Sehr geehrter Herr Suárez,

ich kann mir vorstellen, dass Sie gerade andere Sorgen haben, aber vielleicht denken Sie trotzdem einmal kurz über mein Anliegen nach. Mein Sohn hat vor einigen Wochen mit dem Fußballtraining angefangen. Er versteht die Regeln noch nicht richtig, aber ich glaube, er hat verstanden, dass die Regeln des Zusammenlebens in einer Zivilgesellschaft prinzipiell auch auf dem Fußballplatz gelten: dass man anderen mit Respekt begegnet, man seine Ziele mit redlichen Mitteln zu erreichen versucht und dass, wenn dies einmal misslingen sollte, man die Konsequenzen dafür tragen muss.

Sie aber, Herr Suárez, wollen ihm offenbar das Gegenteil weismachen. Sie behaupten, eine Aktion wie Ihre Beißattacke gegen Herrn Chiellini gehöre zu einem Fußballspiel dazu, man solle dem „keine Bedeutung beimessen“, Sie hätten schließlich auch einen Schlag abbekommen. Mit anderen Worten: Der Fußballplatz ist für Sie eine Art rechtsfreier Raum, in dem jedes Mittel erlaubt ist, solange es nur vom Schiedsrichter übersehen wird.

Ich gestehe gern zu, dass es in Ihrer Heimat eine andere Auffassung dieses Spiels gibt. Wie anders ist es zu erklären, dass Sie zum Nationalhelden wurden, als Sie vor vier Jahren den Einzug Ghanas ins WM-Halbfinale durch ein Handspiel auf der Linie verhindert haben? Aber nehmen Sie es mir bitte nicht übel, dass ich es begrüßen würde, wenn Sie trotz Ihrer zweifelsohne großen Begabung von der WM ausgeschlossen würden.

Es mag Ihnen altmodisch vorkommen, aber ich werde meinem Sohn weiter zu vermitteln versuchen, dass zum Fußball Fair Play gehört.

Für Ihre weitere Zukunft wünsche ich Ihnen gute Besserung und verbleibe mit freundlichen Grüßen

Achim Leoni

PS: Mein Sohn hat übrigens auch schon einmal gebissen. Damals war er vier. Zur Entschuldigung hat er für sein Opfer ein Bild gemalt.