Hamburgs neuer Verteidiger legt sich mit dem österreichischen Fußball-Verband an. Der 32 Jahre alte Nationalspieler bezeichnete die Darstellung des Verbandes, er habe bei Trainer Marcel Koller eine Schlüsselrolle im Nationalteam gefordert, als „absolut nicht zutreffend“.

Hamburg. Paul Scharner ist ein Rebell und verspeist als richtiger Österreicher am liebsten Wiener Schnitzel. Und nachdem der HSV-Verteidiger mal wieder für einen Eklat gesorgt hat, würde ihm wohl auch Imtimfeind und Nationaltrainer Marcel Koller gut schmecken. Jedenfalls habe dieser in etwa so viel Rückgrat wie seine Leibspeise, meint Scharner. „Mit Koller kommen wir nie zur WM. Er ist wie ein Schnitzel weich geklopft worden“, sagte der 32-Jährige über Koller, „jetzt müssen sie ihn nur noch panieren. Dann ist er ein richtiger Österreicher.“

+++ Scharner reist aus österreichischem Teamhotel ab +++

Koller ist Schweizer. Aber das ist aus Sicht Scharners nicht sein größter Fehler. Vielmehr habe sich Koller daran versündigt, dem als Dickkopf bekannten Innenverteidiger für die anstehende Qualifikation zur WM in Brasilien 2014 nicht den eingeforderten Stammplatz zuzusprechen. „Wenn jemand mit mir umspringt wie mit einem jungen Trottel, bin ich tief beleidigt“, sagte Scharner. Nachdem ihm Koller seine Sonderrolle vor dem Testspiel gegen die Türkei (2:0) nicht zugestehen wollte, verließ der 1,91 m lange Hüne eigenmächtig das Teamhotel. Er sei nach der Mitteilung Kollers „baff“ gewesen, so Scharner. Er lasse sich „nicht verarschen und nicht verbiegen“. Zum Abschied kündigte Scharner an, Koller einen Brief „mit klaren Fakten und Ansagen“ schreiben zu wollen.

Und so wird Scharner seinen 40 Länderspielen wohl kein weiteres hinzufügen. Und auch Koller legt keinen weiteren Wert mehr auf die kompromisslose Zweikampfhärte des Mozart-Liebhabers. „Ich kann es nicht akzeptieren, wenn einer einen Stammplatz fordert. Unter mir wird er sicher nicht mehr spielen“, sagte der frühere Kölner und Bochumer Bundesligatrainer - und bekam prompt Rückendeckung vom österreichischen Fußball-Verband (ÖFB). „Man kann nicht einen Stammplatz fordern, da gibt es nur die Möglichkeit, dass man getrennte Wege geht“, sagte ÖFB-Sportdirektor Willi Ruttensteiner, „wenn ein Spieler für die Nationalmannschaft nicht bereit ist, sich auf die Ersatzbank zu setzen, dann ist es die Entscheidung aller, dass man so einen Spieler nicht mehr dabei hat.“

Scharner widerprach in einer offiziellen Mitteilung des HSV der Darstellung des Verbandes, er habe einen Stammplatz eingefordert. Stattdessen sei seine Ausbootung schon vorher beschlossene Sache gewesen. Für Scharner habe Koller nur die Rolle vorgesehen, als Mitglied des Mannschaftsrates das „Team pushen und führen“ zu sollen.

„Diese Rolle kann ich nicht akzeptieren und dafür kann ich mich auch nicht zur Verfügung stellen“, sagte Scharner, der vor Saisonbeginn ablösefrei von West Bromwich Albion an die Elbe gewechselt war, „dann kann ich mich besser mit voller Kraft dem HSV widmen.“ Trainer Thorsten Fink meinte, er wolle erst persönlich mit seinem Spieler sprechen, bevor er eventuell Konsequenzen zieht: „Ich weiß nicht genau, was vorgefallen ist.“

Allerdings sorgt Scharner nicht zum ersten Mal in seiner Karriere für negative Schlagzeilen. 2003 verweigerte er bei Austria Wien unter Trainer Joachim Löw die Einwechslung. Im August 2006 erklärte Scharner, er sehe sich aufgrund der unprofessionellen Strukturen innerhalb des ÖFB außer Stande, jemals wieder für sein Land spielen zu können.

Der damalige Nationaltrainer Josef Hickersberger kam diesem Wunsch nach und holte Scharner auch nicht zurück, als dieser vor der EM im eigenen Land um Rehabilitation bat. Erst unter dessen Nachfolger kehrte er zurück und sorgte vergangenes Jahr erneut für einen Eklat, indem er Trainer Dietmar Constantini rauswerfen lassen wollte und Scharner als Spielertrainer das Kommando übernehmen wollte.