Dortmund/London. Der Bundesliga-Torschützenkönig räumt Fehler ein und wirbt um Verständnis. Sein Nachfolger in Dortmund steht fest.
Nach seinem schlagzeilenträchtigen Wechsel vom Fußball-Bundesligisten Borussia Dortmund zum FC Arsenal hat Torjäger Pierre-Emerick Aubameyang bei den BVB-Fans um Verständnis geworben. "Ich wollte schon letzten Sommer wechseln, da klappte es nicht, aber jetzt musste es sein", schrieb der Gabuner am Mittwoch bei Instagram und bat um Verzeihung: "Sorry für alles, was im letzten Monat geschehen ist."
Der 28-Jährige räumte weiter ein, in der Vergangenheit "Fehler gemacht" zu haben, dies sei aber "nie in böser Absicht" geschehen. "Vielleicht war es nicht der beste Weg für den ich mich entschieden habe, aber jeder weiß, dass Auba verrückt ist – und ja, ich bin ein verrückter Junge, hahahaha!", schrieb er und dankte "der ganzen BVB-Familie" für die vergangenen viereinhalb Jahre.
Lewandowski meldet sich zu Wort
Am Mittwochmittag wurde der Transfer in die englische Hauptstadt nach wochenlangen Eskapaden seitens des extrovertierten Bundesliga-Torschützenkönigs bekannt gegeben. Dortmund kassiert eine Ablösesumme in Höhe von 63,75 Millionen Euro. Sogar Robert Lewandowski verdrückte eine Träne. "Alles Gute, es war ein Vergnügen, sich mit dir duelliert zu haben. Nur solche gesunden Vergleiche machen einen noch besser", twitterte der Torjäger von Bayern München nach dem vollzogenen Transfer seines ewigen Rivalen.
Der Paradiesvogel schwirrt ab, die Bundesliga verliert fraglos eine Attraktion. Der schillernde Starstürmer und zuletzt auch Unruhestifter verlässt den BVB nach viereinhalb Jahren.
„Von den unschönen Ereignissen der vergangenen Wochen abgesehen, erinnern wir uns gern daran zurück, dass die Geschichte von Pierre-Emerick Aubameyang beim BVB über mehr als vier Jahre eine einzige Erfolgsstory war. Er hat in dieser Zeit Großartiges für Borussia Dortmund geleistet“, erklärte BVB-Sportdirektor Michael Zorc.
Batshuayi kommt leihweise von Chelsea
Aubameyangs Nachfolge in Dortmund soll Michy Batshuayi (24) antreten. Wie der Bundesligist am Mittwoch mitteilte, wird der Belgier bis zum Saisonende vom FC Chelsea ausgeliehen. „Michy ist ein junger, sehr interessanter Stürmer, der durch eine hohe Torquote besticht und sowohl beim FC Chelsea als auch bei Olympique Marseille, in der belgischen Liga und der Nationalmannschaft seine außergewöhnliche Qualität schon unter Beweis gestellt hat“, sagte BVB-Sportdirektor Michael Zorc.
Batshuayi steht beim FC Chelsea seit Sommer 2016 unter Vertrag. Dort traf er durchschnittlich alle 88,5 Minuten. „Um mein großes Ziel zu erreichen, möchte ich möglichst viel spielen und viele Tore schießen. Im Sommer findet die WM statt“, sagte der belgische Nationalspieler. Der Stürmer ist vertraglich noch bis 2021 an den Premier-League-Club aus London gebunden.
Aubameyang hatte mit einigen Kapriolen die Freigabe vom BVB mehr oder minder erzwungen. Für die Borussia und den Gabuner endet eine ebenso erfolgreiche wie turbulente Zeit. Aubameyang war stets treffsicher und „immer ein bunter Vogel“ wie Zorc sagte – dabei aber trotz seiner Extravaganzen lange professionell und diszipliniert.
Aubameyang provozierte den Wechsel
Das änderte sich spätestens zum Jahreswechsel: Aubameyang, nun ganz offensichtlich äußerst wechselwillig, schaltete auf Provokation. Er quartierte seine Familie im Spanien-Trainingslager im Mannschaftshotel ein, er schwänzte die Abschlussbesprechung vor dem Spiel gegen den VfL Wolfsburg (0:0), für das er dann suspendiert wurde. „So kann es nicht weitergehen“, schimpfte Zorc, auch die Mitspieler des 28-Jährigen reagierten zunehmend mürrisch.
Auch für das Spiel bei Hertha BSC (1:1) wurde er wegen mangelnder Trainingsleistung nicht in den Kader berufen, bei seinem Einsatz am vergangenen Sonnabend gegen den SC Freiburg (2:2) wirkte er lustlos. Am Montag erschien er als geladener Zeuge beim Prozess um den Sprengstoffanschlag auf den Mannschaftsbus im April 2017 krankheitsbedingt nicht vor Gericht. Am Dienstag entschwebte Aubameyang bereits mit einem Learjet in Richtung London. Mit einem goldenen Geländewagen war das Enfant terrible mit seinem Tross am Dortmunder Flughafen vorgefahren.
Weniger Tore, mehr Ruhe
Jetzt ist das Theater um Aubameyang vorbei. Einen unerlaubten Shopping-Trip nach Mailand und einen verbotenen Videodreh auf dem Trainingsgelände hatte der BVB auch schon mit Suspendierungen geahndet, allerdings, erklärte der Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, gab es zuletzt eine „andere Qualität“ der Verfehlungen: Das Verhalten Aubameyangs hatte erstmals unmittelbaren Einfluss auf die Mannschaft. Der Verein entschied sich am Ende für (wahrscheinlich) weniger Tore und mehr Ruhe.
Was bleibt, sind grandiose Statistik-Werte. In 144 Bundesligaspielen für den BVB hat der pfeilschnelle Stürmer, der 2013 von AS Saint-Etienne gekommen war, 98 Tore erzielt. Hinzu kommen jeweils 15 Treffer in der Champions League und im DFB-Pokal. Aubameyang ist auch durch seine Quote von 0,69 Toren pro Ligaspiel einer der besten Angreifer der Dortmunder Vereins- und der Bundesliga-Geschichte. 2016 wurde Afrikas Fußballer des Jahres von 2015 mit dem BVB Pokalsieger.
Traumverein Real Madrid
Seine nächste Herausforderung ist England, obwohl sein Traumverein immer Real Madrid geblieben ist. Bei Arsenal wird Aubameyang Mannschaftskollege der deutschen Weltmeister Mesut Özil, Per Mertesacker und Shkodran Mustafi. Bei den Gunners erhält einen langfristigen Vertrag, verkündeten die Londoner.
In Dortmund wird man seine Tore und seine vielen quietschbunten Auftritte vermissen – seine Eskapaden und Provokationen weniger. Der Verein kassiert hingegen nach dem Ousmane-Dembélé-Transfer zum FC Barcelona für 105 Millionen Euro Ablöse plus bis zu 42 Millionen Euro Bonuszahlungen erneut eine Riesensumme, die in die Entwicklung der Mannschaft investiert werden kann.
BVB-Aktie erholt sich
Die Aktie des BVB immerhin wurde durch den Aubameyang-Verkauf am Mittwoch aus dem Keller geholt. Der Anteilsschein war im frühen Handel nach einem Verlust von 3,5 Prozent mit 5,65 Euro so tief wie seit April 2017 nicht mehr notiert. Nach der Nachricht vom Wechsel des Gabuners für 63,75 Millionen Euro zum FC Arsenal erholte sich das Papier aber wieder und stand am frühen Nachmittag bei 5,88 und damit wieder im Tagesplus.
Nach dem Verkauf von Aubameyang rechnet die BVB-Geschäftsführung mit einem Rekordumsatz für das laufende Geschäftsjahr. Nunmehr soll erstmals die Marke von 500 Millionen Euro übertroffen werden. Dies wären rund 25 Prozent mehr als im bisherigen Rekordjahr 2017, als erstmals die 400-Millionen-Schallmauer durchbrochen worden war.
Von ihrem 16-Jahres-Hoch im vergangenen Oktober ist die BVB-Aktie aber noch weit entfernt. Vor knapp vier Monaten lag der Wert noch bei 8,36 Euro. Der Ausgabepreis der Aktie des einzigen börsennotierten deutschen Fußballvereins hatte am 31. Oktober 2000 elf Euro betragen.
Danach fiel die Aktie ins Bodenlose. In den Jahren 2008, 2009 und 2010 war der Anteilsschein zwischenzeitlich sogar zu einem Pennystock verkümmert, also weniger als einen Euro wert. Seit 2011 jedoch befindet sich das Papier wieder im steten Aufwind.