Der Flug war ruhig, die Busfahrt verlief ohne Probleme, alles könnte so gut sein, wenn es da nicht dieses scheußliche Wetter in Österreich geben würde.

Längenfeld. Dauerregen. Und dazu maximal elf Grad, gefühlt dürfte es auf vier Grad hinaus laufen. Lange Gesichter, als der HSV genau um 11.58 Uhr am Hotel Aqua-Dome im Ötztal aus dem Bus kletterte. Trainer Martin Jol scherzte: "Wir wollten dieselben Bedingungen wie in Hamburg, deswegen sind wir hierher gekommen." Auf die Frage, ob es eventuell an ihm liegen könnte, dass die Regenwolken sich seit Tagen über Längenfeld und Umgebung entladen, scherzte Martin Jol wieder: "Vielleicht schreibt die Hamburger Presse ja in sechs Monaten, dass das meine Schuld gewesen ist, aber jetzt können sie das ja noch nicht machen."

Auf jeden Fall ist der HSV bestens in dem Vier-Sterne-Hotel untergebracht, es fehlt an nichts und es gibt jede Menge Freizeitmöglichkeiten. Ob Martin Jol davon etwas nutzen wird, bleibt dahingestellt, denn er sagt: "Ich war schon in vielen Ländern, oft gab es ein ähnliches Angebot, ich nahm mir auch immer mal etwas vor - aber ich bin letztlich zu nichts gekommen. Aber wir sind ja auch nach Längenfeld gekommen um zu trainieren und fit zu werden für die Saison."

So denken sicher auch die Spieler, wenn es auch schwerfällt: Das erste Training findet im Morgengrauen statt. Um 6.45 Uhr findet sich die Mannschaft in der Lobby ein, dann geht es 45 Minuten in den Wald - laufen, laufen, laufen. Um elf Uhr geht es dann auf die beiden Plätze (die auch beide im Wechsel benutzt werden), um 13 Uhr wird gegessen, danach geruht, und die dritte Einheit findet dann um 16 Uhr statt.

So wie am Ankunftstag. Erst wurde mit dem Ball gearbeitet, dann gab es das erste Drittel (15 Minuten) eines Trainingsspielchens. Nach der ersten Pause wurde Kondition "gebolzt" (ohne Ball), dann ging es wieder zurück auf den Nachbarplatz, um das Spiel (in zwei Dritteln) fortzusetzen. Interessant: Bis auf Guy Demel und Joris Mathijsen spielte die Reserve gegen die Stamm-Elf, doch die Reservisten führten nach 15 Minuten durch Sidney Sam 1:0. Paolo Guerrero konnte später noch ausgleichen, so dass Jol im Elfmeterschießen die Entscheidung suchte. Rafael van der Vaart verschoss den einzigen "Elfer" für die Stamm-Mannschaft, für die Reservisten vergaben Sam und Vadis Odjidja-Ofoe - mit dem letzten Schuss.

Auffällig war auch bei dieser Einheit die gute Vorstellung von Neuzugang Jonathan Pitroipa. Jol tut sich zwar schwer, ihn zu loben, überlegte aber und sagte dann: "Heute fange ich ganz oben an, in zwei Monaten muss ich dann nach unten gehen. Ich werde auf dem Teppich bleiben - er hoffentlich auch." Dann aber ließ der HSV-Trainer doch noch eine überaus positive Einschätzung über den "Neuling" aus Freiburg folgen: "Er hat schon besondere Qualitäten. Ich kannte Pitroipa nicht, aber Dietmar Beiersdorfer hatte mir gesagt, dass die halbe Liga hinter ihm her war. Das fand ich zunächst übertrieben, aber wenn ich ihn so sehe. . ."

Sie stimmt wohl doch, die Einschätzung des Sportchefs, der am Wochenende noch einen Schreck in der Morgenstunde verkraften musste. Am Sonntag sollten Zeljko Petrovic und Martin Jol ihre Dienstwagen bekommen, zwei Audis. Sie bekamen im Stadion die Schlüssel, gingen raus, drückten auf die Fernbedienung, stiegen in einen Audi ein, aber der Schlüssel passte nicht. Jol: "Dann haben wir eine dick gefüllte Geldbörse gefunden, dazu sechs oder sieben Kreditkarten. Wir dachten, der Audi-Mann hätte alles vergessen. Aber dann stand Didi vor dem Wagen und fragte: Was ist los? Was macht ihr hier? Fans hatten ihn angerufen und ihm gesagt, dass da zwei Kerle sein Auto klauen würden. Unsere Audis standen in 30 Meter Entfernung."