Frankfurt/Hamburg. So geht es nicht weiter, sagen Fußball-Experten. Nach dem Rauswurf von Videochef Hellmut Krug tobt die Debatte. Stimmen Sie ab.
Keine Reform in der Fußball-Bundesliga hat für so viel Aufregung und Unsicherheit gesorgt. Der Videobeweis lässt Vereine, Schiedsrichter und vor allem die Fans im Stadion und am Fernseher ratlos zurück. Selbst hartgesottene Experten und Kommentatoren schütteln den Kopf. Die Fundamente des jahrhundertealten Spiels wackeln. Der Deutschen liebster (Fernseh-)Sport, die Milliarden-Industrie Bundesliga hat ein unkalkulierbares Momentum bekommen.
Nun ist die erste Reizfigur weg. Nach der Absetzung von Videochef Hellmut Krug muss sich der Deutsche Fußball-Bund (DFB) wieder auf die Details des Videobeweises konzentrieren. Bislang verhinderten zu viele Unklarheiten den Erfolg des Pilotprojekts, das eigentlich von (fast) allen befürwortet wird. Eigentlich. Denn mit jeder strittigen Entscheidung und Unklarheit verliert der Videobeweis an Akzeptanz.
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Sportvorstand Jochen Saier vom SC Freiburg erhofft sich für die Zukunft klarere Regeln für den Umgang mit dem Videobeweis und eine deutlich reduzierte Nutzung. Wie es bisher gelaufen ist, sei inakzeptabel, sagte Saier am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. „Weniger Eingriff wäre mehr, sonst leidet der Fußball darunter und es wird etwas kaputt gemacht.“
Die Steuerung des Gesamtprojekts sei bisher äußerst bescheiden gewesen. „Es muss eine Klarheit in der Struktur geben. So ein hochkomplexes Projekt kann nur mit einer guten Kommunikationslinie und Klarheit funktionieren“, sagte er.
"Ich glaube, es ist bis heute auf allen Seiten immer noch nicht genau klar, wann der Videoschiedsrichter eingreifen soll", sagte Schalkes Sportvorstand Christian Heidel bei Sky90: "Wir müssen das korrigieren. Doch ich tue mich schwer, den Videoschiedsrichter an sich infrage zu stellen." Augsburgs Manager Stefan Reuter fehlt die Souveränität der Unparteiischen: "Dabei muss der Schiedsrichter der starke Mann auf dem Platz bleiben!"
Videobeweis: So funktioniert es
Umso dringender scheint das klärende Gespräch, zu dem Schiedsrichter-Boss Lutz Michael Fröhlich am Montag eingeladen hatte. "Unter Einbeziehung aller Beteiligten soll klar herausgestellt werden, unter welchen Umständen der Video-Assistent eingreifen soll und wann nicht", teilte der DFB in der Presseerklärung zu Krugs Degradierung mit, die das Chaos auf die Spitze getrieben hatte.
Videochef Hellmut Krug musste gehen
Der umstrittene 61-Jährige war am vergangenen Freitag zunächst auf Anraten der Ethikkommission nur aus der Schiedsrichterkommission geworfen worden, er sollte aber Leiter des Videoprojektes bleiben. Drei Tage später inklusive schwerwiegender Vorwürfe in der "Bild"-Zeitung war aber auch das hinfällig und Fröhlich übernahm Krugs Job - laut DFB aber eben nicht wegen der negativen Berichterstattung.
"Die Entscheidung, Lutz Michael Fröhlich ab sofort mit der Projektleitung Video-Assistent zu beauftragen, ist keine Reaktion auf die in den Medien erhobenen Manipulationsvorwürfe gegen Hellmut Krug", sagte der zuständige DFB-Vizepräsident Ronny Zimmermann dem sid. Die Entscheidung sei "vor allem zum Schutz des Schiedsrichterwesens, des wichtigen Projekts Video-Assistent und nicht zuletzt zum Schutz der Person Hellmut Krug getroffen" worden.
Der Supervisor wurde abgeschafft
Quasi abgeschafft wurde die Position des Supervisors, in der Krug angeblich unerlaubten Einfluss genommen haben soll und die vom IFAB gar nicht zwingend vorgegeben ist. Die "Aufseher" in Köln sollen "künftig" während der Spiele keinen direkten Kontakt mehr zu den Video-Assistenten haben.
Dieser soll, das betonte der DFB nach den völlig misslungenen Kommunikationsversuchen mit den Bundesliga-Vereinen in der vergangenen Woche, nur dann eingeschaltet werden, "wenn in entscheidenden Szenen ein Wahrnehmungsfehler vorliegt". Nur bei "glasklaren Fehlentscheidungen", forderte Heidel: "Ebenso noch bei einer Roten Karte, die nicht ins Blickfeld des Schiedsrichters gefallen ist - ansonsten soll er sich nicht melden. Das war der Ansatz, aber in der Praxis sieht es leider anders aus."