HSV-Trainer Martin Jol hat die ständigen Partien zwischen seinem HSV und Werder Bremen satt und Michael Gravgaard hadert mit seinem Missgeschick.

Hamburg. Ein einfaches Stück Papier erhielt ungewollt eine Hauptrolle im dritten Akt des Nordderbys - für den HSV ein Stolperstein, für Werder ein Schlüssel zum Erfolg zur möglichen Uefa-Pokal-Siegprämie in Millionenhöhe. 2,5 Millionen Euro kann die Papierkugel wert sein, die im Uefa-Cup-Halbfinale Werder Bremen den Weg ins Endspiel ebnete und alle Träume des HSV zerplatzen ließ. Die von einem Zuschauer der Partie gegen den Hamburger SV (3:2) aufs Spielfeld geschleuderte faustgroße Kugel lenkte in der Schlussphase den rollenden Ball ab, so dass HSV-Abwehrspieler Michael Gravgaard ihn nicht richtig traf und unglücklich zur Ecke leitete. Danach fiel das entscheidende 3:1 für Werder. Die Vorentscheidung, die das Aus eigentlich besiegelte.

Wirklich verarbeitet ist der Schock aus der vergangenen Nacht beim HSV noch nicht. Und David Jarolim stand es noch immer ins Gesicht geschrieben, als er als erster Profi am Freitagmorgen auf die Trainingsanlage kam. Der Tscheche wirkte übermüdet, hatte kaum geschlafen: „Das ist der traurigste Moment für einen Fußballer überhaupt“, erklärte der Kapitän, dass es ihm noch immer schwer falle, die richtigen Worte zu finden und darüber zu sprechen. „Eigentlich ist das Erreichen des Uefa-Cup-Halbfinales schon ein großer Erfolg, aber jetzt tut es sehr weh."

Etliche Reporter warteten vor den HSV-Katakomben, und viele beschäftigte besonders eine Frage: Was ist mit Ivica Olics Knie? Der Kroate klagte nach dem Abpfiff über Schmerzen und der Verdacht auf einen Kreuzbandriss kam auf. Eine Kernspintomographie am Nachmittag brachte dann aber entgültige Klärung und die Entwarnung: das linke Knie ist lediglich geprellt. Auch Alex Silva wird sich einer solchen Untersuchung unterziehen müssen, er klagt über Schmerzen im rechten Oberschenkel.

Beide drohen am Sonntag beim Bundesliga-Spiel, dem vierten Duell mit Werder Bremen, auszufallen. Auch Guy Demels Einsatz ist wegen Leistenbeschwerden fraglich.

Kapitän Jarolim hofft aber, dass die Mannschaft nun nicht hinschmeißt und sich in Bremen ein letztes Mal reinhängt: „Wir müssen professionell sein und uns sammeln, und nur an das Spiel am Sonntag denken. Denn es geht für uns immer noch um sehr viel.“ Nach zwei bitteren Niederlagen in wichtigen Spielen, kann die Bundesliga-Partie die Saison zwar nicht mehr retten, die Hamburger könnten sich aber den angestauten Frust von der Seele schießen.

Nach dem vierten Spiel ist es dann auch endlich vorbei mit den „Bremen-Wochen“. „Ich kann Werder im Moment nicht mehr sehen“, machte auch Trainer Martin Jol deutlich, dass Bremen alles anderes als ein angenehmer Gegner war.

Die Papierkugel, die den HSV das Finale kostete, wird aber auch dem Trainer in Erinnerung bleiben, und hat schon jetzt Kultstatus und Unglücksrabe Gravgaard haderte unterdessen mit seinem Missgeschick: “So viel Pech kann man doch gar nicht haben. Ich habe mich voll auf den Ball konzentriert, und plötzlich sprang der einfach weg.“ So viel Aufmerksamkeit das Corpus Delicti nach dem Spiel auf sich zog, so unbeachtet lag es zuvor auf dem Rasen. Gravgaard bedachte es erst nach seinem Fehltritt mit einem verärgerten Blick und kickte es vom Feld. Auch sein Trainer hatte wohl lange nicht richtig hingeguckt. „Das ist ja fast wie eine Flasche Coca Cola“, sagte Martin Jol. „Da kann der Junge nichts dafür.“