Krisenklubs holen die meisten Neuen. Hoffenheim investiert rund zehn Millionen. Perisic der teuerste Transfer. Starke Kritik am System.
Berlin. Kaufrausch im Kraichgau: 1899 Hoffenheim stemmt sich mit aller Macht gegen den drohenden Abstieg aus der Fußball-Bundesliga. Der Klub von Milliardär Dietmar Hopp, derzeit Tabellenvorletzter, ist mit sechs Neuzugängen für gut neun Millionen Euro in diesem Winter Einkaufs-Krösus. Kurios: Hoffenheims Manager Andreas Müller reiht sich trotzdem in die wachsende Schar der Kritiker wie Uefa-Boss Michel Platini ein, die den Winter-Transfermarkt am liebsten eindämmen oder sogar abschaffen würden.
Müller sagte dem „kicker“, dass er „grundsätzlich für sinnvollle Beschränkungen“ sei. Das Thema, so Müller, gehöre auf die Tagesordnung einer Managertagung gehöre. In der Praxis sieht das jedoch anders aus. Müller gab rund 10 Millionen Euro an Transferkosten aus. Eugen Polanksi kam für 3,0 Millionen Euro von Mainz 05, für Afriyie Acquah überwies man 2,5 Millionen Euro an US Palermo und der FC Getafe erhielt 3,0 Millionen Euro für David Abraham. Bei Gladbachs Stürmer Igor de Camargo und Torhüter Heurelho Gomes von Tottenham Hotspur beließ man es bei Leihgebühren.
Auch Hannover 96 hat die Schatulle im Winter noch einmal geöffent, um nach mäßiger Hinrunde doch noch nach Europa zu kommen. Für Sebastien Pocognoli von Standard Lüttich legten die „96er“ zwei Millionen Euro hin, Leihspieler Johan Djourou (FC Arsenal) und Andre Hoffmann (MSV Duisburg) kosteten zusammen immerhin auch noch eine Millionen Euro. Schalke 04 ließ ebenfalls aufhorchen. Manager Horst Heldt blätterte für das Leihgeschäft von Michel Bastos (Olympique Lyon) als Ersatz für Lewis Holtby (zu Tottenham Hotspur) 1,8 Millionen Euro hin. Zudem leisteten sich die Königsblauen Offensivspieler Raffael von Dynamo Kiew für eine Millionen Euro.
Dass es auch anders geht, bewies Rekordmeister Bayern München. Der souveräne Tabellenführer verzichtete ganz auf Neuzugänge im Winter. Für Michel Platini ist das Verhalten der Bayern vorbildlich, hat sich der Uefa-Boss doch generell kritisch über die Möglichkeit von Wintertransfers geäußert. „Das Transferfenster im Winter wurde geschaffen, um in einigen wenigen Situationen eine gewisse Anzahl an Geschäften zu erlauben. Insgesamt schädigt es dem Wettbewerb“, sagte der Franzose. Auch Teammanager Arsene Wenger vom FC Arsenal sprach sich gegen die Einkaufstour zur kalten Jahreszeit aus. „Dieses Transferfenster sollte ganz geschlossen werden und auf maximal zwei Transfers begrenzt werden“, sagte Wenger.
Als Negativ-Beispiel führte er Ligakonkurrent Newcastle United an, der zuletzt fünf neue Spieler geholt hatte. „Es ist unfair, dass einige Teams, die bereits zweimal gegen Newcastle gespielt haben, einen Vorteil haben“, sagte Wenger. Auch aus der Bundesliga hagelt es Kritik an der zweiten Transferperiode. „Sie ist sportlich unfair. Sie trägt zu einer Wettbewerbsverzerrung bei“, sagte Vorstandschef Heribert Bruchhagen von Eintracht Frankfurt. Bruchhagen forderte, Vereine sollten im Winter nur das Geld investieren dürfen, das sie durch die Abgabe anderer Profis eingenommen haben.
Bayer Leverkusens Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser warnte ebenfalls vor Wettbewerbsverzerrung. „Kritisch wird es erst, wenn verschuldete Vereine sich am Ende über neue Schulden zum Beispiel den Klassenerhalt erkauft haben, was es in der Vergangenheit durchaus gegeben hat.“ Eine Diskussion in der Liga über eine Begrenzung der Transfers würde er begrüßen. Manager Christian Heidel vom FSV Mainz 05 indes räumte den Wintertransfers keine so große Bedeutung ein. „Und wenn ein Verein zehn Neue holen will, bitte sehr... Den Erfolg kauft man sich damit sowieso nicht.“ Mainz sei im Winter früher auch aktiver gewesen, habe aber festgestellt, dass die Zeit zum Einspielen fehle.