Haben Sie nach dem Halbfinal-Nordderby mal mit einem echten HSV-Fan gesprochen? Das dürfte kaum möglich gewesen sein.

Die Leere, die diese Menschen momentan spüren, lässt sinnvolle Unterhaltungen nur bedingt zu. Obwohl der HSV von drei Nordderbys eigentlich nur ein einziges wirklich verloren hat, stehen die Bremer in zwei Finalpartien, und der HSV kann sich maximal rühmen, bis kurz vor Toreschluss auf drei Hochzeiten mitgetanzt zu haben.

Die Enttäuschung der Fans könnte kaum größer sein. Sie träumten von Berlin, von Istanbul, und jetzt müssen sie aufpassen, dass sie beim Zappen am TV-Gerät am 20. und 30. Mai nicht aus Versehen auf der Liveübertragung der Endspiele landen, wo dann die Hamburger "Vorstädter" mit dem grünen W auf den Hemden um Titel und Triumphe kämpfen und den eigenen Verdrängungsprozess abrupt beenden und die nächste emotionale Krise auslösen.

Eines aber sollten HSV-Anhänger, -Profis und -Verantwortliche nicht tun: diese Saison als Frusterlebnis abhaken. Denn mit einer derartigen Anbschlussbewertung täte man Martin Jols Team unabhängig vom Abschneiden in der Bundesliga nicht recht. Die Spielzeit 2008/09 war und ist ein weiterer Schritt der Rothosen zurück in den Kreis der international hochwertigen Klubs, der von Klubboss Bernd Hoffmann so sehr angestrebten Top 20.

Der HSV hat personelle und strukturelle Fortschritte gemacht, seinen Zuschauern jede Menge Spaß bereitet, und in Anbetracht der mittelfristigen Zukunft - 2015 wird ein Großteil der Stadionkosten-Tilgungen geleistet sein - wird dieser Verein sich voraussichtlich im oberen Drittel der Liga dauerhaft etablieren können.

Klar, gerade wegen der prestigeträchtigen Derbys sind solche Blicke in die Zukunft ein schwacher Trost (wenn es überhaupt einen gibt), aber die Alternativen zu solch frustrierenden Erlebnissen wie dem jüngsten 2:3 sind auch nicht wirklich akzeptabel. Stellen Sie sich vor, der HSV stünde in der Liga wie jetzt auf Rang fünf, wäre im Uefa-Pokal bei Galatasaray rausgeflogen und hätte sich im DFB-Pokal im Achtelfinale verabschiedet. Dann könnte jetzt jeder von einer durchwachsenen Saison sprechen, sich ärgern und schwarzmalen. Aber so, mit Derbys auf Augenhöhe, mit glänzenden Perspektiven und vielen neuen Erkenntnissen, die diese Mannschaft reifen lassen, wird der HSV gestärkt in die nächsten Wochen und Monate gehen. Diese Saison kann gar nicht mehr zu einer Enttäuschung werden. Und die Leere der Fans wird auch bald verschwinden. Hoffentlich schon am Sonntag.