Polen muss am Samstag gegen Tschechien gewinnen, um nicht als zweiter Gastgeber der EM-Geschichte ohne Sieg in der Vorrunde zu scheitern.

WARSCHAU/BRESLAU. Traum oder Trauma: Am Tag der Entscheidung fiebert ganz Polen mit seinen „Bialo-Czerwoni“. Nur ein Sieg im Alles-oder-nichts-Spiel gegen Tschechien erhält den Weiß-Roten eine Chance auf das Viertelfinale - und auf ein Duell mit dem großen Nachbarn Deutschland. „Wir haben es selbst in der Hand“, sagt Borussia Dortmunds Stürmerstar Robert Lewandowski.

Ein ganzes Land hofft, zittert, schaut am Sonnabend (20.45 Uhr/ZDF und im Liveticker auf abendblatt.de) bangen Blickes nach Breslau. Die Boulevardzeitung Super Express befragte sogar schon einen bekannten Wahrsager und stellte erleichtert fest, dass der auf einer Wellenlänge mit Premierminister Donald Tusk liegt. „Wir gewinnen 2:0. Und wenn wir so spielen wie in der zweiten Halbzeit gegen die Russen, dann sage ich voller Überzeugung: Wir können Europameister werden“, sagte der Regierungschef.

So weit blickt innerhalb des Teams niemand voraus. Der Fokus liegt einzig und allein auf dem Spiel gegen die Tschechen, denen bereits ein Unentschieden reichen könnte - allerdings nur, wenn Außenseiter Griechenland im Parallelspiel gegen die Russen nicht gewinnt. Ein Aus der Polen würde wohl eine Staatstrauer auslösen.

+++ Wilde Spekulationen um Dortmunds Polen-Trio +++

„Unser Spiel gegen Tschechien ist entscheidend, vielleicht das wichtigste in unserer jüngeren Geschichte“, sagte Mittelfeldspieler Rafal Murawski von Lech Posen: „Wir müssen gewinnen und wir glauben daran. Die Tschechen sind schlagbar.“ Lewandowski ist optimistisch, weil sich das Team während des Turniers kontinuierlich gesteigert habe: „Wir hoffen, dass wir beim dritten Spiel ganz oben angekommen sind.“

Das Wohl und Wehe der Nation - Österreich blieb 2008 als bislang einziger Gastgeber einer EM-Endrunde sieglos - ist das eine bestimmende Thema in der polnischen Presse. Das andere ist die Torwartfrage. Wojciech Szczesny vom FC Arsenal ist nach seiner Roten Karte im Eröffnungsspiel gegen Griechenland (1:1) am Samstag wieder spielberechtigt, doch angeblich will Nationaltrainer Franciszek Smuda weiter Szczesnys Ersatzmann Przemyslaw Tyton (PSV Eindhoven) das Vertrauen schenken.

Smuda sagte dem öffentlich rechtlichen Sender TVP, dass er die Art von Fehlern fürchte, die Szczesny im Eröffnungsspiel gemacht habe, und ergänzte, dass Tyton „immer Ruhe ins Spiel gebracht hat“. Auch viele der großen Zeitungen wie das Boulevardblatt Fakt oder die Rzeczpospolita spekulieren, dass Smuda an Tyton als Nummer eins festhalten wird.

Szczesny erweckt allerdings nicht den Eindruck, dass er im Falle einer Entscheidung für Tyton Alarm schlagen würde. „Ich stehe bereit, ich fühle mich gut, also hoffe ich auf einen Platz in der Startelf“, sagte der Arsenal-Schlussmann, „aber die Entscheidung liegt beim Trainer.“

Beide Teams haben Verletzungssorgen. Bei den Polen sind Damien Perquis (Bauchmuskelzerrung), der Mainzer Eugen Polanski (Knieprellung) und Dariusz Dudka (Probleme am Schienbein) angeschlagen.

Die Kopfschmerzen bei Tschechiens Trainer Michal Bilek dürften größer sein. Kapitän und Spielmacher Tomas Rosicky plagt sich mit Achillessehnenbeschwerden herum, sein Einsatz ist fraglich. Trotzdem strahlt der Ex-Dortmunder grundsätzlich Zuversicht aus. „Wir sind gegen Polen in der Situation, in der wir sein wollten: Wir haben alles selbst in der Hand“, sagte Rosicky.

Auch Torwart Petr Cech ist angeschlagen, der Einsatz des Weltklassekeepers vom Champions-League-Sieger FC Chelsea gilt aber als sicher - zumal Cech nach seinem Patzer im Spiel gegen Griechenland (2:1) heiß ist: „So einen blöden Fehler werde ich nicht noch mal machen.“