Krisensitzung noch am Münchner Flughafen: HSV-Entscheider wollen auf Fan-Geste verzichten, Ivo Ilicevic hofft auf Begnadigung.

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München/Hamburg. Peter Knäbel und Joe Zinnbauer wollten am späten Sonnabend keine Zeit verlieren. Knapp drei Stunden nach dem Schlusspfiff setzten sich der Sportchef und der Coach gemeinsam mit dem restlichen Trainerteam des HSV noch am Münchner Flughafen zusammen. Krisensitzung im Bistro 4URBS am Gate 23 im Terminal 2. „Ich finde nichts schlimmer, als wenn man gemeinsam verliert, und dann verschwindet jeder in den Duty-free-Shops und macht irgendwelche Kompensationskäufe“, sagte Knäbel, der von seinem Trainerteam einen Schlachtplan für die kommende Woche einforderte: „Wir haben die ganze Woche antizipiert. Mir war wichtig, dass wir nach so einem Auftritt mit dem gesamten Staff zusammensitzen und überlegen, was wir jetzt machen.“

Doch was kann man nach der höchsten Pleite der HSV-Clubgeschichte überhaupt noch machen?

Sehr viel schlauer war Knäbel jedenfalls auch am Morgen nach dem Debakel nicht. „Wir müssen irgendwie versuchen, dass Geschehene wieder auf eine sachliche Ebene zu führen“, sagte der Sportdirektor, der sich noch in der Nacht die 90 Minuten der Schande ein zweites Mal auf DVD angeschaut hatte. „Wir müssen uns alle schämen. Aber die Charakterfrage haben wir ja schon häufiger gestellt. Es war ein Systemausfall“, bilanzierte der Manager, der ein Grillfest als Entschuldigung an die Fans wie nach der 2:9-Blamage vor zwei Jahren ausschloss. Nur ein ordentliches Auftreten am Sonntag und einen Sieg gegen Gladbach könne er als Wiedergutmachung akzeptieren, sagte Knäbel.

Dabei muss Trainer Zinnbauer die Herkulesaufgabe bewältigen, innerhalb von nur einer Woche aus den Versagern von München wieder echte Fußballprofis zu formen. „Es ist ein sehr, sehr bitterer Tag in meinem Leben, den ich nie vergessen werde“, hatte der glücklose Trainer am Vortag zu Protokoll gegeben. „Am Ende habe ich gehofft, dass wir nicht zweistellig verlieren.“ Und während diese Hoffnung gerade noch aufging, dürfte sich die Hoffnung auf mögliche Alternativen für die Partie gegen Gladbach kaum bestätigen. Die angeschlagenen Dennis Diekmeier, Cléber und Pierre-Michel Lasogga sollen noch ein weiteres Spiel geschont werden, die Langzeitverletzten Valon Behrami und Lewis Holtby fehlen ohnehin, Marcell Jansen fällt mit Muskelfaserriss (siehe Seite 21) aus und Ivica Olics Einsatz scheint zumindest fraglich.

Kehrt Ilicevic ins Profiteam zurück?


So könnten sogar die bei der U23 eingesetzten Maxi Beister und Ivo Ilicevic überraschend eine Chance erhalten. „Das Trainerteam wird sich da besprechen und eine Entscheidung treffen“, sagte Knäbel. Erst auf mehrfache Nachfrage bekräftigte der Sportchef, dass er gegen eine Rückholaktion Ilicevics sei, Zinnbauer sich die Option allerdings offenlassen wolle: „Ich will keinen Zickzackkurs, da wird man unglaubwürdig. Aber am Ende ist es die Entscheidung des Trainers.“

Eine Entscheidung des Trainers war auch die Aufstellung gegen München, die bereits vor dem Anpfiff des Debakels für Ungläubigkeit gesorgt hatte. Dass Talent Ronny Marcos gegen Weltstar Arjen Robben verteidigen sollte, entpuppte sich im Nachhinein genauso als Fehler wie die Herausnahme des zuletzt so starken Slobodan Rajkovic. „Der Trainer wollte mit Heiko Westermann mehr Geschwindigkeit ins Spiel bringen“, sagte Knäbel, der sich einen Kommentar zu der Entscheidung gerade noch verkneifen konnte: „Da muss man den Trainer fragen.“

Zinnbauer ist gefragt – in dieser Woche mehr denn je. Am Sonntagmorgen sprach der Coach in der Kabine 30 Minuten zur Mannschaft, ehe er sie zum Auslaufen in den Volkspark schickte. Bereits unmittelbar nach dem Schlusspfiff am Vorabend hatte Zinnbauer seine Mannschaft auf dem Rasen versammelt und die Spieler ordentlich zusammengestaucht. Dabei hatte der Trainer immer wieder auf die Tribüne der 6000 mitgereisten HSV-Fans gezeigt und gerufen: „Ihr müsst euch stellen. Ihr müsst in ihre Augen schauen.“

Während die Spieler aber nach dem Debakel jeden Kommentar verwehrten, übernahm Sportchef Knäbel bereitwillig die Rolle des Prügelknaben. Sogar einen vereinbarten TV-Termin bei Sky am Abend sagte er nicht ab. Am Nachmittag ging es für Knäbel also zurück zum Flughafen. Das Ziel: München.