Der Wintertransfermarkt ist eröffnet. Die Verantwortlichen des HSV wollen am Freitag ihr Winter-Budget prüfen, obwohl die Hamburger zuletzt im Januar mit Neuzugängen kein Glück hatten.
Hamburg. Dass die Deutschen gerne einkaufen gehen, ist im Prinzip nichts Neues. Besonders im Dezember sorgt das Weihnachtsgeschäft regelmäßig für Rekordabsätze. Und auch im neuen Jahr ist wieder mit steigender Kauflust der Deutschen zu rechnen. So sei der Konsumklimaindex von 8,7 Punkten für Dezember auf 9,0 Zähler für Januar gestiegen, teilte das Marktforschungsinstitut GfK gerade erst mit. Und dabei ist die kollektive Schnäppchenjagd der Fußballmanager, die traditionell zwischen dem 1. und 31. Januar kräftig auf Einkaufstour gehen, noch gar nicht berücksichtigt. Die Frage ist nur: Warum eigentlich nicht?
40 Millionen Euro gaben die 18 Bundesligaclubs im vergangenen Winter für 33 neue Spieler aus. 2013 und 2012 wurde jeweils für 50 Millionen Euro geshoppt. Und auch in diesem Jahr soll wieder millionenschwer nachgebessert werden. So hat sich die kriselnde Borussia aus Dortmund gerade erst Kevin Kampl, einen slowenischen Nationalspieler von Red Bull Salzburg, neun Millionen Euro kosten lassen. Und auch der HSV, in den vergangenen Jahren ziemlich zurückhaltend im Winterschlussverkauf, will nachlegen. „Ein neuer Spieler, der mehr individuelle Torgefahr verspricht, täte uns sehr gut“, hatte Peter Knäbel, Hamburgs neuer Direktor Profifußball, unlängst im Abendblatt angekündigt.
Beiersdorfer ist ein echter Winter-Shopper
Knäbels Glück ist, dass er mit dem Vorstandsvorsitzenden Dietmar Beiersdorfer den wahrscheinlich eifrigsten Winter-Shopper an seiner Seite hat. In seiner letzten Transferperiode als HSV-Sportchef lotste Beiersdorfer im Januar 2009 rekordverdächtige sechs Profis nach Hamburg. Wirklich eingeschlagen hat von dem Sextett allerdings keiner. Auch im Jahr davor hatte Beiersdorfer wenig Glück: Weder Anton Putilo noch Vadis Odjidja-Ofoe, der als klassischer Spätentwickler in diesem Sommer für fünf Millionen Euro von Brügge nach Norwish wechselte, waren die erhofften Verstärkungen. Umso mehr waren das Ivica Olic, Frank Rost (beide 2007), Nigel de Jong (2006) und Piotr Trochowski (2005), die Beiersdorfer in den Winter-Transferperioden zuvor verpflichtet hatte.
An diesem Freitag wollen sich die HSV-Verantwortlichen nun zusammensetzen, um den Spielraum für Neuzugänge in der aktuellen Transferperiode zu umreißen. „Wir haben einige Optionen geschaffen. Wenn wir noch Profis abgeben, hätten wir mehr Spielraum für Verpflichtungen“, sagt Knäbel, dem beinahe täglich potenzielle Verstärkungen von Beratern angeboten werden. Der Franzose Hatem Ben-Arfa war einer, der talentierte Belgier Paul-José Mpoku ein anderer. Und während Ben-Arfa schnell abgesagt wurde, bleibt Standard Lüttichs Mpoku weiterhin auf der Liste von möglichen Verstärkungen. Denn klar ist, dass der HSV nicht nur nach klassischen Sturmspitzen als Alternative zu Pierre-Michel Lasogga fahndet, sondern eben auch nach schnellen Flügelstürmern für ein 4-2-3-1-System, das Trainer Joe Zinnbauer für die Rückrunde präferieren soll.
Wie beim Winterschlussverkauf im Einzelhandel dürfte letztendlich der Preis über Angebot und Nachfrage entscheiden. Finanziellen Spielraum hat der HSV eigentlich nur dann, wenn mindestens auch ein Hamburger verkauft werden kann. Kandidat Nummer eins bleibt Marcell Jansen, der sein angebliches Dementi wiederum im Abendblatt-Blog Matz ab dementierte. Benfica Lissabon hat sein Interesse hinterlegt. Tolgay Arslan, für den sich nach Angaben italienischer Zeitungen neben allen Istanbul-Clubs nun plötzlich auch Inter Mailand interessieren soll, darf ebenfalls bei entsprechenden Angeboten gehen. Das medial verbreitete Gerücht: Arslan sei eine Option für Trainer Roberto Mancini, wenn die Italiener den gewünschten Transfer von Lassana Diarra (zuletzt Lokomotive Moskau) nicht abschließen. Aber auch von Slobodan Rajkovic, Gojko Kacar und Ivo Ilicevic, deren Verträge im Sommer auslaufen, würde sich der HSV aus Kostengründen gerne sofort trennen.
Leihgeschäfte wenig vielversprechend
Sollte der HSV seinen auf 50 Millionen Euro aufgeblähten Gehaltsetat bis zum 31. Januar nicht entlasten können, bliebe wohl nur noch die Option eines Leihspielers. Ohnehin gelten Leihmodelle zu den bevorzugten Geschäften im Winter. Im vergangenen Jahr kamen zwei Drittel aller Neuerwerbungen auf Leihbasis zustande. Auch beim HSV: Ola John wurde von Benfica Lissabon ausgeliehen, Ouasim Bouy kam für ein halbes Jahr von Juventus Turin. Das Ende der Geschichte ist hinlänglich bekannt: Beide Spieler, die den gleichen Berater wie Ex-Trainer Bert van Marwijk hatten und auf dessen Empfehlung kamen, enttäuschten auf ganzer Linie. Nach van Marwijks Entlassung wurde Bouy, der seit Sommer mit mäßigem Erfolg an Panathinaikos Athen ausgeliehen ist, kein einziges Mal mehr eingesetzt. Der nach Lissabon zurückgekehrte John wurde von van Marwijks Nachfolger Mirko Slomka noch viermal eingewechselt – und versagte viermal.
Einen ähnlichen Transferflop wollen Beiersdorfer und Knäbel in diesem Winter auf jeden Fall verhindern. Geld ist zwar keines da, aber immerhin Zeit haben die HSV-Macher so viel wie fast noch nie. Der Grund: Da der 31. Januar auf einen Wochenendtag fällt, in diesem Jahr ein Sonnabend, wird der Stichtag auf den folgenden Werktag gelegt. Ausnahmsweise hat der HSV also bis zum 2. Februar um 12 Uhr Zeit, um im Winterschlussverkauf zuzuschlagen.
Ein deutsches Phänomen ist die Schnäppchenjagd im Januar aber nicht. Im klammen Italien wurden vor einem Jahr mehr als 48 Millionen Euro umgesetzt. Und die 20 Clubs der englischen Premier League gaben im Winter 2014 sogar satte 152,8 Millionen Euro für Neuzugänge aus. Eine Erfolgsgarantie kann man sich mit dem winterlichen Geldregen allerdings nicht kaufen. So verprasste alleine der FC Fulham im vergangenen Januar mehr als 15 Millionen Euro. Doch trotz dieser Ausgaben stieg der Ex-Club von Felix Magath ab. Magath, der unangefochtene „Shoppingking“, hatte Fulham allerdings erst am 14. Februar übernommen – zwei Wochen nach dem Ende der Schnäppchenjagd 2014.