Nachdem auch Ilicevic mindestens zwei Spiele ausfällt, ist der Torjäger Slomkas letzter Hoffnungsträger gegen Freiburg. „Der Pierre ist eine echte Waffe“, lobt Trainer Mirko Slomka.

Hamburg. Nach knapp einer Stunde hatte sich Pierre-Michel Lasogga genug zurückgehalten. Der Torjäger, erstmals nach drei Wochen am Montag wieder im Mannschaftstraining, schnappte sich während der Vormittagseinheit den Ball, schüttelte auf seinem Weg zum Tor der Reihe nach Robert Tesche, Tolgay Arslan und Michael Mancienne wie lästige Fliegen ab und zwang zum Abschluss Ersatztorhüter Jaroslav Drobny zu einer Glanzparade.

Ein paar Minuten später konnte aber selbst der Tscheche das Unvermeidliche nicht mehr verhindern. Annahme Lasogga, ein kurzer Blick, ein Schuss, ein Tor – und die Gewissheit: Hamburgs letzte Hoffnung im Abstiegskampf ist nach dreiwöchiger Verletzungspause wieder da. „Pierre-Michel, wie war das Training?“, wollte ein Trainingszuschauer nach der Einheit wissen. Gegenfrage: „Wie sah es denn aus?“ Der Zuschauer: „Gut!“ Lasogga: „Na also.“ Ein anderer Zuschauer: „Ist doch egal, wie es aussieht. Der Ball muss einfach ins Netz.“ Lasogga: „War er doch.“

Hamburgs Hoffnungsträger redet, wie er Fußball spielt: Lange Ausführungen sind seine Sache nicht, er braucht nicht unnötig zu überlegen, kommt sofort zum Punkt und gilt auch deshalb als eine Art Nichtabstiegsgarantie für den HSV. „Der Pierre ist eine echte Waffe“, lobt Trainer Mirko Slomka, der sich „unglaublich“ darüber freut, dass der Angreifer wieder zur Verfügung steht: „Er ist wahnsinnig effektiv, was nicht nur durch seine Treffer dokumentiert wird, sondern auch durch seine Art, wie er nach seiner Pause ins Training zurückgekehrt ist. Er ist ein enorm wichtiger Typ für unsere Spitze.“ Ein enorm wichtiger Typ, der lange, möglicherweise zu lange, in der entscheidenden Phase des Abstiegskampfes gefehlt hat.

Wegen einer Verhärtung am Oberschenkel, so die offizielle Diagnose des DFB, musste Lasogga das Abschlusstraining der Nationalmannschaft vor dem Testspiel gegen Chile am 4. März abbrechen. Der 22-Jährige wurde umgehend von Nationalmannschaftsarzt Hans Wilhelm Müller-Wohlfahrt untersucht, der ausrichten ließ, dass ein Einsatz am folgenden Wochenende gegen Frankfurt fraglich sei. Statt in Hamburg gegen die Eintracht zu spielen, absolvierte Lasogga tatsächlich an dem Wochenende ein individuelles Rehatraining in Gelsenkirchen, um sich am Mittwoch darauf erneut von Müller-Wohlfahrt in München untersuchen zu lassen.

Lasoggas Verletzung war „diffus“


Die zweite Diagnose: Die wieder aufgebrochene Verletzung müsse zunächst verheilen, auch ein Einsatz am folgenden Wochenende gegen Nürnberg sei nicht möglich. „Es ist nicht ganz deutlich geworden, ob es nun ein Muskelfaserriss war oder nicht. Das war alles ein bisschen diffus“, sagt Slomka, der immer wieder den Kontakt mit Müller-Wohlfahrt suchte. „Sicherlich lag auch eine Schädigung der Fasern vor“, ergänzt der Trainer, der noch mal direkt vor und nach dem Spiel in Stuttgart, bei dem Lasogga ebenfalls schmerzlich vermisst wurde, mit dem Bayern-Arzt telefonierte: „Es gab ja auch eine alte Verletzung im Muskel.“

Die alte Verletzung im Muskel, von der Slomka spricht, hatte sich Lasogga ausgerechnet auf dem stundenlangen Flug von Jakarta nach Abu Dhabi ins Wintertrainingslager zugezogen. Nach der Landung klagte der von Hertha ausgeliehene Torjäger über Schmerzen im Oberschenkel, die bis zum Ende des umstrittenen Trainingslagers nie wirklich heilten. Somit war es wohl eine logische Folge, dass Lasogga beim Rückrundenauftakt gegen Schalke nach nur 24 Minuten wegen „Oberschenkelproblemen“ ausgewechselt werden musste und anschließend auch die folgenden zwei Spiele, in denen dem HSV kein einziges Tor gelingen wollte, verpasste.

Ilicevic fällt länger aus


All das ist nun schon eine gefühlte Ewigkeit her. Für Slomka zählt aber nur das Hier und Jetzt – und zumindest da lässt Lasogga hoffen. „Erst wenn der Pierre sagt: Daumen hoch, so wie er es jetzt angedeutet hat, erst dann ist er fähig, die kommenden acht Spiele für uns mit voller Stärke zu bestreiten“, sagt der HSV-Coach, für den ein erneuter Ausfall Lasoggas am Mittwoch gegen den SC Freiburg (20 Uhr/Sky, Liveticker bei abendblatt.de) nicht mehr zu kompensieren wäre. Denn während sich der Stürmer, der in nur 17 Einsätzen für den HSV elf Treffer erzielen konnte, fit meldete, muss Slomka mit der Gelb-Rot-Sperre von Hakan Calhanoglu und dem Ausfall von Ivo Ilicevic die nächsten Schreckensmeldungen verdauen. Doch während Calhanoglu lediglich für eine Partie fehlen wird, droht Ilicevic länger auszufallen.

Der Kroate hatte sich bereits in der ersten Halbzeit im Spiel gegen Stuttgart eine Zerrung des Innenbandes im Knie zugezogen, dann aber trotzdem bis zum Ende der Partie auf die Zähne gebissen. Gegen Freiburg und in Mönchengladbach (30. März) wird Ilicevic fehlen, ein Einsatz im Heimspiel gegen Leverkusen (4. April) scheint noch offen. „Der Ausfall von Ivo und Hakan, die für ein besonderes Momentum in der Offensive stehen, wiegt schon schwer“, sagt Slomka.

Der HSV-Cheftrainer ist allerdings ein Meister darin, generell das Positive hervorzuheben. So ist die möglicherweise vorentscheidende Partie gegen Freiburg weniger ein Spiel, in dem Ilicevic und Calhanoglu fehlen, als vielmehr das Spiel, in dem der Patient Lasogga sein Comeback feiern darf. Und was passierte nach dessen Comeback nach seiner ersten Oberschenkelverletzung beim HSV- Spiel in Braunschweig (2:4)? Richtig! Ein lauernder Lasogga, ein kurzer Blick, ein Kopfball, ein Tor.