Dortmund. Warum griff der Videoschiedsrichter beim zweiten BVB-Treffer überhaupt ein? Fragen und Antworten zum drohenden Präzedenzfall.
Der 1. FC Köln wird nach dem 0:5 bei Borussia Dortmund in der Fußball-Bundesliga Protest gegen die Wertung des Spiels einlegen. Nach Ansicht der Kölner war das Tor zum 0:2 irregulär. Die Rollen des Hamburger Schiedsrichters Patrick Ittrich und des Videoassistenten Felix Brych rücken in den Fokus. Das Urteil könnte mit Blick auf die Rolle des Videoschiedsrichters zu einem Präzedenzfall werden.
Schalkes Manager Christian Heidel etwa stufte den Protest des FC als logische Reaktion ein. "Ich habe volles Verständnis dafür, dass mein Kollege Jörg Schmadtke Einspruch einlegt“, sagte Heidel: "Als Angestellter des Vereins ist er dazu sogar verpflichtet, damit er sich nachher nicht nachsagen lassen muss, er hätte nicht eingegriffen.“ Allerdings habe er "auch Verständnis für die Reaktion von Aki Watzke“, ergänzte Heidel.
Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke hatte auf die Protest-Ankündigung der Kölner unwirsch reagiert. "Wenn man nicht verlieren kann, greift man zu solchen Mitteln“, hatte er gesagt: "Das ist eine Attitüde des schlechten Verlierers.“
Lesen Sie hier die wichtigsten Fragen und Antworten zu dem Fall.
Warum legt Köln Protest ein?
Weil das Tor zum 2:0 des BVB laut Regelwerk irregulär war. Schiedsrichter Patrick Ittrich hatte die Situation abgepfiffen, bevor der Ball nach dem Schuss von Sokratis die Linie überquert hatte. Der FC verweist auf Paragraph 17, Absatz C der Rechts- und Verfahrensordnung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Demnach ist ein Einspruch möglich bei einem „Regelverstoß des Schiedsrichters, wenn der Regelverstoß die Spielwertung als verloren oder unentschieden mit hoher Wahrscheinlichkeit beeinflusst hat.“
Wieso hat Videoschiedsrichter Felix Brych eingegriffen?
Weil er das Foul bewertet hat, das Ittrich gepfiffen hat. Videoassistent Brych kam zu der Entscheidung, dass es kein Foul war, weil FC-Keeper Timo Horn mit dem eigenen Abwehrspieler Dominique Heintz zusammengeprallt ist. Den Pfiff konnte er nicht hören, da im Videoraum in Köln kein Ton vorhanden ist.
Wie reagierten die Dortmunder?
Mit Unverständnis. „Wenn man nicht verlieren kann, greift man zu solchen Mitteln“, sagte Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke: „Das ist eine Attitüde des schlechten Verlierers.“ Sportdirektor Michael Zorc erklärte: „Das ist doch grotesk, nahezu lächerlich.“
Hat der Protest eine Chance?
Schwer zu sagen. 1997 war in einem vergleichbaren Fall ein Wiederholungsspiel zwischen 1860 München und dem Karlsruher SC angesetzt worden, der Weltverband Fifa hatte das Urteil des DFB-Sportgerichts mit Verweis auf den Schutz der Tatsachenentscheidung aber kassiert. Die Frage ist: Handelt es sich nach dem Eingriff des Videoschiedsrichters noch um eine Tatsachenentscheidung?
Damit verbunden wäre auch die Präzedenzentscheidung: Ist der Videoassistent, wie sein Name andeutet, wirklich ein Assistent? Oder ist er ein Oberschiedsrichter? Möglich auch, dass das Gericht den Einsatz des Videassistenten komplett ausblendet, weil es das Foul bewertet. Und dann darauf verweist, dass Ittrichs Wahrnehmung, erst nach Überquerung der Linie gepfiffen zu haben, eine Tatsachenentscheidung ist.
Welche Urteile sind möglich?
Eine Abweisung des Protests oder ein Wiederholungsspiel. Eine Wiederholung ab dem Moment der Entscheidung wie nach Uefa-Regularien, also der 45. Minute, beim Stande von 1:0, ist laut DFB-Regelwerk nicht möglich. Das bestätigte der DFB am Montag.
2015 bei der U-19-EM der Frauen wurden zwischen England und Norwegen nach einer klaren Fehlentscheidung der deutschen Schiedsrichterin Marija Kurtes in der Nachspielzeit 18 Sekunden neu angesetzt.
Welcher Weg bleibt Köln im Falle eines Scheiterns?
Offizielle Berufungsinstanz ist das DFB-Bundesgericht.
Bis wann muss der Protest vorliegen?
Die Frist dafür läuft am Dienstag ab. Der 1. FC Köln hat die endgültige Entscheidung am Montag vertagt. Aktuell gäbe es noch zu viele Aspekte, die zu berücksichtigen seien, hieß es.