Der potentielle Mäzen Klaus-Michael Kühne wünscht sich laut seinem Generalbevollmächtigtem „eine breit aufgestellte, professionelle strategische Partnerschaft“. Spekulationen über Adidas und Telekom.
Hamburg. Bereits vor der Mitgliederversammlung hatte es sich angedeutet, am Montag machte es der HSV-Aufsichtsratsvorsitzende Manfred Ertel offiziell: Bei der konstituierenden Sitzung der Kontrolleure in der Woche nach dem Spiel gegen Schalke 04 am Sonntag wird der 63-Jährige nach einjähriger Amtszeit nicht mehr für den Vorsitz kandidieren. „Ich habe meinen Entschluss meinen Vertretern Eckart Westphalen und Jens Meier schon vor drei Wochen mitgeteilt. Diese Entscheidung war unabhängig vom Verlauf der Versammlung“, sagte Ertel. Als klarer Favorit für die Nachfolge gilt Meier. Doch der 47-Jährige zierte sich nach der über elfstündigen Mammutsitzung noch, zudem sorgte die Nichtentlastung des Gremiums (57,7 Prozent Nein-Stimmen) für Aufregung bei den Räten.
Solch ein Votum der Mitglieder hat Seltenheitswert. Bisher wurden nur 1998 der ehemalige Vizepräsident Volker Lange sowie Ex-Schatzmeister Jürgen Engel nicht entlastet, was aber juristisch keine Folgen hatte. Es wurde nur formal nicht darauf verzichtet, etwaige Schadenersatzansprüche zu stellen. Dass erstmals auch Aufsichtsräte (kollektiv) nicht entlastet wurden, dürfte ebenfalls keine weiteren Auswirkungen haben. Pikant nur, dass nicht nur die aktuell noch amtierenden, sondern auch die im Januar 2013 ausgeschiedenen Kontrolleure Jörg Debatin, Ian Karan, Alexander Otto und vor allem Otto Rieckhoff, mit HSVPlus der strahlende Gewinner der Veranstaltung, für die Saison 2012/13 nicht entlastet wurden.
Gut möglich aber, dass die Abstimmung bei der nächsten Sitzung (voraussichtlich im Mai) wiederholt wird. HSV-Mitglied Bernd Günther fühlte sich am Sonntag mit seinem Antrag auf Einzelentlastung übergangen und erklärte gegenüber dem Abendblatt, das Votum anfechten zu wollen.
Klar ist hingegen die Abfolge hinsichtlich der Ausgliederung. Der Vorstand wird Juristen, Wirtschaftsprüfer (wohl KPMG) und Steuerberater mit der Umsetzung beauftragen. Ausgearbeitet werden müssen ein Ausgliederungsübernahmevertrag, ein Ausgliederungsbericht sowie die erforderlichen Satzungsänderungen. Stimmen die Mitglieder mit einer Dreiviertelmehrheit zu, soll die neue Struktur vom 1.Juli 2014 an, also mit Beginn des neuen Geschäftsjahres, gelten. Um alle Personalien in Ruhe entscheiden zu können, gelten allerdings Übergangsfristen für die Amtsinhaber. In diesem Zusammenhang werden die Wirtschaftsprüfer auch den Wert des gesamten „Unternehmens HSV“ ermitteln, um Anteile verkaufen zu können.
Investoren könnten bis zu 24,9 Prozent erwerben
Denn: Parallel zu diesen formalen Aspekten wird sich der HSV mit Klaus-Michael Kühne, der sich nur als Mäzen beteiligen will, aktiv um weitere Investoren bemühen. Diese könnten dann bis zu 24,9 Prozent der Clubanteile erwerben. „Herr Kühne wünscht sich eine breit aufgestellte, professionelle strategische Partnerschaft. Wir werden uns nun gemeinsam auf die Suche nach diesen Partnern und einem Konzept begeben“, kündigte Karl Gernandt, Kühnes Generalbevollmächtigter, an.
Im Aufsichtsrat wurde bereits über geeignete Unternehmen spekuliert, beispielsweise Adidas (erwarb beim FC Bayern 9,1 Prozent Anteile für 77 Millionen Euro) oder die Deutsche Telekom, den Hauptsponsor des deutschen Rekordmeisters. Beiersdorf soll dagegen nicht zum Kreis der potenziell interessierten Unternehmen gehören.
Dass mögliche Investoren vor der kommenden Versammlung und den Satzungsentscheidungen ihre Bereitschaft offiziell verkünden, gilt als äußerst unwahrscheinlich. Bis der HSV auf eine Millionenspritze hoffen darf, werden also noch (mindestens) einige Monate vergehen.