Der HSV präsentierte sich gegen Aufsteiger SC Paderborn wie in der Vorsaison und somit wie ein Abstiegskandidat. Die Hoffnungen ruhen auf Neuzugang Julian Green. Und möglicherweise auf Lewis Holtby.

Hamburg. Trainer Mirko Slomka hatte vor lauter Wut einen ganz roten Kopf, Big-Boss Dietmar Beiersdorfer war fassungslos und die Spieler wähnten sich in einem Albtraum: Der HSV hat sich beim 0:3 gegen die No-Name-Truppe des SC Paderborn wieder einmal vorführen lassen und sich über weite Strecken wie ein Abstiegskandidat präsentiert. Die Fans an der Elbe haben erneut Angst vor einer Horror-Saison wie im Vorjahr und hoffen nun auf die offenbar bevorstehenden Transfers von Spielmacher Lewis Holtby (Tottenham Hotspur) und Offensiv-Allrounder Julian Green (Bayern München).

Vorbehaltlich des Medizinchecks war am Sonntag zumindest das Geschäft mit Green perfekt. Wie dessen Vater Jerry dem US-Fernsehsender ESPN bestätigte, wird der 19 Jahre alte US-Nationalspieler tatsächlich bis zum Ende der Saison an die Norddeutschen ausgeliehen. Auch US-Nationalcoach Jürgen Klinsmann, so Green senior weiter, stehen diesem Wechsel positiv gegenüber.

„Dazu will ich nichts sagen“, meinte ein nach dem Debakel noch entgeisterter Beiersdorfer. Doch die Anzeichen verdichten sich, dass der HSV auch Holtby für ein Jahr ausleihen wird. „Wir werden erst etwas kommunizieren, wenn es etwas zu vermelden gibt“, sagte der neue Vorstandsvorsitzende. Zudem sollen nach Stürmer Jacques Zoua (Kayseri Erciyesspor) noch weitere Spieler den Klub verlassen, die Transferfrist endet am Montag.

Der Liveticker zum Nachlesen

Wie wichtig frische Spieler für den wankenden Traditionsklub wären, bewies das Team mit seinem peinlichen Auftritt gegen die Ostwestfalen einmal mehr eindrucksvoll. Die Elf um den mit einer Wadenverletzung ausgewechselten Kapitän Rafael van der Vaart wirkte verunsichert, zeigte keine Ideen, kein Esprit, kein Tempo und keine Torgefahr. Wie in der Vorsaison holte der HSV nur einen Punkt aus den ersten beiden Spielen – und das gegen die Aufsteiger Paderborn und Köln (0:0).

„Das Ergebnis ist sehr bitter für uns. Wir haben unsere Fans brutal enttäuscht, obwohl wir ein neues Gesicht zeigen wollten“, sagte Slomka. Doch stattdessen zeigte der HSV seine alte, ziemlich hässliche Fratze. Elias Kachunga (29.), Mario Vrancic (69.) und Moritz Stoppelkamp (87.) schossen den auch in dieser Höhe völlig verdienten ersten Sieg der Paderborner Bundesliga-Geschichte heraus. Beiersdorfer sah sich hinterher sogar gezwungen, den jetzt schon wieder in die Kritik geratenen Slomka den Rücken zu stärken: „Ich diskutiere nicht über den Trainer.“

Es sollte alles besser werden beim neuen HSV. Slomka quälte seine Spieler in der längsten Vorbereitung der Vereinsgeschichte, die Fans sollten mit mitreißendem Offensiv-Fußball nach dem Fast-Abstieg zurückgewonnen werden – alles Makulatur. Am Ende pfiffen die Anhänger ihre Lieblinge gnadenlos aus. „Wir müssen jetzt Männer sein“, sagte Innenverteidiger Johan Djourou, der nach der Klatsche genau so ratlos war wie seine Kollegen: „Wir müssen viel mehr arbeiten, viel mehr kämpfen.“ Das klingt schon sehr nach Durchhalteparolen – und das nach Spieltag Nummer zwei.

Torwart René Adler, noch einer der Besseren unter ganz vielen Enttäuschungen, plädierte trotz des Schock-Erlebnisses dafür, die Ruhe zu bewahren. „Wir machen die gleichen Fehler wie im Vorjahr und haben einiges aufzuarbeiten“, sagte der 29-Jahre alte Routinier: „Aber wir dürfen nicht in Hektik verfallen.“ Adler kündigte aber auch an, intern „Ross und Reiter“ nennen zu wollen.

Slomka hat jetzt wegen der Länderspielpause zwei Wochen Zeit, seine Mannschaft wieder „aufzurichten“. Dann muss gegen seinen Ex-Klub Hannover 96 wohl schon ein Sieg her. Oder dem HSV droht mehr denn je eine weitere Horrorsaison.

Die Einzelkritik zum Nachlesen

Statistik:

Hamburg: Adler - Diekmeier, Djourou, Westermann, Jansen (71. Ostrzolek) - Behrami, Badelj - Arslan (46. Stieber), van der Vaart (37. Rudnevs), Ilicevic - Lasogga. - Trainer: Slomka

Paderborn: Lukas Kruse - Wemmer, Strohdiek, Hünemeier, Brückner - Ziegler - Koc (64. Rupp), Bakalorz (77. Kutschke), Vrancic (84. Vucinovic), Stoppelkamp - Kachunga. - Trainer: Breitenreiter

Schiedsrichter: Bastian Dankert (Rostock)

Tore: 0:1 Kachunga (29.), 0:2 Vrancic (68.), 0:3 Stoppelkamp (87.)

Zuschauer: 54.553

Beste Spieler: Adler, Badelj - Koc, Kachunga

Gelbe Karten: keine

Erweiterte Statistik (Quelle: deltatre):

Torschüsse: 13:15

Ecken: 8:3

Ballbesitz: 63:37 %