Den HSV-Fans stockte beim Anblick dieser Szene der Atem: Beim letzten Nordderby zwischen den Rothosen und Werder Bremen streckte Tim Wiese den heranstürmenden Ivica Olic mit einem Kung-Fu-Tritt nieder.

Hamburg. Die Aktion des Torhüters gegen den HSV-Stürmer beim 0:1 am 7. Mai in Hamburg hatte für große Empörung gesorgt, Franz Beckenbauer sprach damals sogar von einem Mordversuch.

Mit einem ungewöhnlichen Friedensgipfel wollen Ivica Olic und Tim Wiese vor dem 89. Nordderby zwischen dem Hamburger SV und Werder Bremen die Gemüter wieder beruhigen. "Ich kann nur an unsere Fans appellieren, dass sie das Foul vergessen", sagte Olic vor dem brisanten Duell am Sonntag (17 Uhr). "Mit unserem Treffen ist die Sache abgehakt", betonte der Kroate nach dem persönlichen Gespräch mit Wiese auf halber Strecke zwischen beiden Städten in Sittensen.

"Ich kann es nur noch einmal betonen: Tim wollte Ivica Olic nicht verletzen, er wollte sein Tor verteidigen. Und außerdem hat er sich entschuldigt. So langsam könnte man da mal einen Haken hinter machen", appellierte auch Werders Geschäftsführer Klaus Allofs, keine unnötigen Emotionen gegen den Nationalkeeper aufzubauen.

Sportlich bestimmt der Kampf um den Anschluss an die Bundesliga- Spitze das Derby der Hanseaten, die mit Personalsorgen zu kämpfen haben. "Wir können den HSV überholen, das ist ein zusätzlicher Anreiz", sagt Bremens Kapitän Frank Baumann, der sich durch die letzten Erfolge an der Elbe bestätigt sieht. Ein Sieg der Hamburger in ihrer eigenen Arena ist fünf Jahre her: Am 2. Februar 2003 erzielte Sergej Barbarez den Siegtreffer. Mit bisher 20 Punkten würde Werder bei einem Sieg am HSV (23) wegen des deutlich besseren Torverhältnisses vorbeiziehen.

Trainer Thomas Schaaf muss auf den Außenpositionen improvisieren. Der Einsatz von Clemens Fritz auf der rechten Abwehrseite ist mehr als fraglich. Sebastian Boenisch, der sich wie Fritz einen Muskelfaserriss zugezogen hat, fällt aus. Zudem müssen die Bremer auf die langzeitverletzten Daniel Jensen und Martin Harnik sowie den gesperrten Mesut Özil verzichten.

Auch Gegenüber Martin Jol muss erneut umbauen: Kapitän David Jarolim ist nach der fünften Gelben Karte gesperrt, Nigel de Jong bis Weihnachten außer Gefecht. Für ihn soll der brasilianische Neuzugang Alex Silva einspringen. Von den Verstärkungen hat zudem einzig Mladen Petric mit zehn Treffern in 16 Pflichtspielen eingeschlagen. "Wenn er nicht da wäre, hätten wir vielleicht mehr Probleme", sagte Jol, der die Konstanz in seinem Team vermisst. "Unsere Spiele waren zuletzt immer sehr knapp. Also tippe ich auf ein 1:0 oder 2:1 für uns im Nordderby." Trotz der Rekord-Ticketpreise von bis zu 97 Euro wird die Partie voraussichtlich ausverkauft sein.

Während es in Bremen auch nach Niederlagen höchstens Kritik an den Spielern gibt, aber das Umfeld stets besonnen reagiert, ist beim Nordrivalen eine unnötige Diskussion um den Vorstandsvorsitzenden Bernd Hoffmann entbrannt und überlagert das Tagesgeschehen. Vor der Mitgliederversammlung Ende Januar, bei der der Aufsichtsrat neu gewählt wird, bringen sich die unterschiedlichen Lager innerhalb der Anhängerschaft in Position. Angeblich ist es das Ziel einiger Fans, den ihnen zu wirtschaftlich denkenden Hoffmann auszubooten. Öffentlich zugeben will dies aber bislang keiner.