Van Nistelrooy ist topfit, Jansen lobt den Charakter und Veh freut sich über Konkurrenz. Die Frage: Bricht der HSV diesmal nicht ein?

Hamburg. Die Freude über den gelungenen Saisonstart war bei Spielern, Trainer und Fans des Hamburger SV am Sonnabend groß. Mit dem 3:1-Erfolg nach 0:1-Rückstand in Frankfurt legte der HSV mit sechs Punkten aus zwei Spielen einen perfekten Start in die Saison hin. Nach dem Theater um Urs Siegenthaler und Investor Klaus-Michael Kühne setzten Hamburgs Profis auf dem Platz Ausrufezeichen und lenkten den Fokus wieder auf den sportlichen Weg des Vereins. Dennoch bleiben die Erinnerungen an die vergangenen Spielzeiten, in denen der HSV ähnlich gut in die Saison startete und am Ende eine glänzende Ausgangsposition verspielte. Nun soll in dieser Saison alles anders werden! Doch die Fragen bleiben: Wie stark ist der HSV wirklich und hat sich die Elf charakterlich weiterentwickelt? Abendblatt.de analysiert, was für eine erfolgreiche Saison der "Rothosen" spricht und welche Gefahren dem HSV drohen ...

Keine Dreifachbelastung!

In den vergangenen beiden Spielzeiten kam der HSV jeweils bis ins Halbfinale der Europa League. Tolle Erfolge, die jedoch viel Kraft kosteten. Im Bundesliga-Endspurt fehlte diese dann. Auch deshalb verpassten die Hamburger im Mai die Qualifikation für den internationalen Wettbewerb und tanzen in dieser Saison nur auf zwei Hochzeiten. Bundesliga und DFB-Pokal. Allein in der Europa League absolvierten Frank Rost und Co. zuletzt 18 zusätzliche Spiele. Ohne die "englischen Wochen" mit dem Spielrhytmus Sonntag-Donnerstag-Sonntag sollte dem HSV dieses Mal nicht die Puste ausgehen ...

Ein guter Saisonstart - das gab's schon häufig!

Trainer und Mannschaft sind gut beraten, nach zwei Siegen auf die Euphoriebremse zu treten - und tun dies auch! Zwar zeigte sich die Mannschaft bei den Erfolgen gegen Schalke und Frankfurt spielstark und gefestigt, dennoch ist die Aussagekraft über die Leistungen zu Saisonbeginn noch nicht allzu hoch. Rückblende: In der vergangenen Saison standen die Hamburger vom 4. bis zum 7. Spieltag an der Tabellenspitze, holten aus den ersten sieben Partien 17 Punkte. In der Rückrunde folgte bekanntlich der Absturz, der mit Rang sieben und einer europapokalfreien Saison endete. Der HSV verlor im Endspurt gleich sechs Mal auswärts!

Konkurrenz belebt das Geschäft - oder sorgt für Ärger?

Neu-Trainer Armin Veh wollte auf allen Positionen den Konkurrenzkampf beleben. Das ist ihm gelungen, denn im Tor streiten Frank Rost und Jaroslav Drobny um die Vorherrschaft, in der Offensive will Piotr Trochowski zurück in die Startelf, Neuzugang Gojko Kacar kämpft gegen Zé Roberto und David Jarolim um einen Platz im defensiven Mittelfeld und HSV-Topstürmer Mladen Petric musste in Frankfurt gar 90 Minuten lang vom Spielfeldrand zusehen. Noch härter traf es Robert Tesche, der nach einer gelungenen Vorbereitung dem System zum Opfer fiel und gar nicht zum HSV-Kader gehörte. Veh freut sich über das Engagement seiner Spieler, sagt jedoch: "Es wird immer Härtefälle geben." Das gefällt Mladen Petric jedoch gar nicht. Der Kroate war über seinen Platz auf der Bank mächtig sauer und vermisst das Vertrauen des Vereins. Angeblich soll es für den Stürmer Interessenten geben, am Dienstag endet aber schon die Transferperiode. Da ein Petric-Ersatz jedoch nicht in Sichtweite ist, wird der HSV ihn wohl eher nicht ziehen lassen. Eins ist jedoch klar: Sitzt Petric dauerhaft nur auf der Bank, droht Ärger. Denn der 29-Jährige kritisierte schon in der vergangenen Spielzeit Ex-Trainer Bruno Labbadia öffentlich, würde sich wohl nicht still mit einer Reservistenrolle abfinden. Trotzdem ist die neue Breite des HSV-Kaders ein großes Plus für Armin Veh. Schließlich belebt Konkurrenz das Geschäft ...

Zeigt der HSV in dieser Saison Charakter?

Als die "Rothosen" im Endspurt der vergangenen Saison sowohl auf dem Platz, als auch Abseits eine schlechte Figur abgaben, meldete sich Nationalspieler Marcell Jansen zu Wort und kritisierte den Charakter seiner Mitspieler. Obwohl mit Neu-Kapitän Heiko Westermann nur ein einziger Neuzugang in der Startelf der ersten beiden Partien stand, scheint im Team ein Umdenken stattgefunden zu haben. Das jedenfalls sieht Kritiker Jansen so: "Der Charakter stimmt jetzt, wir haben aus der vergangenen Saison gelernt", attestiert der Links-Allrounder.

Ein van Nistelrooy in Topform!

Nach vielen Verletzungen und fast eineinhalbjähriger Pause absolvierte Stürmer Ruud van Nistelrooy zum ersten Mal wieder eine komplette Vorbereitung. Der Niederländer präsentierte sich schon in der Vorbereitung topfit und hochmotiviert. Das zahlt sich nun aus. In den ersten drei Pflichtspielen erzielte "Van the man" gleich sechs Treffer. Ein Doppelpack gegen Schalke, ein Tor in Frankfurt und dreimal im DFB-Pokal. Eine tolle Quote! Das kommt nicht von ungefähr, denn Ruud van Nistelrooy schiebt nach dem Mannschaftstraining regelmäßig Extraschichten. Trainer Armin Veh lobte nach dem Sieg in Frankfurt: "Dass Ruud auch am Schluss noch hellwach ist und 1:1-Situationen gehen kann, zeigt, wie topfit er ist." Bleibt van Nistelrooy also verletzungsfrei, hat der HSV eine echte Torgarantie im Angriff. Van Nistelrooy selbst sagt: "Ich will hier was erreichen. Wir haben viel Qualität in der Mannschaft und wollen weiter wachsen", fügt jedoch an: "Zwei Siege sind ein Traumstart, aber wichtig ist, dass wir jetzt alle ruhig bleiben." Und genau das hat oberste Priorität beim HSV. Ruhig bleiben, von Spiel zu Spiel denken. Manchmal haben diese Fußballerphrasen eben doch ganz viel Gehalt ...