Das ist kühn, aber auch Joe Zinnbauer sagt. „Wir brauchen keinen Psychologen, wir brauchen Erfolg“ Der Trainer führt die Offensivschwäche auch auf seinen Trainingsplan zurück.

Hamburg. Joe Zinnbauer glaubt an ein Ende der Torflaute seines Teams im Duell mit Eintracht Frankfurt am Sonntag (17.30 Uhr/Sky und im Liveticker auf abendblatt.de). „Die Spieler brauchen keinen Psychologen, um ein Tor zu schießen. Wir müssen den letzten Ball noch in die Box bringen, daran arbeiten wir“, sagte der HSV-Trainer: „Wir brauchen ein Erfolgserlebnis.“

Der 44-Jährige, der die Mannschaft vor weniger als zwei Wochen übernahm, führte die Offensivschwäche auch auf seinen Trainingsplan zurück. „Der Plan war erstmal, in der Defensive gut zu stehen. Danach kam das Umschaltspiel im Mittelfeld. Jetzt kommen die Offensivaktionen.“

Zinnbauer hofft auf einen Einsatz von Linksverteidiger Marcell Jansen. „Er kehrt ins Training zurück. Danach werden wir sehen, ob es für Sonntag reicht“, sagte der HSV-Trainer am Freitag. Jansen war mit einem Faserriss im Adduktorenbereich rund zwei Wochen lang ausgefallen. Definitiv fehlen werden die Mittelfeldspieler Rafael van der Vaart und Ivo Ilicevic.

Tabellenplatz 18, noch immer kein Tor nach fünf Spielen – doch der neue Anführer des HSV macht Mut: Der Schweizer Valon Behrami rennt, grätscht und kämpft, treibt seine Vorderleute an und zieht im Mittelfeld die Fäden. „Wir müssen auf den letzten 30 Metern des Spielfelds konkret werden“, fordert auch Antreiber Behrami. Für eben jene 30 Meter hat der HSV groß aufgerüstet. Mit Lewis Holtby, Nicolai Müller, Zoltan Stieber und Julian Green wurden vier Spieler verpflichtet, die für ein dynamisches Offensivspiel stehen. Trotzdem herrscht Flaute im Sturm der Hansestädter.

HSV droht Negativrekord

Erzielt der HSV auch in den ersten 24 Minuten gegen Frankfurt kein Tor, stellt er einen neuen Bundesliga-Negativrekord auf. Bislang musste nur der VfL Bochum (474 Minuten) noch länger auf das Premierentor warten.

„Das ist wie ein Hämatom“, beschreibt Tolgay Arslan, Behramis Partner im defensiven Mittelfeld, in der „Hamburger Morgenpost“ die Misere. „Ich glaube, uns fehlt der letzte Wille und die Überzeugung, die Dinger vorne einfach mal reinzumachen. Das ist eine Kopfsache.“ Mentale Schwächen sieht Zinnbauer hingegen nicht: „Es ist völlig menschlich, dass die Spieler darüber nachdenken. Wir haben aber kein Kopfproblem.“

„Das ist nicht normal. Das ist unglaublich“, hadert auch Behrami dennoch mit der Torlos-Serie. Tatsächlich waren bis in die 5. Liga alle anderen deutschen Mannschaften nach fünf Spielen erfolgreich – selbst der abgeschlagene SV Memmelsdorf in der Bayernliga Nord hatte ein Tor zu Buche stehen. Und auch in den großen europäischen Ligen haben alle Teams nach fünf Partien mindestens ein Mal getroffen.

Am Willen mangelt es der Mannschaft nicht, dafür steht Behrami stellvertretend: Obwohl er an Kniebeschwerden laboriert, gibt er in jedem Spiel Vollgas. Mehr als die Hälfte seiner 142 Zweikämpfe hat er gewonnen – das ist ein besserer Wert, als ihn Bayern-Star Xabi Alonso aufweisen kann. Mit 81 Prozent erfolgreichen Pässen gibt er dem Spiel des HSV Struktur.

Defensiv kann sich die Bilanz des Clubs daher sehen lassen. In den zwei Spielen unter dem neuen Trainer Zinnbauer kassierte Hamburg erst ein Gegentor. Gegen Bayern München stand die Null, in Mönchengladbach brachte ein Tor des gebürtigen Hamburgers Max Kruse die Niederlage. Dennoch steht der HSV – im Vorjahr mit 75 Gegentoren die Schießbude der Liga – sicherer, seit Behrami da ist. Nur sechs Vereine haben bis dato eine noch bessere Abwehr.

Frankfurt bangt um Zambrano

Doch davon spricht in Hamburg derzeit niemand. Zu schwer wiegen Tabellenplatz 18 und das Warten auf das erste eigene Tor. Verteidiger Heiko Westermann hat den ersehnten Treffer für das Frankfurt-Spiel sogar öffentlich versprochen. Und Valon Behrami, der Vorarbeiter, sagt: „Daran müssen wir so schnell wie möglich arbeiten.“

Doch auch Eintracht Frankfurt reist mit Problemen nach Hamburg. Die von Verletzungssorgen gebeutelten Frankfurter müssen womöglich auch auf Abwehrspieler Carlos Zambrano verzichten, der unter einer Mandelzündung leidet. „Es ist mehr als fraglich, ob er mitreisen kann“, sagte Trainer Thomas Schaaf. So steht die Hintermannschaft noch mehr unter Beobachtung: In Hamburg werden zahlreiche Augen – vor allem die der 2400 mitgereisten Eintracht-Fans – auf Felix Wiedwald gerichtet sein, der den operierten Stammkeeper Kevin Trapp (Syndesmoseriss im linken Sprunggelenk) vertritt.

Schaaf bestätigte am Freitag, dass der 24-jährige Wiedwald zwischen den Pfosten steht, obwohl die Hessen am Donnerstag Ex-Nationaltorhüter Timo Hildebrand verpflichtet hatten: „Er hat unser vollstes Vertrauen.“ Schaaf muss nicht nur im Tor, sondern bei einem Zambrano-Ausfall auch in der Innenverteidigung umstellen. Wenigstens darf er darauf bauen, dass Bamba Anderson nach überstandenem grippalen Infekt wieder zur Verfügung steht. Längerfristig müssen die Hessen auf Constant Djakpa, Nelson Valdez (beide Kreuzbandriss), Johannes Flum (Muskelfaserriss) und Nachwuchsspieler Joel Gerezgiher (Syndesmoseteilriss) verzichten.