87 Länderspiele, 61 Tore – ihre Trefferquote ist beeidruckend. Doch die Karriere von Inka Grings gleicht dennoch einer Achterbahnfahrt.
Köln. Einst galt sie als rebellisch, zuweilen launisch und schwierig. Doch nicht nur wenn sie mit ihrer vier Jahre alten schwarzen Mischlingshündin Chico durch den Kölner Stadtwald nahe ihres Reihenhauses in Müngersdorf streift, wirkt Inka Grings ausgeglichen und glücklich. Die 32 Jahre alte Nationalstürmerin ist nach zahlreichen Irrungen und Wendungen mit sich im Reinen. „Ich bin reifer und diplomatischer geworden. Aber das sollte man auch, wenn man älter und erfahrener ist“, sagt Grings der Nachrichtenagentur dpa. Dabei nippt sie zufrieden an ihrem Cappuccino und blinzelt in die Frühlingssonne. „Mir geht es im Moment richtig gut.“
Es war ein schwieriger Reifeprozess, den die Torjägerin des FCR Duisburg durchmachte. Da war der Machtkampf mit ihrem früheren Clubtrainer Dietmar Herhaus, der ihr 2006 die Kapitänsbinde abnahm und sie suspendierte. Einige Wochen später war Herhaus weg, Grings kehrte ins Team zurück. Der Disput mit Bundestrainerin Silvia Neid, die sie vor Olympia 2008 ausbootete, nachdem Grings einige Termine geschwänzt hatte, sorgte ebenfalls für Schlagzeilen.
Die Boulevard-Presse interessierte sich vor allem für ihre Beziehung zur Teamkollegin Linda Bresonik und Fußball-Trainer Holger Fach. „Ich habe sicher Fehler gemacht, aber mit der Bundestrainerin habe ich mich dann ausgesprochen. Da ist alles ausgeräumt“, sagt Grings. Neid bescheinigt ihr eine positive Entwicklung. „Inka ist menschlich gereift, hat sich bei uns gut eingefügt und ist nicht nur sportlich ganz wichtig für uns.“
Grings hat gelernt, sich „mal auf die Zunge zu beißen“, verbiegen lässt sie sich nicht: Als FCR-Trainerin Martina Voss-Tecklenburg unter fragwürdigen Umständen vor einigen Wochen entlassen wurde, verlas die Spielführerin öffentlich eine Erklärung, in der das Team sein Befremden über die Trennung zum Ausdruck brachte.
Nach einer Aussprache mit Neid feierte die EM-Torschützenkönigin von 2005 nach 40 Monaten Länderspielpause im Frühjahr 2009 ihr Comeback in der DFB-Elf. Bei der EM 2009 in Finnland sicherte sie sich erneut die Torjägerkrone und ist seitdem fester Bestandteil der Elf, die im Sommer bei der WM den Titel-Hattrick perfekt machen will.
„Wir sind Europa- und Weltmeister, spielen im eigenen Land. Natürlich wollen wir den Titel. Wer das nicht will, ist fehl am Platz“, betont die Düsseldorferin, die schon bei der WM 1999 in den USA zum Kader gehörte, als „Youngster“ über eine Reservistenrolle aber nicht hinauskam. Die beiden deutschen WM-Triumphe 2003 und 2007 verpasste die Hobby-Tennisspielerin.
„Insofern ist es für mich die erste richtige WM“, betont Grings, die seit 1999 sechsmal beste Bundesliga-Angreiferin war. Mit dem FCR wurde sie deutsche Meisterin, dreimal DFB-Pokalsiegerin und holte den UEFA-Cup (2009). Dass ihre Erfolgsbilanz nicht noch ausgeprägter ist, lag an zahlreichen Verletzungen und Rückschlägen. Manchmal stand sie sich auch selbst im Weg. „Ich habe einige Umwege genommen.“
Zwar kann die ehemalige Sportsoldatin und gelernte Kauffrau für Bürokommunikation gut von dem Geld leben, das sie in Duisburg und durch Sponsorenverträge verdient. Doch eine langfristige berufliche Perspektive ist ihr wichtig. In Düsseldorf hat sie deshalb ein Fernstudium als Sport- und Fitnesstrainerin begonnen, will vielleicht als „Personal Coach“ arbeiten. Auch eine Karriere als Trainerin ist denkbar. Zuvor will sie sich aber ihren Gold-Traum erfüllen. „Die WM hat für mich absolute Priorität. Weiter denke ich nicht.“