Entscheidung der Torlinientechnik bei Frankreichs 3:0-Sieg gegen Honduras löst Diskussionen aus
Porto Alegre. Als die Torlinientechnik zum ersten Mal in der Geschichte der Fußball-WM „Goal“ signalisierte, war sich Karim Benzema seiner Sache längst sicher. „Natürlich habe ich es gesehen. Erst ging der Ball an den Pfosten, dann an den Torwart und ins Tor“, kommentierte der Matchwinner die brisanteste Szene beim 3:0 (1:0)-Erfolg der Franzosen über Außenseiter Honduras.
So sicher waren sich aber zunächst nicht alle. Was eigentlich alles klarer machen sollte, hinterließ plötzlich Fragen. Und ausgerechnet die Premieren-Entscheidung der in Würselen bei Aachen entwickelten Technologie mit dem Namen „GoalControl“ sorgte für jede Menge Konfusion. Auch deshalb übte Benzema direkt Kritik: „Ich weiß nicht, ob solch eine Technologie gut für den Fußball ist.“
43.012 Zuschauer im Estadio Beira-Rio in Porto Alegre und Millionen Fans vor den Bildschirmen hatten gesehen, wie der französische Stürmer in der 48. Minute den Ball an den Innenpfosten schoss und das Spielgerät die Torlinie entlangflog. Erst der honduranische Keeper Noel Valladares bugsierte den Ball minimal über die Linie.
Viel entscheidender waren indes die Szenen danach. Obwohl Valladares den Ball sofort wieder ins Spielfeld geworfen hatte, erkannte der brasilianische Schiedsrichter Sandro Ricci korrekterweise das Tor an, auch wenn Valladares behauptete: „Ich bin mir total sicher, dass der Ball nicht komplett im Tor war.“
Riccis Uhr signalisierte jedoch, dass der Ball die Linie in vollem Umfang überquert hatte. So weit, so richtig. Dumm nur, dass auf den Bildschirmen im Stadion zunächst Benzemas Schuss („No Goal“) und erst danach der eigentliche Treffer („Goal“) eingeblendet wurde.
„Es ist unglücklich, dass das erste Bild nicht die Entscheidung des Schiedsrichters bestätigt. Aber es war der Pfostentreffer, erst danach sahen wir das richtige Bild“, sagte Frankreichs Nationaltrainer Didier Deschamps. Der Coach bezeichnete das technische Hilfsmittel als „sehr gute Lösung“, als eine „sinnvolle Einführung“.
Weniger Verständnis zeigte naturgemäß der honduranische Trainer Luis Suárez, der ob der kuriosen Szenen auch während der Pressekonferenz noch leicht verwirrt war. „Erst kein Tor, dann Tor – an welche Wahrheit soll ich denn glauben?“, fragte er. „Auf dieser Technikebene sollte eigentlich Klarheit herrschen. Ich weiß nicht, wie ich mich im Moment fühlen soll.“
Nicht nur Suárez dürfte an diesem historischen Abend hin- und hergerissen gewesen sein. Frankreichs Torwart Hugo Lloris wollte die Szene „nicht an diesem Ort“ diskutieren, Außenstürmer Antoine Griezmann forderte Nachsicht. „Es ist doch immer so, wenn etwas Neues kommt, dass dann erst einmal Konfusion herrscht.“
Mit Freude ist die Bewährungsprobe der Torlinientechnik bei der Firma GoalControl aufgenommen worden, die die zwölf WM-Stadien mit der neuen Technik ausgestattet hat. „Der Treffer wurde klar angezeigt. Ohne den Einsatz der Torlinientechnik wäre er wahrscheinlich nicht gegeben worden“, sagte Geschäftsführer Dirk Broichhausen. Ungeachtet dessen erwägt die Fifa nun, das Prozedere für die Videoeinspielung zu überdenken.