Madrid. Schalke 04 reist zum Achtelfinal-Rückspiel nach Madrid. Doch in beiden Lagern ist der Glaube an einen königsblauen Erfolg sehr gering.

Ein Wunder von Bernabeu wollte niemand beschwören. Für die meisten Fußball-Profis des FC Schalke 04 ist die Reise zum Champions-League-Rückspiel bei Real Madrid am Dienstag (20.45 Uhr im Liveticker auf abendblatt.de) ein unliebsames Déjà-vu. Wie schon vor zwölf Monaten ist das Achtelfinal-Aus schon vor der zweiten Partie gegen die spanische Übermacht praktisch besiegelt.

Beim Abflug am Montag mit der Sondermaschine DE 9184 von Düsseldorf hielt sich die Vorfreude in Grenzen. Obwohl die Ausgangslage nicht ganz so hoffnungslos wie im März 2014 ist, überwog die Skepsis. „Das können wir nicht mehr packen“, bekannte Jungprofi Max Meyer, „ein Weiterkommen ist sehr unrealistisch.“

Auch Trainer Roberto Di Matteo zeigte sich vor dem Spiel nur verhalten optimistisch. „Wenn wir das erste Tor schießen könnten, wird es sehr interessant für uns“, sagte der Fußball-Lehrer am Montag in Madrid. Allerdings verkennt Di Matteo die Lage vor der Partie nicht: „Wenn man das Hinspiel 0:2 verliert, ist es extrem schwierig, das noch für uns zu entscheiden.“

An eine Krise beim Team seines Kollegen Carlo Ancelotti glaubt Di Matteo nicht, obwohl Real nach der Niederlage bei Athletic Bilbao (0:1) die Tabellenführung an den Rivalen FC Barcelona abgeben musste. „Ich glaube nicht an eine Krise bei Real. Ich würde da nicht von Krise sprechen“, betonte der Schalke-Coach. Das gegnerische Offensivtrio Cristiano Ronaldo, Karim Benzema und Gareth Bale stellt für Di Matteo und seine Mannschaft eine besondere Herausforderung dar: „Es ist für jedes Team unmöglich, die Drei komplett auszuschalten.“ Schalke-Stürmer Eric Maxim Choupo-Moting sagte, er und seine Kollegen hätten „einfach Bock auf dieses Spiel. Wir werden alles geben. Denn es ist schon etwas Besonderes, im Bernabéu gegen eine der besten Mannschaften der Welt zu spielen.“

Für den Bundesliga-5. geht es in erster Linie also um Schadensbegrenzung. Als Maßstab gilt das Spiel im vergangenen März, als sich der Revierclub nach einem desaströsen 1:6 vor heimischer Kulisse beim 1:3 in der Kultstätte des spanischen Fußballs achtbar schlug. „Wir können es gar nicht versuchen, daraus eine Kaffeefahrt zu machen“, sagte Horst Heldt. Mehr beiläufig fügte der Schalker Sportvorstand an: „Natürlich wollen wir versuchen, das 0:2 aufzuholen. Aber das ist eine verdammt schwere Aufgabe.“

Rechtzeitig vor dem voraussichtlich letzten Hurra in dieser Champions-League-Saison ist immerhin die durch das 0:3 im Revierderby beim BVB verursachte schlechte Stimmung verflogen. Der starke Auftritt gegen Hoffenheim (3:1) am Samstag macht Mut für die eigentlich unlösbare Aufgabe. An Motivation wird es den Schalkern nach Einschätzung von Mittelfeldspieler Tranquillo Barnetta trotz der wenig inspirierenden Ausgangslage nicht mangeln: „Dafür spielt man Fußball, dass man sich mit solchen Mannschaften messen kann. In Madrid gegen Real zu spielen, ist ein Highlight.“

Bis auf den gelbgesperrten Kevin-Prince Boateng waren alle zuletzt eingesetzten Profis beim Abflug am Montag dabei. Fraglich ist jedoch, ob die angeschlagenen Benedikt Höwedes, Marco Höger, Klaas-Jan Huntelaar und Eric Maxim Choupo-Moting wieder rechtzeitig fit werden. Vorsichtshalber gehörten vier Spieler aus den Schalker Jugendteams zur Reisegruppe. Der Einschätzung vieler Beobachter, dass der FC Schalke im Duell mit dem Titelverteidiger um den deutschen Weltmeister Toni Kroos ohnehin nichts zu verlieren habe, widersprach der gegen Hoffenheim als Doppeltorschütze gefeierte Meyer: „Wenn wir uns vorführen lassen, können wir auch verlieren.“

Möglicherweise gereicht es den Königsblauen zum Vorteil, dass beim Gegner Krisenstimmung herrscht. Nach dem 0:1 am Samstag in Bilbao musste das Team von Trainer Carlo Ancelotti die Tabellenführung in der Primera División an den Erzrivalen FC Barcelona abtreten. Das Sportblatt „Marca“ sieht Real gar „im freien Fall“. Vor allem der mit namhaften Profis wie Weltfußballer Cristiano Ronaldo, Karim Benzema und Gareth Bale besetzte Angriff ist derzeit kaum wiederzuerkennen. In den vergangenen zwei Partien gelang nur ein Tor - durch einen Ronaldo-Elfmeter beim 1:1 gegen den FC Villarreal.

Auf die lauter werdende Kritik an seinem angeblich zu laschem Umgang mit den Stars reagierte Ancelotti mit einem dezenten Hinweis: „Mit meiner weichen Hand habe ich immerhin dreimal die Champions League gewonnen.“ Dem Gerede von einem schwächelnden Gegner kann Schalke-Manager Heldt ohnedies wenig abgewinnen: „Wenn Real ein Spiel verliert, bricht immer alles gleich zusammen. Aber für deren Verhältnisse ist es nur ein Mini-Krise.“

Reals Trainer ließ am Montag wissen, dass er nicht von seiner Taktik abweichen werde. „Wir werden unsere Identität nicht aufgeben“, sagte Trainer Carlo Ancelotti am Montag. Der Coach des Champions-League-Siegers sprach dem zuletzt schwächelnden Angriffstrio aus Cristiano Ronaldo, Gareth Bale und Karim Benzema sein Vertrauen aus. „Die Stürmer haben uns viel gegeben. Die ganze Mannschaft hat ein Formtief, nicht allein das Angriffstrio.“ Ancelotti widersprach Presseberichten, wonach Weltmeister Toni Kroos ausgelaugt sei. „Wir haben in den letzten zwei Monaten nicht so viele Spiele absolviert“, betonte der Italiener. „Kroos benötigt keine Ruhepause.“ Das Problem bestehe darin, dass Real nicht schnell genug spiele. „Die Abstimmung zwischen dem Freilaufen und dem Zuspiel stimmt nicht.“

Das ganze Umfeld von Real erweckt derweil den Eindruck, dass man sich mit dem Rückspiel gegen Schalke nahezu gar nicht beschäftige. Der Clásico gegen Barcelona in zwei Wochen elektrisiert schon jetzt Fans und Journalisten. Das Duell beim Erzrivalen am 22. März soll die Krise von Cristiano Ronaldo und Co. beenden, der erwartete Einzug ins Viertelfinale der Champions League gegen die Gelsenkirchener ist nicht mehr als eine Randnotiz."Wir reparieren das im Camp Nou", zitierte die Sporttageszeitung Marca einen nicht genannten Real-Spieler. Die Tatsache, dass nicht nur das Schalke-Spiel, sondern auch ein weiteres Ligaspiel gegen UD Levante auf dem Programm steht, ist bei dem Anspruchsdenken der Königlichen nebensächlich.

Schalke verliert gegen Real Madrid

An die Latte: Felix Platte sorgte gegen Real für den größten Schalker Knalleffekt
An die Latte: Felix Platte sorgte gegen Real für den größten Schalker Knalleffekt © dpa
Schalkes Klaas-Jan Huntelaar krümmt sich nach dem schmerzhaften Zweikampf mit Madrids Raphael Varane
Schalkes Klaas-Jan Huntelaar krümmt sich nach dem schmerzhaften Zweikampf mit Madrids Raphael Varane © Bongarts/Getty Images
Am Ende verlor Schalke gegen Real Madrid mit 0:2
Am Ende verlor Schalke gegen Real Madrid mit 0:2 © REUTERS
Real Madrids Cristiano Ronaldo nach seinem Treffer zum 1:0
Real Madrids Cristiano Ronaldo nach seinem Treffer zum 1:0 © REUTERS
Eric Maxim Choupo-Moting im Zweikampf mit Lucas Silva
Eric Maxim Choupo-Moting im Zweikampf mit Lucas Silva © AFP
Marcelo traf mit einem Traumtor zum 2:0 Endstand
Marcelo traf mit einem Traumtor zum 2:0 Endstand © dpa
Die Freude bei Real Madrid war groß
Die Freude bei Real Madrid war groß © AP
Marcelo rannte nach seinem Treffer direkt zur Bank zu Trainer Carlo Ancelotti
Marcelo rannte nach seinem Treffer direkt zur Bank zu Trainer Carlo Ancelotti © AP
Torschütze Marcelo umarmte seinen Trainer
Torschütze Marcelo umarmte seinen Trainer © dpa
Real Madrid gewinnt sein zehntes Spiel hintereinander und stellt damit einen Rekord von Bayern München ein
Real Madrid gewinnt sein zehntes Spiel hintereinander und stellt damit einen Rekord von Bayern München ein © AFP
Schalkes Torhüter Timon Wellenreuther zeigte eine klasse Partie
Schalkes Torhüter Timon Wellenreuther zeigte eine klasse Partie © REUTERS
Uchida und Höwedes im Zweikampf mit Benzema
Uchida und Höwedes im Zweikampf mit Benzema © Bongarts/Getty Images
Huntelaar musste ind er 33. Minute verletzt ausgewechselt werden
Huntelaar musste ind er 33. Minute verletzt ausgewechselt werden © Bongarts/Getty Images
Atsuto Uchida nach dem Spiel
Atsuto Uchida nach dem Spiel © AP
Cristiano Ronaldo bei der Ballannahme
Cristiano Ronaldo bei der Ballannahme © REUTERS
Timon Wellenreuther war bei dem Schuss von Marcelo ohne Chance
Timon Wellenreuther war bei dem Schuss von Marcelo ohne Chance © REUTERS
Cristiano Ronaldo im Luftduell mit Uchida
Cristiano Ronaldo im Luftduell mit Uchida © Bongarts/Getty Images
Nahm auch auf Schalke kein Blatt vor den Mund: Real Madrids Defensivmotor Toni Kroos (l., hier im Disput mit Schiedsrichter Martin Atkinson)
Nahm auch auf Schalke kein Blatt vor den Mund: Real Madrids Defensivmotor Toni Kroos (l., hier im Disput mit Schiedsrichter Martin Atkinson)
Für sie fand die spanische Fachpresse lobende Worte: Torschütze Cristiano Ronaldo (l.) und Flankengeber Dani Carvajal
Für sie fand die spanische Fachpresse lobende Worte: Torschütze Cristiano Ronaldo (l.) und Flankengeber Dani Carvajal
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