Der Stürmerstar ließ sich von seiner Familie begleiten, steigt heute mit Reha-Coach Markus Günther ins Training ein: “Mein zuletzt verletztes Knie hält perfekt.“

Hamburg. Es dauerte nicht lange, ehe die Nachricht von "Van the Mans" Ankunft in Hamburg in den unendlichen Weiten des Internets die Runde machte. Um 13.28 Uhr jubelte ein User: "Er ist wirklich da!" Und obwohl es die Netzgemeinde noch immer nicht so richtig glauben konnte, hatte der online-affine HSV-Fan recht. Denn mit "er" war Ruud van Nistelrooy gemeint - und der war Sekunden zuvor mit Ehefrau Leontien und Berater Rodger Linse in einem Privatflugzeug am Geschäftsfliegerzentrum GAT aus Madrid eingeflogen. Hamburgs neuer Stürmerstar kletterte den Ausstieg runter, winkte den knapp 30 hinter einem Sicherheitszaun wartenden Fotografen und Kameramännern zu und begrüßte die HSV-Teammanager Marinus Bester und Jürgen Ahlert. Mit einem schwarzen Mercedes-Van ließ sich der 33-Jährige zunächst ins Hotel Elysee und anschließend zur Präsentation in die Arena kutschieren.

Selbst Bernd Hoffmann konnte den spektakulären Transfercoup bei der offiziellen Präsentation des Neuzugangs vor 150 Medienvertretern nur schwer in Worte fassen. "Wir sind stolz, einen Spieler wie Ruud van Nistelrooy zum HSV und in die Bundesliga geholt zu haben", sagte der strahlende HSV-Chef, ehe er das Mikrofon an den Star des Tages überreichte. Und der Niederländer, der den Medienauflauf lächelnd, aber äußerlich eher defensiv über sich ergehen ließ, begann seine Vorstellung zunächst mit einer Entschuldigung. Es tue ihm leid, dass er so schlecht deutsch spreche, aber er wolle es trotzdem versuchen, sagte "van Gol" mit ruhiger Stimme, die so gar nicht so seinem angriffslustigem Spiel auf dem Platz passt - und natürlich im fast perfekten Deutsch.

Mit dem Understatement war es dann aber auch schnell vorbei. "Ich habe immer hohe Ambitionen, bin nie fertig. Mein Ziel ist es, mit dem HSV etwas zu gewinnen", sagte van Nistelrooy, der sich dann doch nach einem ihm fehlenden Wort bei Pressesprecher Jörn Wolf erkundigen musste: "Torschützenkönig". Keine Frage, Ruud van Nistelrooy - bei der Präsentation elegant im schwarzen Anzug, grauer Krawatte und weißem Hemd gekleidet - brennt darauf, zu beweisen, dass noch immer ein echter Torjäger ist - trotz seines Alters und der anderthalb Jahre mit wenig Spielpraxis. "Ich habe ein sehr gutes Gefühl. Mein zuletzt verletztes Knie hält mittlerweile perfekt, nur mit der Muskulatur habe ich noch kleinere Probleme", sagte van Nistelrooy, der bereits am Wochenende einen Vertrag bis zum 30. Juni 2011 unterschrieben hatte. Ab heute ("Ich werde mich pünktlich um 10 Uhr melden") will er mit Reha-Trainer Markus Günther zunächst individuell trainieren und seinen Muskelfaserriss in der Wade auskurieren, ehe er in der kommenden Woche ins Mannschaftstraining einsteigen kann. Und spätestens dann ist er tatsächlich und so richtig da.

Ein "sehr gutes" Telefonat mit Trainer Bruno Labbadia habe ihn endgültig überzeugt, beim HSV zu unterschreiben, erzählte van Nistelrooy, der die Bundesliga bereits als Kind jeden Sonnabend mit seinem Vater in der "Sportschau" verfolgte. Er habe in England und Spanien Erfolg gehabt, nun wolle das auch in der dritten Premiumliga Europas fortsetzen. Dass er dafür nach seinen Engagements bei Manchester United und Real Madrid einen vermeintlichen Rückschritt nach Hamburg mache, störe ihn überhaupt nicht. "Ich freue mich auf das erste Spiel in der Europa League mit dem HSV gegen meinen ehemaligen Verein Eindhoven", sagte der nach Madrids Raúl beste Champions-League-Torjäger aller Zeiten. Die Verhandlungen über die finanziellen Modalitäten haben laut Hoffmann nach dem anderthalbstündigen Gespräch zwischen Labbadia und van Nistelrooy nur noch anderthalb Minuten gedauert. "Dieser Transfer hat mir ein Stück weit den Glauben an den Fußballsport zurückgegeben", sagte der HSV-Vorsitzende, der von van Nistelrooys "Professionalität", "Mentalität" und von seinem unbedingten Willen, zum HSV zu wechseln, beeindruckt war.

Nach der halbstündigen Fragerunde und einem letzten Blitzlichtgewitter im Stadion hatte van Nistelrooy am frühen Nachmittag erstmals Zeit, in seiner neuen Wahlheimat so richtig durchzuatmen. Und während die HSV-Fans in den Internetforen bereits von Toren, Titeln und Triumphen träumten, genoss der Neu-Hamburger eine Stadtrundfahrt mit der Großfamilie van Nistelrooy. Neben Ehefrau Leontien waren auch Vater Tiny, dessen Frau und seine Schwiegereltern, die in der Nacht extra mit dem Auto aus den Niederlanden angereist waren, dabei. Nur Tochter Moa Annette (3) und Sohn Lian (1) blieben bei van Nistelrooys Mutter in Madrid, sollen erst nachkommen, wenn eine geeignete Wohnung gefunden ist: "Von Rafael van der Vaart und auch von vielen anderen habe ich über Hamburg nur Positives gehört. Ich bin mir sicher, dass wir uns hier wohl fühlen werden."