Logistikunternehmer Klaus-Michael Kühne könnte als erster Investor im Rahmen des Projekts Anstoß³ dem HSV einen Spieler finanzieren.
Hamburg. Klaus-Michael Kühne ist nicht mehr der Schnellste, er hat keine elegante Ballbehandlung, kann weder gefährlich flanken noch schießen und auch sein taktisches Spielverständnis ist nicht überdurchschnittlich ausgeprägt. Und trotz aller offensichtlichen Mängel auf dem Platz könnte der Wahl-Schweizer zum spektakulärsten Neuzugang dieser Saison für den HSV werden - abseits des Platzes.
Nach Abendblatt-Informationen denkt Logistikunternehmer Klaus-Michael Kühne derzeit intensiv darüber nach, ob er sich im Rahmen des seit zwei Jahren vorbereiteten Projekts Anstoß{+3} mit einem zweistelligen Millionenbetrag beim HSV engagieren will. "Ich kann mir eine finanzielle Unterstützung vorstellen, allerdings nur, wenn mich das sportliche Konzept des Vereins für die Zukunft überzeugt", sagte Kühne dem Abendblatt. Zur genauen Höhe einer Finanzspritze wollte sich der in Zürich lebende HSV-Sympathisant nicht äußern, nach Abendblatt-Informationen soll es sich um bis zu zehn Millionen Euro handeln.
Der Plan, ortsansässige Investoren an Spielertransfers zu beteiligen, entstand bereits vor zwei Jahren (das Abendblatt berichtete). Intern wurde das Projekt damals "Anstoß{+3}" getauft. Die Hochzahl ergab sich aus dem Wunsch, möglichst drei finanziell potente Geldgeber aus dem Hamburger Raum zu finden. Die jeweils eingezahlten Summen würden zweckgebunden verwendet, sich also immer auf einen bestimmten Transfer beziehen. Das prozentuale Verhältnis zwischen Verein und Geldgeber soll sich nach dem Investitionsvolumen sowie der Ablösesumme richten. "Um den Leistungsstand der Mannschaft zu steigern, muss man innovative Wege gehen und alle Möglichkeiten prüfen. Dazu gehört auch unser Projekt Anstoß{+3}, das nur in einer wirtschaftsstarken Stadt wie Hamburg möglich ist", erklärt Vereinschef Bernd Hoffmann auf Abendblatt-Nachfrage.
Kühne, der Mehrheitseigner der internationalen Spedition Kühne & Nagel und Großaktionär bei der Hamburger Traditionsreederei Hapag-Lloyd ist, gehört zu den ersten Ansprechpartnern aus der Wirtschaft, denen Hoffmann das Projekt vorstellte. Und der 72-Jährige signalisierte schnell Bereitschaft, sich für seinen Lieblingsklub finanziell zu engagieren. Bereits bei dem Millionen-Transfer Marcus Bergs wurde darüber nachgedacht, erstmals einen Investor direkt zu beteiligen, und auch bei der im Winter gescheiterten Verpflichtung Vagner Loves wurde die Möglichkeit geprüft, externe Geldgeber hinzuzuziehen. In den vergangenen Wochen soll es laut Abendblatt-Informationen nun endlich zu zwei Treffen zwischen Hoffmann und Kühne gekommen sein. Kommende Woche ist ein weiteres geplant. Auch den neuen HSV-Coach Armin Veh und dessen Trainingsphilosophie möchte und soll Kühne schon bald persönlich kennenlernen. "Der HSV kann bei diesem Projekt nur gewinnen. Klaus-Michael Kühne wäre ein verlässlicher Partner und ist in der Wirtschaft hoch angesehen", sagt Hoffmann. In den nächsten zwei bis vier Wochen soll die Entscheidung fallen, ob der charismatische Unternehmer mit seinen Millionen den Hamburgern tatsächlich unter die Arme greifen wird. "Noch ist nichts unterschrieben", stellt Kühne klar. Und alleine möchte er sich ohnehin nicht engagieren, fordert noch weitere Geldgeber aus der Wirtschaft. Die Millionen sollen seiner Meinung nach möglichst als Beteiligung für mehrere neue Spieler fließen. Kühne könnte dann später am Verkaufserlös der von ihm mitfinanzierten Akteure partizipieren. Vom sportlichen Leiter Urs Siegenthaler ist Kühne bereits "voll überzeugt", wie er sagt. Der charismatische Unternehmer hätte sich sogar gewünscht, dass Siegenthaler noch mehr Kompetenzen beim HSV bekommt. Er selbst, das stellt Hoffmann unmissverständlich klar, würde trotz einer Millioneneinlage keinerlei Kompetenzen im operativen Geschäft erhalten. So soll Investoren, die einen Transfer beim HSV teilweise oder komplett finanzieren, kein Anspruch auf eine Entscheidung, ob und wann ein Spieler wieder verkauft wird, eingeräumt werden. Selbst wenn ein mit externen Geldern finanzierter Spieler am Ende seiner Vertragslaufzeit ablösefrei gehen würde, sieht das Projekt Anstoß{+3} vor, dass potenzielle Geldgeber wie Kühne keinerlei Anspruch auf eine Entschädigung hätten. Sie würde lediglich bei einem Weiterverkauf zu einem höheren Preis prozentual am Mehrerlös beteiligt werden. Hoffmann, der mögliche Kritik von den HSV-Mitgliedern vorbeugen will, betont zudem, dass der Verein die Fäden in der Hand behält: "Niemand muss sich sorgen, dass der Verein stückweise verkauft wird. Die gesamte Entscheidungsgewalt bleibt zu jedem Zeitpunkt in unserer Hand."
Und obwohl die Zusammenarbeit zwischen Kühne und dem HSV längst noch nicht perfekt ist, hat der Unternehmer schon einen Wunschspieler parat, den er gerne im HSV-Trikot sehen würde: Wolfsburgs Stürmer Edin Dzeko. Der ist schnell, hat eine gute Ballbehandlung, kann flanken und schießen und besitzt auch über ein ausgeprägtes Spielverständnis. Doch ob das Geld aus der Wirtschaft für den aktuellen Bundesliga-Torschützenkönig ausreicht, dessen Ablösesumme bei 40 Millionen Euro liegen soll, daran zweifelt selbst Kühne.