäbel und versuchte, die Mahner zu beruhigen. Der 48-Jährige gehe „ein riesiges Risiko“. Die Rollen von Sportchef und Trainer seien grundverschieden, konterte Arnesen. Er sprang im Oktober 2011 für ein Spiel ein - der HSV siegte 1:0 in Freiburg. „Mir haben damals viele Leute abgeraten“, berichtete der Däne. Grundsätzlich habe man als Sportchef „eine andere Funktion“ als ein Coach, pflichtete ihm Magath bei.

Thomas von Heesen hält den HSV-Beschluss mit Knäbel für plausibel. „Wie jemand bewertet wird, ist völlig uninteressant. Wichtig ist, dass er den Draht zum Team findet. Ich glaube, da ist er nah dran“, sagte der ehemalige HSV-Spieler und -Aufsichtsrat bei Sport1. Der HSV habe schnell handeln müssen. „Wenn jetzt ein Neuer käme, der sagt dann erst: ‘Ich muss erst mal die Mannschaft kennenlernen und habe eine ganz andere Philosophie’. Der Faktor Zeit ist schon wichtig.“

Von Heesen bedauerte Zinnbauers Freistellung und nahm die Spieler in die Plicht. „Die haben eine Qualität, die sie sich selber immer zuschreiben. Die sollen sie jetzt auch als Team beweisen.“

Zinnbauer drückt die Daumen

Keinen Groll hegt hingegen Zinnbauer gegen die Clubführung. „Wenn meine Entlassung der Sache dient und der HSV nun mit Peter die Klasse hält, macht mich das froh“, sagte der 44-Jährige der Hamburger Morgenpost.

Eine Rückkehr auf den Posten des U-23-Trainers im Verein ist nicht sicher. „Vielleicht komme ich ja zurück, wenn beide Parteien es wollen. Vorstellen kann ich es mir.“ Offenbar hatte Zinnbauer eh nur einen Profi-Vertrag bis Sommer, wie die „Bild“-Zeitung berichtete. Demnach wollte der Verein sich die Option offen lassen, Wunschtrainer Thomas Tuchel zur neuen Saison zu verpflichten. (dpa/HA)