Am Tag nach der Pleite gegen die TSG schwiegen die Profis zu ihrer desolaten Leistung. Sagen Sie uns Ihre Meinung: Ist der HSV noch zu retten?

Sinsheim/Hamburg. Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen - am Tag nach ihrem desolaten Auftritt gegen Hoffenheim verschanzten sich die Profis des Hamburger SV im eigenen Stadion. Vom Flughafen ging es per Taxi direkt in die Tiefgarage der Hamburger Arena. Reden sollten nur der Kapitän, der Trainer und der Sportdirektor - der Rest verpasste sich im Anschluss an das 0:4 (0:2) bei 1899 Hoffenheim einen Maulkorb. Die drei Auserkorenen ließen sich nicht lange bitten und schlugen verbal auf die schweigende Mehrheit ein.

„Wir stehen da, wo wir stehen, weil wir nicht besser sind“, sagte Fink am Donnerstagmittag: „Aber wir stehen auch nicht auf einem Abstiegsplatz, so schlecht sind wir auch nicht.“

Noch am Abend zuvor war er deutlich härter mit seiner Mannschaft ins Gericht gegangen. „Ich habe von meiner Mannschaft keinen Abstiegskampf gesehen. Wir hatten die riesige Chance, Abstand zum Relegationsplatz zu schaffen. Das haben wohl einige nicht kapiert - eigentlich haben es alle nicht kapiert“, sagte Fink frustriert. Der Ärger des Trainers war verständlich. Schließlich hätte der noch nie abgestiegene Bundesliga-Dino nach den Pleiten der Konkurrenz einen großen Schritt Richtung Klassenerhalt machen können.

Doch statt fünf Punkten Vorsprung auf den Relegationsplatz bleibt es bei den zwei Zählern, die der HSV vor dem 1. FC Köln liegt. Für die Hanseaten wird es voraussichtlich bis zum letzten Spieltag um den Klassenerhalt gehen. Nach den Partien gegen Hannover 96, den 1. FC Nürnberg und den FSV Mainz 05 droht dem HSV ein Abstiegsendspiel beim FC Augsburg.

„Wir hatten vorher darüber gesprochen, dass wir mit einem Sieg einen großen Schritt machen können. Im Nachhinein müssen wir jetzt froh sein, dass die Konkurrenten verloren haben. So sind wir glücklicherweise noch in einer guten Position“, sagte Sportchef Frank Arnesen: „Aber wir können nicht hoffen, dass alle anderen am Wochenende wieder verlieren. Am Samstag haben wir schon ein Endspiel. Da muss eine ganz andere Mannschaft auf dem Platz stehen.“

An dem Team, das vor 27.000 Zuschauer in der Rhein-Neckar-Arena auf dem Platz stand, ließ Arnesen kein gutes Haar. „Das 0:4 war sogar noch glücklich. Wir haben nur zehn Minuten gut gespielt. Mit 70 oder 80 Prozent können wir kein Spiel gewinnen. Das ist absolut nicht das, was ich erwarte. So können wir nicht auftreten. Wir haben in manchen Szenen gewirkt wie Statisten“, schimpfte der Däne.

In der Tat zeigte der HSV vor allem in der Defensive eine indiskutable Leistung. Diesen Schuh musste sich auch Kapitän und Abwehrchef Heiko Westermann anziehen. „Wir haben dumme Fehler gemacht. Das Ergebnis ist eine Katastrophe. In unserer Situation können wir sowas einfach nicht abliefern“, sagte der Innenverteidiger und schob dann noch eine Abstiegskampf-Phrase hinterher: „Am Wochenende müssen wir eine Reaktion zeigen.“

Reagiert hatte Hoffenheims Trainer Markus Babbel bereits vor der Partie auf die Heimmisere seines Klubs. Nach neun Heimspielen ohne Sieg ging der Coach mit seinem Team ins Hotel und simulierte so ein Auswärtsspiel. „Das hatte ich schon länger im Kopf, jetzt habe ich es gemacht. So kam mehr Ruhe in die Mannschaft“, erklärte Babbel nach dem ersten Heimsieg unter seiner Regie.

Die Tore von Jannik Vestergaard (17.), Sejad Salihovic (25., Foulelfmeter), Fabian Johnson (51.) und Sven Schipplock (59.) sorgten zudem dafür, dass die Kraichgauer, die vier Punkte Rückstand auf den siebten Platz aufweisen, weiter auf eine Teilnahme an der Europa League hoffen dürfen.

96 will auch gegen HSV wieder „eiskalt zuschlagen“

Die Szenerie nach dem Niedersachsen-Derby mutete ein wenig kurios an und besaß doch Symbolcharakter. Die Spieler von Hannover 96 absolvierten nach dem 2:0-Sieg gegen Wolfsburg eine kleine Ehrenrunde und kreuzten dabei unfreiwillig den Weg der VfL-Profis. Denn die Wolfsburger mussten eine ungewöhnliche Form des Auslaufens absolvieren, die mit den eingebauten Sprints diagonal über den Platz eher wie ein Straftraining wirkte.

Die 96-Fans hatten nach dem Sieg gegen den reichen Nachbarn aus der Autostadt entsprechend viel Spaß und sangen fröhlich: „Wir sind die Nummer eins im Norden.“ Besonders deutlich wird das auch mit Blick auf das nächste Nachbarschafts-Duell am Sonnabend beim Hamburger SV. Der vermeintlich kleine HSV hat den großen im zweiten Jahr hintereinander deutlich abgehängt, der Hannoversche Sportverein von 1896 fährt am Sonnabend als klarer Favorit zum Rivalen.

„Das ist für uns eine gute Möglichkeit zu punkten“, sagte 96-Verteidiger Karim Haggui und verdeutlichte damit die geänderten Kraftverhältnisse. Hannover spielt um eine erneute Europacup-Teilnahme, Hamburg gegen den Abstieg. „Der Dreier war mit Blick auf den Kampf um die Europa-League-Plätze wichtig“, kommentierte Jan Schlaudraff: „Wir wollten den VfL auf Distanz halten und dabei auf die anderen Teams aufschließen.“

Der Hänger nach dem Aus in der Europa League gegen Atletico Madrid und der anschließenden Niederlage bei Schalke 04 dauerte nur kurz. Hannover kämpfte sich gegen die Wolfsburger nach schleppendem Beginn mit bemerkenswerter Leidenschaft ins Spiel und kam durch Mame Diouf (44.) und Didier Ya Konan (77.) zu drei verdienten Punkten. „Das war ganz wichtig, gerade nach den beiden Niederlagen zuletzt“, sagte Trainer Mirko Slomka.

Der Coach blickte wie die meisten Spieler schnell nach vorne. „Beim nächsten Derby am Samstag müssen wir wieder eiskalt zuschlagen und nachlegen“, sagte Slomka und forderte: „Wir dürfen jetzt nicht nachlassen, sondern müssen unsere Position verteidigen.“

Trotz des 46. Pflichtspiels in dieser Saison haben die Hannoveraner offensichtlich noch Kraftreserven. „Wir ziehen die letzten drei Wochen voll durch“, kündigte Schlaudraff an: „Das fängt am Samstag in Hamburg an.“

Und die Wolfsburger? Felix Magath hatte seine eigene Sicht der Dinge und kommentierte: „Das Ergebnis spricht für Hannover, das Spiel für uns.“ Der Trainer und Manager zeigte zudem eine ungewöhnliche Form der Bescheidenheit bei seiner Analyse: „Für uns war wichtig zu sehen, dass wir mit Mannschaften hinter der Spitze mithalten können. Deshalb bin ich zufrieden.“ Und zum merkwürdigen Auslaufen seines Teams sagte er lächelnd: „Damit hab ich ausnahmsweise nichts zu tun.“ (sid/dpa/abendblatt.de)