Am Sonnabend beginnt die islamische Fastenzeit. Mediziner sind sich über die Auswirkungen für Sportler jedoch nicht einig. Der Koran erlaubt Ausnahmen.
Santo André. „Und wenn einer krank ist oder sich auf einer Reise befindet, ist ihm eine Anzahl anderer Tage zum Fasten gegeben. Gott will es euch leicht machen, nicht schwer.“
Koran: Sure 2, am Ende des Verses 185
An diesem Sonnabend beginnt der Ramadan, die islamische Fastenzeit, in der die Nahrungsaufnahme nur vor Sonnenaufgang oder nach Sonnenuntergang gestattet ist. Erstmals seit 1986 fallen diese Tage wieder in eine Fußball-Weltmeisterschaft.
Für die gläubigen Muslime in den Teams kann das durchaus ein Problem sein. Mesut Özil hat bereits eingeräumt, dass er in diesem Jahr nicht fasten wird. „Ich kann da leider nicht mitmachen, weil ich arbeite. Das kommt für mich leider nicht infrage“, sagte der deutsche Mittelfeldspieler.
Özil ist mit seinem Glaubensdilemma nicht allein. In der DFB-Auswahl stehen in Sami Khedira und Shkodran Mustafi noch zwei weitere muslimische Profis. Auch die Franzosen Karim Benzema und Paul Pogba, der Schweizer Xerdan Shaqiri sowie Belgiens Marouane Fellaini und Mousa Dembélé müssen sich für oder gegen das strenge Fasten entscheiden.
Und natürlich ist fast das ganze Team beim deutschen Achtelfinalgegner Algerien betroffen. Für die Profis aus Nordafrika spielt die Religion eine große Rolle. „Ich entscheide nach meiner körperlichen Verfassung, aber ich glaube, ich werde es machen“, sagte Kapitän Madjid Bougherra. Das Fasten sei eher „eine mentale Sache“, das Klima „geht schon, es ist gut“. In der K.-o.-Runde gegen die DFB-Elf in Porto Alegre erwartet die Nordafrikaner keine Hitzeschlacht, im Süden Brasiliens herrschen seit Tagen gemäßigte Temperaturen – ein Risiko bleibt dennoch.
Ein Sprecher des Schweizer Teams von Trainer Ottmar Hitzfeld teilte bereits mit, dass wohl kein Spieler aus dem Aufgebot fasten werde. Bei den Franzosen werden es Benzema & Co. genauso handhaben. „Das ist ein heikles Thema, ich kann dazu nichts sagen, weil ich jedermanns Religion respektiere, aber ich mache mir da keine Sorgen, jeder wird sich anpassen“, sagte Frankreichs Coach Didier Deschamps.
Letzten Endes müssten die Spieler die Entscheidung mit ihrem Gewissen ausmachen, sagt der islamische Theologe und Vorsitzende des türkisch-islamischen Dachverbands Ditib, Izzet Er. Der Koran gebe keine klare Regel vor. „Die Spieler müssen es selber wissen.“ Über die gesundheitlichen Auswirkungen gehen die Meinungen auseinander. Angesichts des Flüssigkeitsverlustes von „individuell unterschiedlich bis zu sechs Litern“ müsse mit einer „großen physiologischen Leistungseinbuße“ gerechnet werden, sagte Markus de Marées, Leiter des Bereichs Leistungsphysiologie und Höhenmedizin an der Deutschen Sporthochschule in Köln.
Fifa-Chefarzt Jiri Dvorak betonte dagegen, dass man für Muslime während der WM keine Nachteile erwarte. Sein Kollege Michel D'Hooghe rät vom Fasten während der strapaziösen WM-Zeit ab. „Ich würde von der Möglichkeit einer Ausnahme Gebrauch machen“, sagte der Belgier. Er habe „größten Respekt für die religiösen Überzeugungen jedes Spielers“, sagte das Mitglied des Fifa-Exekutivkomitees, aber aus rein medizinischer Sicht sei eine regelmäßige Nahrungsaufnahme während dieser Zeit besser.