Der Hamburger SV steht nach dem 0:2 beim VfL Wolfsburg wieder auf einem Abstiegsplatz. Vor der Reifeprüfung gegen Werder Bremen bereitet vor allem das desaströse Offensivspiel Kopfzerbrechen.
Wolfsburg/Hamburg. Vorne harmlos, hinten hilflos – der Effekt des Trainerwechsels beim Hamburger SV scheint nach nur acht Spielen verpufft. Das ernüchternde 0:2 beim VfL Wolfsburg und das erneute Abrutschen auf einen Abstiegsplatz der Fußball-Bundesliga wirft viele Fragen auf. Vor allem das desaströse Offensivspiel der Mannschaft von Trainer Joe Zinnbauer bereitet den HSV-Verantwortlichen Kopfzerbrechen.
Kümmerliche vier Törchen hat der Bundesliga-Dino nach elf Spielen auf dem Konto – so schlecht war zu diesem Zeitpunkt zuletzt Eintracht Frankfurt in der Saison 1970/71. Angesichts einer Trefferquote von 0,36 Toren pro Spiel wackelt sogar der Minusrekord von Tasmania Berlin aus der Spielzeit 1965/66. Dem am Ende sang- und klanglos abgestiegenen Hauptstadt-Klub gelangen damals in 34 Partien immerhin 15 Treffer (0,44 Tore im Schnitt).
„Ich habe ja leider schon häufiger gesagt, dass wir im Spiel nach vorne auf den letzten 30 Metern zu ungefährlich sind“, sagte Peter Knäbel sichtlich genervt und bezeichnete die HSV-Vorstellung als „blutleer“ und „enttäuschend“. Während Zinnbauer nach dem harmlosen Auftritt seines Teams vornehmlich den Gegner lobte, legte Hamburgs neuer Direktor Profi-Fußball den Finger mitten in die Wunde: „Es muss doch mal möglich sein, auch mal zwei Tore in einem Spiel zu schießen. Wir müssen einfach mutiger nach vorne spielen.“
Von hanseatischem Angriffsmut war in Wolfsburg allerdings wenig bis garnichts zu spüren. Nach den Gegentoren durch Ivica Olic (27.) und Aaron Hunt (63.), die jeweils durch individuelle Hamburger Fehler eingeleitet worden waren, ergaben sich Kapitän Rafael van der Vaart und Co. beinahe wehrlos ihrem Schicksal und erspielten sich in 90 Minuten keine einzige ernsthafte Torchance. „Wir haben völlig verdient verloren“, sagte Coach Zinnbauer. Und Nicolai Müller stellte nach der kostenlosen Wolfsburger Lehrstunde in Sachen Einstellung und Effizienz konsterniert wie treffend fest: „Wir sind nur hinterhergelaufen.“
Und so bläst Zinnbauer (acht Punkte in acht Spielen), der das Amt des entlassenen Mirko Slomka mit so viel Enthusiasmus übernommen hatte, erstmals Gegenwind ins Gesicht. Während die Hamburger Zeitungen am Montag von „Chaos-Fußball“ und „Minus-Leistung“ schrieben, muss er das Offensivproblem schnellstens in den Griff bekommen. Nach der Länderspielpause kommt Werder Bremen zum Nordderby in den Hamburger Volkspark, dann geht es gegen Augsburg und Mainz, vor Weihnachten warten noch die Duelle gegen die Tabellennachbarn Stuttgart und Freiburg.
Sportchef Knäbel nimmt vor allem die Spieler in die Pflicht und fordert Siege. „Die Reifeprüfung kommt nach der Nationalmannschaftswoche. Wenn man in den kommenden Spielen nicht die gewünschten Resultate macht, dann müsste man sich Sorgen machen“, sagte der 48-Jährige und stellte klar: „Jetzt müssen Ergebnisse kommen.“ Liefert die Mannschaft nicht, auch das machte Knäbel deutlich, werde sich das Gesicht des Teams im Winter wohl noch einmal verändern.