Der Nationalspieler unterstellt mangelhafte Einstellung - und erntet dafür seinerseits Kritik
Hamburg. Wie wichtig der Erfolg für eine ruhige Sommerpause ist, das weiß jeder Fußballprofi. "Du gehst mit einem guten Gefühl in den Urlaub und genießt die freien Tage", so HSV-Kapitän David Jarolim, "das fällt allerdings aus, wenn du unzufrieden pausieren musst." Und wie dramatisch diese Kehrseite aussehen kann, das erlebt derzeit der HSV, der in der kommenden Spielzeit erstmals seit 2002/2003 nicht international vertreten sein wird.
Zuerst monierte Eljero Elia in einem niederländischen Internetportal einmal mehr, er sei in Hamburg medizinisch falsch behandelt worden. Zuvor ließ Zé Roberto verlauten, er plane schon länger, seine Karriere zu beenden - trotz seines bis 2011 beim HSV laufenden Vertrages. Dann konnte sich selbst der als besonnen geltende Joris Mathijsen nicht zügeln, kritisierte den Vorstand und äußerte Wechselgedanken. Auf Nachfrage des HSV bestritten alle drei zwar derartige Aussagen, ein fader Beigeschmack blieb jedoch.
"Wir sind zu Recht nicht in die Europa League gekommen"
Wie jetzt bei Marcell Jansen. Im Interview mit dem Internetportal "ran. de" setzte der Nationalspieler im DFB-Camp in Sizilien zum Rundumschlag an und unterstellte seinen HSV-Kollegen mangelhafte Einstellung. Er ging sogar so weit, von einem fahrlässig abgeschenkten Spiel zu sprechen. "Als die Mannschaft die Saison wie beim 1:5 in Hoffenheim austrudeln ließ, wären die erfahrenen Spieler in der Pflicht gewesen. Das habe ich aber vermisst. Das ganze Jahr über wird von Führungsspielern geredet, und dann ist keiner da", so Jansen, der ergänzt: "Ich jedenfalls habe nur einen Frank Rost gesehen, der sich zerrissen hat." Deshalb sei der Misserfolg die logische Konsequenz: "Wir sind völlig zu Recht nicht in die Europa League gekommen."
Schließlich habe er schon seit Saisonbeginn die zu frühe Zufriedenheit beim HSV angeprangert. "Am Anfang der Saison, als wir mal vier, fünf Spiele gewonnen haben, wurde in der Kabine immer wieder von der Meisterschaft geredet. Ich habe gedacht: Jungs, ihr wisst doch eigentlich, wie es läuft - und habe innerlich mit dem Kopf geschüttelt. Alle Teams, die damals hinter uns standen, haben uns überholt. Alle! Wie kann man sich am sechsten, siebten Spieltag feiern lassen?" Besserung erhofft er sich von der neuen Führungscrew: "Urs Siegenthaler kenne ich sehr gut aus der Nationalmannschaft, mit Bastian Reinhardt habe ich ja noch zusammengespielt. Beide werden uns hoffentlich voranbringen", sagt Jansen.
Offen bleibt, warum Jansen seine Kollegen so attackiert. Zumal er im Gegensatz zu Elia und Mathijsen weiter zu seinen Aussagen steht. Denn er veröffentlichte das besagte Interview auf seiner "Facebook"-Internetseite und bestätigte alles noch einmal gegenüber dem Abendblatt. Sehr zum Ärger seines neuen Sportchefs Reinhardt, der nach der WM auch das persönliche Gespräch mit Jansen suchen will: "Auch wenn unsere Spieler bei der WM sind, gelten unsere Regeln: Es sollte sich keiner über seine Mitspieler äußern."