Hamburger SV gegen den FC Bayern München. Morgen steigt der 91. Nord-Süd-Gipfel - Wechsel zwischen den Klubs gab es häufig.

Hamburg. Bevor er gestern trainieren konnte, musste er einen Anruf annehmen. "Mensch, Markus, schön, dich zu hören", freute sich HSV-Verteidiger Marcell Jansen, ehe er nach einer kurzen Pause seinem telefonischen Gegenüber sagte: "Mach dir da mal keinen Kopf! Die Saison ist doch noch lang." Tröstende Worte, die einem Freund galten. "Markus Hörwick", klärte Jansen auf. Hörwick ist der Pressesprecher des bislang enttäuschenden FC Bayern München , des nächsten Gegners und letzten Vereins Jansens. "Wenn man sich so lange kennt, ist es doch klar, dass der Kontakt bleibt. Die Wege sind halt noch sehr kurz."

Das waren sie in den letzten zehn Jahren sowieso. Zumindest wenn man sich die Transferpolitik ansieht. So könnten im morgigen Nord-Süd-Klassiker (20.30 Uhr, Imtech-Arena) gleich acht Spieler zum Einsatz kommen, die schon für beide Klubs aktiv waren. Insgesamt 23,5 Millionen Euro wechselten so von der Elbe zur Isar und andersrum. Beim HSV spielten neben Jansen noch Zé Roberto, Paolo Guerrero, Piotr Trochowski und David Jarolim, der beim 1. FC Nürnberg eine Zwischenstation hatte, einst für den Rekordmeister. Sie treffen mit Jörg Butt, Daniel Van Buyten und Ivica Olic (sofern alle gesund sind) auf drei ehemalige Hamburger. Ein Freundschaftsspiel? Mitnichten. "Das Spiel ist für beide Vereine zu wichtig. Wer verliert, verliert auch den Anschluss an die Tabellenspitze", sagt Zé Roberto. Weder für ihn noch für die anderen Ex-Bayern-Profis zählt die Vergangenheit im 91. Nord-Süd-Gipfel. "Ich verkneife mir keinen Jubel, wenn ich treffe", unterstreicht der Brasilianer seine Abnabelung.

Allerdings ist der 36-Jährige auch ein Beispiel für einen Wechsel, dem eine Enttäuschung vorausgegangen war. Schließlich wollten ihm die Bayern vor der Saison 2009/2010 nicht den geforderten Zweijahresvertrag geben. Den erhielt er dafür beim HSV. "Die Verhältnisse haben sich nicht sonderlich verschoben", analysiert HSV-Sportchef Bastian Reinhardt das erhöhte Aufkommen von Transfers zwischen Hamburg und München. "Wer zum FC Bayern geht, erhöht gegenüber allen anderen deutschen Klubs die Wahrscheinlichkeit, einen Titel zu holen. Zudem haben sich die Bayern in den letzten Jahrzehnten mit großen Erfolgen die Möglichkeit erarbeitet, mit größeren Gehältern locken zu können. Aus München gehen eigentlich nur die weg, deren Vertrag nicht verlängert wird. Wie Zé. Oder eben die Spieler, die nicht dauerhaft spielen." Beispiele hierfür sind alle anderen ehemaligen Bayern beim HSV.

Insbesondere die extreme Qualitätsdichte des Bayern-Kaders ist dabei die Chance für kleinere Klubs, Spieler aus München loszueisen. Während internationale Topspieler verpflichtet werden, fallen immer wieder Talente durchs Raster. Wie einst Piotr Trochowski und Paolo Guerrero. Sie lockte der HSV mit mehr Einsatzzeiten. Ebenso wie zuletzt 2008 Jansen, der von seinem Trainer Jürgen Klinsmann in München keine Einsatzgarantie erhielt. "Ich wusste, dass ich in Hamburg alles haben kann, was ich auch in München hatte", sagt Jansen, "plus Einsatzzeiten. Es ist nicht mehr so, dass ein Spieler zwingend zu Bayern geht, wenn er von denen und vom HSV ein Angebot hat. Deren Ausnahmenstellung gibt es so nicht mehr." Eine Erklärung dafür liefert er gleich mit: "Ich habe in Hamburg die genauso hohe Lebensqualität, eine Perspektive mit der Aussicht, sportlich alles erreichen zu können."

Das sah auch Ivica Olic so. Der Kroate hatte vom HSV 2008/2009 ein Angebot zur Vertragsverlängerung, das er annehmen wollte, obwohl es finanziell schwächer als das der Bayern war. "Ich habe mich wohlgefühlt", so Olics Erklärung damals, "aber irgendwann musste ich mich entscheiden." Und das war, als das HSV-Angebot in letzter Sekunde vom Vorstand zurückgezogen wurde. Bayern hingegen machte finanziell ernst. "Romantik gibt es nicht im Fußball. Die Topspieler, ob von uns oder anderen Bundesligaklubs, werden sich trotz allem immer eher für ein Angebot des FC Bayern entscheiden, als zu bleiben oder woandershin zu wechseln", sagt Reinhardt. Wissend, dass die Münchner zuletzt an Eljero Elia ihr Interesse angemeldet haben. "Der Vorsprung der Bayern", und hier widerspricht der Sportchef Jansen, "ist trotzdem noch zu groß. Und finanziell kann niemand mit denen konkurrieren." Dafür sportlich. Immerhin gingen die Hamburger in den letzten sieben Spielen nur einmal als Verlierer vom Platz.