Der Peruaner sitzt seit Dezember 2009 im Heimaturlaub in Lima fest. Auch psychologische Hilfe konnte ihn bisher nicht zum Abflug bewegen.

Hamburg/Lima. Die Verhandlungen stockten zuletzt, ein neuer hochkarätiger Stürmer ist in Ruud van Nistelrooy gefunden - dennoch hat es einen ebenso simplen wie unüberwindbaren Grund, weshalb HSV-Stürmer Paolo Guerrero seinen auslaufenden Vertrag noch immer nicht verhandeln konnte: Flugangst . Der Peruaner sitzt seit Dezember 2009 im Heimaturlaub in Lima fest. Auch psychologische Hilfe konnte ihn bisher nicht zum Abflug bewegen.

In der vergangenen Woche war deshalb Team-Manager Marinus Bester extra nach Peru geflogen. Der Ex-Profi und Freund Guerreros bestieg zusammen mit Guerrero dreimal (Montag, Mittwoch und Sonnabend) das Flugzeug - zum gemeinsamen Abflug kam es aber nicht. Auch die Hilfe seines Bruders Julio, seiner Mutter Peta und beim letzten Versuch die psychologische Unterstützung seiner Freundin Thalia Echecopary halfen nichts. Guerrero sitzt weiter fest.

"Ich fühle mich nervös, muss sogar schreien, wenn sich das Flugzeug turbulent bewegt", gibt der "kleine Krieger", wie er in Hamburg gerufen wird, offen zu. Der 26-Jährige weiß sogar, wann die Krankheit seinen Ursprung nahm. "Ich hatte immer schon leichte Ängste. Aber im August 2009 hatten wir den schrecklichen Flug aus Guingamp", so Guerrero. Damals hatte der HSV das Qualifikations-Hinspiel zur Europa League mit 5:1 gewonnen, den anschließenden Flug musste die Mannschaft dann aber schon in Paris abbrechen: Hydraulikflüssigkeit war ausgelaufen. "Das war der schlimmste Moment in meinem Leben", erinnert sich der Rekonvaleszent, "ich weiß, dass seitdem mehrere HSV-Spieler Flugangst haben."

Allerdings nicht in seinem Maße. Und der HSV hat reagiert, versucht sogar, Guerrero per Frachtschiff nach Hamburg zu holen. "Wir prüfen derzeit alle Möglichkeiten", bestätigt HSV-Sprecher Jörn Wolf.

Ein schwieriges Unterfangen, denn der Rücktransport würde sich in die Länge ziehen. Wenigstens drei Wochen, wie Schiffsbroker Jörg Stehn (Stehn und Co. Schiffsmakler Hamburg), zu berichten weiß. "Eine durchschnittliche Geschwindigkeit von 15 Knoten bei Frachtschiffen vorausgesetzt würde bei 6450 Seemeilen aus Callao nach Hamburg 18 Tage bedeuten. Dazu muss man einen bis zwei Schlechtwettertage einkalkulieren und oft auch zwei, drei Tage Wartezeit vor dem Panamakanal. Des Weiteren kann es durchaus zu drei bis sechs Tagen Verzögerung durch das Anlaufen verschiedener Häfen kommen. Realistisch betrachtet dürften so nicht weniger als 21 Tage einzuplanen sein. Wahrscheinlicher ist es sogar, mit knapp einem Monat zu rechnen", so der Geschäftsmann.

Das würde bedeuten, der HSV müsste eine logistische Meisterleistung hinlegen, sollte nicht auf das aktuell stattfindende Rehablitationstraining verzichtet werden. Und nur eine ständige medizinische Betreuung würde den Heilungsverlauf beim Angreifer nicht gefährden.

Andere Wege scheint es nicht zu geben, schließt man den starken Einsatz beruhigender Medikamente bis hin zur Betäubung mal aus. Und das verbessert die Karten Guerreros, der im Härtefall pro Saison bei zwölf Bundesliga-Auswärtsspielen sowie im internationalen Wettbewerb alternativ transportiert werden müsste, im Poker um seine Vertragsverlängerung ebenso wenig wie die Verpflichtung van Nistelrooys. "Seine Verhandlungssituation hat sich grundsätzlich verändert", umschreibt Klubboss Bernd Hoffmann vorsichtig, womit nicht wenige rechnen: Guerreros Zeit in Hamburg scheint zum Saisonende hin auszulaufen.