Sieben Teams kämpfen in den kommenden zehn Spieltagen um den Klassenerhalt. Abendblatt.de stellt das Restprogramm der Abstiegskandidaten vor, bewertet die Form und wagt eine Prognose.

Hamburg. Während mit dem FC Bayern München der kommende Meister in der Bundesliga bereits so gut wie fest steht, ist der Abstiegskampf spannend wie selten zuvor. Zehn Spieltage vor Saisonende kämpfen sieben Mannschaften (Hannover 96, Eintracht Frankfurt, 1. FC Nürnberg, VfB Stuttgart, HSV, SC Freiburg und Eintracht Braunschweig) um den Klassenerhalt.

Oliver Kreuzer fordert vom HSV in den kommenden drei Partien eine Weichenstellung Richtung Klassenverbleib. „Die nächsten drei Spiele sind sehr, sehr entscheidend, um eine gute Basis zu legen für den Schlussspurt“, sagte der HSV-Sportdirektor im „Sportclub“ des NDR-Fernsehens.

Abendblatt.de stellt das Restprogramm der Abstiegskandidaten vor und zeigt die Chancen der jeweiligen Teams auf:

Hannover 96 (12. Platz, 26 Punkte)

Die Niedersachsen spielen eine durchwachsene Saison und hinken ihren Ansprüchen deutlich hinterher. Nach einer Serie von Niederlagen und ohne Auswärtspunkt wurde der langjährige Coach Mirko Slomka im Dezember entlassen. Mit dem Trainer-Nobody Tayfun Korkut wagte Hannover viel – und wurde bislang belohnt. Das Team hat sich wieder stabilisiert und macht einen gefestigteren Eindruck.

Dennoch: Hannover steckt weiter im Abstiegskampf. Das zeigt auch die emotionale Reaktion von Tayfun Korkut nach dem siebten Bundesliga-Spiel seiner Trainerkarriere. Der Coach von Hannover 96 ließ seinen Gefühlen nach dem respektablen 1:1 gegen den Tabellendritten Bayer Leverkusen freien Lauf. „Ich bin genervt über das Ergebnis“, gestand Korkut frank und frei. „Wir haben fast nichts zugelassen und eine leidenschaftliche zweite Halbzeit gezeigt. Trotzdem müssen wir uns jetzt mit diesem Punkt begnügen“, haderte der 96-Trainer.

„Wir sind schon etwas enttäuscht“, stimmte Sportdirektor Dirk Dufner in das Klagelied ein. Durch das fünfte sieglose Spiel rutschte 96 in der Tabelle auf Platz zwölf. Hannover hat es in den kommenden zehn Spielen aber selbst in der Hand. Denn die Niedersachsen spielen überwiegend gegen direkte Konkurrenten.

Restprogramm: Hertha BSC, Borussia Dortmund, 1899 Hoffenheim, Werder Bremen, Eintracht Braunschweig, HSV, Eintracht Frankfurt, VfB Stuttgart, 1. FC Nürnberg, SC Freiburg

Prognose: Hannover 96 schafft den Klassenerhalt. Das Team von Trainer Korkut hat die nötige Qualität und wirkt stabiler als die Konkurrenz.

Eintracht Frankfurt (13. Platz, 26 Punkte)

Schlecht gespielt, aber dennoch einen weiteren Schritt in Richtung Klassenverbleib gemacht: Trotz einer über weite Strecken erschreckend schwachen Vorstellung in Hamburg konnten Spieler und Verantwortliche von Eintracht Frankfurt mit dem Wochenende zufrieden sein. Denn obwohl bei der Eintracht beim 1:1 gegen den HSV spielerisch nicht viel zusammenlief, hielten sie die Hanseaten auf Distanz. „Es war wichtig, dass der HSV keine drei Punkte geholt hat“, bilanzierte Frankfurts Torhüter Kevin Trapp nach dem Remis.

Eintracht Frankfurt spielte nach einer starken vergangenen Saison in diesem Jahr in der Europa League und schied nur knapp gegen den portugiesischen Top-Club FC Porto aus. Das Team von Trainer Armin Veh hat die Doppelbelastung nicht gut verkraftet. Besonders in den letzten 15 Minuten wirkten die Frankfurter müde und anfällig.

In den kommenden zehn Spielen kann sich die Eintracht aber komplett auf den Abstiegskampf konzentrieren. Außerdem wird die Mannschaft dem scheidenden Trainer Veh einen erstklassigen Abschied machen wollen.

Restprogramm: SC Freiburg, 1. FC Nürnberg, Borussia Mönchengladbach, VfL Wolfsburg, FSV Mainz 05, Hannover 96, 1899 Hoffenheim, Bayer Leverkusen, FC Augsburg

Prognose: Das Restprogramm ist überschaubar, die nötigen Punkte werden eingefahren. Die Eintracht hat durch das Ausscheiden in der Europa League keine Doppelbelastung mehr und genügend Kraft für den Bundesliga-Endspurt. Trainer Veh wird vor seinem Abschied nochmal alles geben, um das Team in der höchsten deutschen Spielklasse zu halten. Und das gelingt auch.

1. FC Nürnberg (14. Platz, 23 Punkte)

Die Nürnberger stecken nach einem gelungenen Rückrundenstart wieder tief im Abstiegskampf. Der „Club“ machte gegen Werder Bremen zwar ein gutes Spiel, verlor aber dennoch mit 0:2. „Wir haben überragend gespielt, wir haben den Gegner überlaufen. Nur die Tore fehlten“, kommentierte Trainer Gertjan Verbeek, der das Team nach einer sieglosen Hinrunde wieder in die Spur brachte. Für ihn war allein das Ergebnis „ein Rückschlag“. 23 Punkte sind zu wenig für die Rettung.

Hamburg, Frankfurt, Stuttgart, Freiburg heißen die nächsten Gegner. Vier weitere Abstiegsduelle, die in der immer noch guten Rückrunde (vier Siege, drei Niederlagen) den Weg in dieser Zittersaison weisen werden. Die Leistung gegen Bremen mache ihm Mut, erklärte Verbeek: „Auf diese Weise werden wir sicher noch genug Punkte holen.“

Als erste Mannschaft in der Bundesliga-Geschichte hatte Nürnberg eine komplette Hinrunde ohne Sieg hingelegt. Nach der Entlassung von Michael Wiesinger hat sich das Team aber stabilisiert.

Restprogramm: HSV, Eintracht Frankfurt, VfB Stuttgart, SC Freiburg, Borussia Mönchengladbach, VfL Wolfsburg, Bayer Leverkusen, FSV Mainz 05, Hannover 96, Schalke 04

Prognose: Nürnberg steht vor den Wochen der Wahrheit. Die nächsten Spiele gegen direkte Konkurrenten werden zeigen, wohin die Reise geht. Der „Club“ hat in der Rückrunde gezeigt, dass das Team Erstliga-Format hat, auch wenn die Konstanz fehlt. Tendenz: Nürnberg schafft den Klassenerhalt.

VfB Stuttgart (15. Platz, 20 Punkte)

Der „Knurrer von Kerkrade“ soll den krisengeschüttelten VfB Stuttgart vor dem Absturz bewahren. Routinier Huub Stevens löst den seit Wochen glück- und erfolglosen Thomas Schneider bei dem schwäbischen Bundesligisten als Trainer ab. „Jetzt geht es nur um den Klassenerhalt“, begründete Sportvorstand Fredi Bobic die sofortige Trennung von Schneider rund 15 Stunden nach dem enttäuschenden Remis gegen Schlusslicht Eintracht Braunschweig.

Nach zuvor acht Niederlagen in Serie war der Punktgewinn beim 2:2 gegen Neuling Braunschweig zu wenig, um dem quasi nur auf Bewährung tätigen Schneider weiterhin den Job zu sichern. Zuvor hatte Manager Bobic nach nur drei Spieltagen Bruno Labbadia entlassen, unter dem der VfB ohne Punkt geblieben war. Die Vorkommnisse nach dem Spiel am Sonnabend, gegen Braunschweig als wütende Fans die Mannschaft und Bobic wüst beschimpften, hatten den Handlungsdruck verstärkt.

Auf Nachfolger Stevens warten in den kommenden Wochen weitere „Endspiele“ gegen die direkten Konkurrenten aus Bremen, Hamburg, Nürnberg und Freiburg. Die Szenen vom Sonnabend, die das Bild eines zerrissenen Vereins malten, „freuen die Konkurrenz“, meinte Bobic. Stevens soll nun vereinend wirken.

Restprogramm: Werder Bremen, HSV, 1. FC Nürnberg, Borussia Dortmund, SC Freiburg, Borussia Mönchengladbach, Schalke 04, Hannover 96, VfL Wolfsburg, Bayern München

Prognose: Die Fans toben, die Mannschaft ist verunsichert und Manager Bobic war zum Handeln gezwungen. Nun wird es auf den neuen Trainer Stevens ankommen. Der Niederländer verfügt über viel Erfahrung und bewahrte den einen oder anderen Club schon vor dem Abstieg. Das Restprogramm hat es aber besonders zum Ende hin in sich. Tendenz: Stuttgart erreicht den Relegationsplatz und rettet sich dann in den zwei Entscheidungsspielen.

HSV (16. Platz, 20 Punkte)

Mit Thorsten Fink und Bert van Marwijk hat der HSV schon zwei Trainer in der laufenden Saison verschlissen. Mirko Slomka soll nun der lachende Dritte sein, der mit dem HSV den Klassenerhalt schafft. Und tatsächlich wirkt das Team unter seiner Führung stabiler, zeigt die lange vermissten Tugenden wie Kampfgeist und Laufbereitschaft.

Sportchef Oliver Kreuzer lobte Slomka, der in drei Spielen als Chefcoach den Gewinn von vier Punkten vorweisen kann. „Er ist ein Trainer, der sehr ins Detail geht und die Mannschaft wirklich auf den Punkt vorbereitet. Er gibt den Spielern einen Plan an die Hand, welche Aufgaben sie im Spiel haben“, sagte Kreuzer, der seit Saisonbeginn im Amt ist. Die höhere Intensität und der größere Umfang des Trainings komme bei der Mannschaft gut an, meinte der Sportchef weiter. „Entsprechend spielt sie auch einen besseren Fußball.“

Bei den Hanseaten ist nach all den Krisen-Wochen mit Fanprotesten, chaotischen Aufsichtsratssitzungen und Trainer-Diskussionen der Zusammenhalt wieder zurück, was auch die Anhänger demonstrierten. Noch zehn Minuten nach dem Abpfiff gegen Eintracht Frankfurt (1:1) bejubelten die Fans den Punktgewinn, wo es in früheren Zeiten wohl ein Pfeifkonzert gegeben hätte. Damit honorierte der Anhang die kämpferische Leistung des HSV, der angesichts von zehn Ausfällen mit dem letzten Aufgebot angetreten war und mit nun 20 Punkten weiter auf einem der gefährdeten Plätze liegt.

Der HSV muss in den nächsten Bundesliga-Partien gegen ebenfalls stark abstiegsbedrohte Mannschaften antreten. Am kommenden Sonntag reist der Tabellen-14. 1. FC Nürnberg (23 Punkte) an. Es folgen Partien gegen die derzeitigen Tabellennachbarn beim VfB Stuttgart (Platz 15/20 Punkte) und gegen den SC Freiburg (17./19).

Restprogramm: 1. FC Nürnberg, VfB Stuttgart, SC Freiburg, Borussia Mönchengladbach, Bayer Leverkusen, Hannover 96, VfL Wolfsburg, FC Augsburg, Bayern München, FSV Mainz 05

Prognose: Der HSV hat unter Trainer Slomka den Abstiegskampf angenommen. Trotz großer Personalsorgen demonstrierten die Profis gegen Frankfurt Kampfgeist und Einsatzbereitschaft. Auch die lange suspendierten Spieler wie Michael Mancienne und Robert Tesche zeigen unter Slomka ein anderes Gesicht und sind plötzlich neue Optionen für den Trainer. Die kommenden drei Spiele gegen direkte Konkurrenten werden entscheidend sein. Tendenz: Der HSV rettet sich noch ganz knapp auf Rang 15.

SC Freiburg (17. Platz, 19 Punkte)

Der SC Freiburg spielte wie Eintracht Frankfurt nach einer starken vergangenen Saison in der Europa League. Die Breisgauer hatten jedoch nicht nur mit der Doppelbelastung zu kämpfen, sondern leiden seit Saisonstart unter den zahlreichen Abgängen. Leistungsträger wie Max Kruse, Johannes Flum, Daniel Caligiuri und Co. verließen den Club nach dem Erreichen des internationalen Geschäfts. Schon vor Saisonbeginn war klar, dass Freiburg nur gegen den Abstieg spielt. Das Team von Trainer Christian Streich schied in der Europa League nach der Gruppenphase aus. Doch auch danach kam das Team nicht so recht in die Spur.

Am Wochenende hätten die Freiburger gegen schwache Dortmunder (0:1) eigentlich einen Punkt verdient gehabt. Der Tabellen-17. zeigte eine solide Partie gegen den Champions-League-Finalisten. In den kommenden Spielen muss der Sportclub aus Freiburg häufig gegen direkte Konkurrenten ran.

Restprogramm: Eintracht Frankfurt, Werder Bremen, HSV, 1. FC Nürnberg, VfB Stuttgart, Eintracht Braunschweig, Borussia Mönchengladbach, VfL Wolfsburg, Schalke 04, Hannover 96

Prognose: Freiburg hat es in der eigenen Hand. Die Spiele gegen die direkten Konkurrenten werden entscheidend sein. Tendenz: Freiburg fehlt es in der Breite des Kaders. Den Breisgauern wird zum Ende der Saison weiter die Puste ausgehen. Zu viele Leistungsträger haben vor der Saison den Verein verlassen. Der Club wird für eine außergewöhnliche vergangene Saison bestraft. Freiburg wird als Tabellen-17. absteigen.

Eintracht Braunschweig (18. Platz, 17 Punkte)

Der Bundesliga-Neuling hatte von Anfang an große Schwierigkeiten sich an das Niveau in Deutschlands höchster Spielklasse zu gewöhnen. Den Braunschweigern fehlt letztendlich die Qualität für die Bundesliga – besonders in der Breite des Kaders. Im Laufe der Spielzeit hat sich das Team von Torsten Lieberknecht zwar gesteigert – und beim 1:0-Erfolg gegen Bayer Leverkusen positiv begeistert – dennoch blieb Braunschweig am Tabellenende hängen.

Restprogramm: VfL Wolfsburg, Schalke 04, FSV Mainz 05, Bayer Leverkusen, Hannover 96, SC Freiburg, Bayern München, Hertha BSC, FC Augsburg, 1899 Hoffenheim

Prognose: Eintracht Braunschweig fehlt die Qualität für die Bundesliga. Trotz einiger gelungener Auftritte wird das Team von Trainer Torsten Lieberknecht wieder absteigen.