Im niederländischen Fernsehen bestätigte der 61-Jährige sein Engagement in Hamburg. HSV-Sportchef Kreuzer dementiert zunächst eine Einigung, rudert aber wenig später zurück. Weg für den ehemaligen Bondscoach an die Elbe ist offenbar frei.
Der HSV hat offenbar einen Nachfolger für den beurlaubten Thorsten Fink gefunden. Zumindest im niederländischen Fernsehen bestätigte Bert van Marwijk seinen Wechsel nach Hamburg. „Hamburg ist eine fantastische Stadt. Der HSV hat ein prächtiges Team mit einer großen Tradition und einem schönen Stadion. Sonntagmorgen fahre ich nach Hamburg“, sagte van Marwijk dem TV-Sender NOS. Der HSV habe sich von Anfang an sehr stark um ihn bemüht. „Vor ein paar Tagen haben wir zusammengesessen und uns ausgetauscht. Das hat schließlich zu einer Einigung geführt“, sagte der frühere Bondscoach der niederländischen Nationalmannschaft.
Nach NOS-Informationen soll van Marwijk in den kommenden Tagen einen Zweijahresvertrag unterschreiben, plus Option auf eine weitere Spielzeit. „Im Moment präsentiert sich der HSV weit unter den Erwartungen. Auf der einen Seite wird es deshalb eine große Herausforderung, auf der anderen Seite aber auch sehr schwer“, sagte der 61-Jährige, der nach dem Vorrunden-Aus bei der Europameisterschaft 2012 in Polen und der Ukraine als Bondscoach zurückgetreten und seitdem ohne Job war. Von 2004 bis 2006 war van Marwijk Trainer von Borussia Dortmund.
Voetbal International schreibt, dass Roel Coumans als Trainerassistent nach Hamburg geht. Coumans arbeitete bisher als Trainerassistent beim niederländischen Zweitligaklub Fortuna Sittard. Weitere Personalentscheidungen für das Betreuerteam sollen später bekannt gegeben werden.
In Hamburg würde van Marwijk in Rafael van der Vaart auf einen Landsmann treffen. Kontakt mit dem HSV-Kapitän habe er aber noch nicht aufgenommen, sagte van Marwijk. „Ich halte nichts davon, schon im Vorfeld Dinge zu besprechen. Ich begegne ihm beim HSV jetzt oft genug. Ich kenne ihn sehr gut und er mich“, sagte van Marwijk. Im Oranje-Team war das Verhältnis zwischen beiden nicht immer einfach, van der Vaart musste unter van Marwijk öfters auf der Bank Platz nehmen.
Auf der HSV-Bank saßen bislang drei Niederländer als Cheftrainer. Martin Jol löste am 1. Juli 2008 seinen gut 17 Monate amtierenden Landsmann Huub Stevens ab, ehe Ricardo Moniz ab April 2010 für rund zwei Monate auf Interimsbasis die sportliche Verantwortung übernahm.
Beim HSV gab es um die Verpflichtung van Marwijks am Sonntag Verwirrung. Zunächst hieß es, HSV-Sportchef Oliver Kreuzer sei am Morgen nach Zürich zu dem Schweizer Fußballtrainer Christian Gross geflogen. „Es ist noch nichts definitiv entschieden, wir führen weiter Gespräche", sagte Kreuzer. Wenig später folgte das Dementi: Kreuzer wolle sich nicht mit Gross treffen.
Vierte Saisonniederlage gegen Bremen
Das 0:2 (0:1) im Nordderby am Sonnabend gegen Werder Bremen hat den Hamburger SV auf den Relegationsplatz stürzen lassen und die Defizite schonungslos aufgedeckt. Es reicht momentan nicht für die Eliteliga. Auch Interimstrainer Rodolfo Cardoso war nicht in der Lage, den Hamburgern neue Motivation zu geben. „Die Mannschaft ist im Moment einfach nicht in einer guten Verfassung“, meinte der 44 Jahre alte Argentinier.
In der zweiten Halbzeit habe sich sein Team „reingehauen und gekämpft“, versuchte Cardoso die wenigen positiven Aspekte im Spiel seiner Mannschaft zu beschreiben. „Das 2:6 gegen Dortmund ist immer noch in den Köpfen“, mutmaßte HSV-Verteidiger Marcell Jansen und stöhnte: „Das ist sehr, sehr bitter.“
Die Bremer verließen erleichtert und beschwingt wie seit Wochen nicht die Spielstätte. „Ich freue mich total für die Jungs“, sagte Bremens Trainer Robin Dutt. Seine Mannen konnte die Misserfolgsserie von drei Niederlagen am Stück stoppen und vollzogen damit einen Sprung ins Mittelfeld der Tabelle. Dennoch: Das 99. Nordderby zweier schwacher Mannschaften hatte nur wenige Höhepunkte.
Vor 53.290 Zuschauern erzielte Nils Petersen (32.,90+4. Minute) die Tore in einem Prestigeduell, das die schlechteste Ausgangslage seit mehr als 40 Jahren hatte: Fünfzehnter gegen Vierzehnter, Krisen-Derby statt Nord-Schlager. Cardosos Absicht, der Mannschaft mehr Stabilität durch einige Umstellungen in der Abwehr zu verleihen, ging nur bedingt auf. Cardoso brachte mit Artjoms Rudnevs und Pierre-Michel Lasogga im zweiten Abschnitt zwei weitere Stürmer, aber es nützte nichts.
Beim ersten Gegentor sahen sowohl Jansen als auch Tah nicht gut aus: Werder-Außenverteidiger Clemens Fritz überlief Jansen und flankte vors HSV-Tor, wo Petersen unbedrängt einschob. Danach aber wurde das Spiel der Gastgeber zwingender. Nach dem Seitenwechsel hatten Maximilian Beister (49., 58.) und Tomas Rincon (57.) den Ausgleich auf dem Fuß, scheiterten aber. Beim 0:2 in der Nachspielzeit hatte Petersen keine Mühe, weil der HSV-Torhüter beim letzten Angriff der Hamburger vors gegnerische Tor gestürmt war, um das Unmögliche noch möglich zu machen. Verzichten müssen die Hamburger längere Zeit auf Rincon: Der Venezolaner erlitt einen Kieferbruch und musste zur Operation ins Krankenhaus.
„Wir hatten nur ein, zwei Torchancen, und das zu Hause. Das ist zu wenig“, befand HSV-Abwehrspieler Jansen. „Wir konnten den Bremern nicht wehtun.“ Für Werder, das ohne den rotgesperrten Franco di Santo auskommen mussten und erstmals Martin Kobylanski sowie Santiago Garcia aufbot, war der Erfolg doppelt wichtig: Zum einen, weil die stets brisante Partie laut Sportchef Thomas Eichin „zu den Klassikern in Europa“ gehört, zum anderen, weil die neben den Braunschweigern offensivschwächste Mannschaft der Bundesliga die Kurve gekriegt und ihre Misserfolgsserie beendet hat.
Unmittelbar vor dem Spiel hatte der HSV-Aufsichtsrat getagt und sich von Sportchef Oliver Kreuzer den Stand der Dinge verkünden lassen. Von Sportchef Oliver Kreuzer hieß es zu einer Verpflichtung van Marwijks da: „Es wird immer der Name van Marwijk hervorgehoben. Aber er ist nur einer der Kandidaten, mit denen wir gesprochen haben.“ Der Fußball-Bundesligist wollte eine Einigung mit dem ehemaligen niederländischen Nationaltrainer zunächst nicht bestätigen, teilte HSV-Sprecher Jörn Wolf mit.
Statistik zum Spiel:
Hamburg: Adler – Westermann, Tah, Djourou, Jansen – Rincon (67. Arslan), Badelj – Lam (63. Rudnevs), van der Vaart, Jiracek (80. Lasogga) – Beister. – Trainer: Cardoso
Bremen: Mielitz – Fritz, Lukimya, Caldirola, Garcia – Makiadi, Ignjovski – Elia (74. Ekici), Hunt (86. Prödl), Kobylanski (67. Gebre Selassie) – Petersen. – Trainer: Dutt
Schiedsrichter: Wolfgang Stark (Ergolding)
Tore: 0:1 Petersen (32.), 0:2 Petersen (90.+4)
Zuschauer: 53.290
Beste Spieler: Beister, Rincon – Mielitz, Fritz, Petersen
Gelbe Karten: Beister (2), van der Vaart (3) – Fritz, Ignjovski, Caldirola (2)
Erweiterte Statistik (Quelle: impire):
Torschüsse: 19:16
Ecken: 4:6
Ballbesitz: 59:41 %
Mit Material von sid und dpa