Die heile Fußball-Welt beim HSV unter Bruno Labbadia hat vor dem Bundesliga-Gipfel gegen Bayern München einen tiefen Riss erhalten.

Osnabrück/Hamburg. Hohn und Spott begleiteten das sensationelle Pokal-Aus des Tabellenführers beim Drittligisten VfL Osnabrück. „Das war ein bitterer Abend für uns. Das werden wir ein Stück mittragen“, kommentierte Labbadia die 2:4-Pleite im Elfmeterschießen. Nach 120 Minuten hatte es in einer denkwürdigen Partie 3:3 gestanden. Davon, dass seine Profis die Underdogs gewaltig unterschätzt hatten und mit ihren Gedanken am Mittwochabend schon beim Samstag-Gegner waren, wollte der HSV-Trainer indes nichts wissen: „Das Bayern-Spiel war nicht in den Köpfen drin.“

Seine Personalmaßnahmen deuteten allerdings auf das Gegenteil hin. Labbadia musste auf den gesperrten Kapitän David Jarolim verzichten und schonte anfangs seine Stammkräfte Eljero Elia, Piotr Trochowski und Jerome Boateng. Zudem spielte der angeschlagene Zé Roberto, vor der Pause bester HSV-Akteur, nur 45 Minuten. Doch die Bankdrücker wie Robert Tesche, Romeo Castelen oder Marcus Berg im Sturm konnten ihre Chancen nicht nutzen. Der zweite Anzug passte nicht. „Nach dem Spiel kann man diesen Eindruck haben. Er trifft aber nicht zu“, entgegnete Labbadia, dessen furios in die Saison gestartetes Team im dritten Auswärtsspiel in Serie erfolglos bleib. „Wir haben in den ersten 60 Minuten viele Dinge nicht gut gemacht“, gab der Coach allerdings zu.

Anders als in Wien (0:3) und Frankfurt (1:1) können die HSV-Profis das Pokal-Aus in Runde 2 nicht mehr ausbügeln. Der erste von drei möglichen Titeln in der Saison ist futsch. Das wurmt Torhüter Frank Rost, der im Elfmeterschießen viermal verladen wurde. „Man kann überall verlieren, aber es kann ja nicht sein, dass ein Drittligist gegen uns zu sieben bis acht 100-prozentigen Torchancen kommt.“ Zugleich lobte er die „tolle Atmosphäre“ in dem mit 16100 Fans ausverkauften Osnabrücker Stadion. „Es macht den Reiz aus, dass der Kleine den Großen raus haut. In der Liga sieht das anders aus“, machte Rost sich und seinen Mitspielern Mut für das Bayern-Match.

„Die Niederlage haben wir uns selbst zuzuschreiben. Das Tor in der Verlängerung darf nicht passieren“ sagte Trochowski. Der Außenseiter führte in dem atemberaubenden Cup-Match durch Niels Hansen (52.) und Benjamin Siegert (67.) schon 2:0, ehe Mladen Petric (77.), Trochowski (90.+2/Handelfmeter) und Guy Demel (100.) das Spiel scheinbar für den HSV drehte. Doch Hennig Grieneisen (116.) erzwang per Distanzschuss das Elfmeterschießen, in dem der überforderte Tesche als erster Schütze am überragenden Osnabrücker Torhüter Tino Berbig scheiterte und Petric als Letzter seinen Strafstoß an den Pfosten setzte.

„Es war ein Riesen-Manko, dass wir das 3:2 nicht über die Bühne gerettet haben. Wir hätten mit einem blauen Auge davon kommen können“, sagte Labbadia. Sein überglücklicher Kollege Karsten Baumann lobte die unglaubliche Willenskraft seiner Mannschaft, die auf den Tag genau 31 Jahre nach dem 5:4-Sensationssieg bei Bayern München an die Osnabrücker Pokaltradition anknüpfte. „Wir sind 90 Minuten das bessere Team gewesen und waren nach dem Ausgleich zum 2:2 am Boden zerstört. Die Jungs sind auf dem Zahnfleisch gegangen“, erklärte Baumann. Nach einer ausgiebigen Jubelfeier blickt er nun entspannt der Auslosung für das Achtelfinale entgegen: „Wir haben den Ersten der Bundesliga geschlagen, da können wir gegen jeden gewinnen.“

Glücklichster Mensch bei der lila-weißen Pokal-Party in der Stadt („Jeder ist ein kleines Stück VfL Osnabrück“) war Einwechselspieler Dennis Schmidt. Sein Handspiel in der Nachspielzeit hätte seine Kollegen fast um den verdienten Lohn gebracht. Kein Wunder, dass er dem Torschützen Grieneisen um den Hals fiel. „Ich habe gesagt, dass ihn ihn liebe“, berichtete Schmidt.

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