Manger Andreas Müller: „Tim ist in der jetzigen Situation chancenlos.“ Brasilianer wird bis zum Sommer von den Spurs ausgeliehen.
Sinsheim. 1899 Hoffenheim hat einen neuen Torwart geholt - aus Sorgfaltspflicht für den kriselnden Tim Wiese. Am Donnerstagabend machte der Tabellenvorletzte der Bundesliga den Wechsel des früheren brasilianischen Nationalkeepers Heurelho Gomes perfekt. Der 31-Jährige wurde bis zum Saisonende von Tottenham Hotspur ausgeliehen. „Tim ist in der jetzigen Situation chancenlos. Egal, was er macht, er hat keine Möglichkeit, vernünftig bewertet zu werden“, erklärte 1899-Manager Andreas Müller diese überraschende Maßnahme.
Trainer Marco Kurz bezeichnete den Umgang mit dem ehemaligen Nationaltorwart Wiese als „erschreckend“: Einen Tim Wiese aus dem Fokus zu nehmen, sei für ihn „unerlässlich“. Bei der Pressekonferenz des Abstiegskandidaten, der bereits etwa zehn Millionen Euro für Neuzugänge in der Winterpause ausgegeben hat und den Ex-Gladbacher Igor de Camargo im Hoffenheimer Trikot präsentierte, meinte Müller über Wiese: „Mit dem Druck, mit dem er in jedes Spiel geht, um fehlerfrei zu sein, das ist unmenschlich. Das kann er nicht leisten. Deshalb müssen wir nach unserer Verantwortung handeln.“
Obwohl Gomes bei seinem bisherigen Club aus London zuletzt nur die Nummer vier war, ist das Vertrauen in ihn größer als in Wiese. „Mit Heurelho Gomes bekommen wir einen Torhüter, der sowohl national als auch international eine Menge Erfahrung auf höchstem Niveau gesammelt hat“, sagte Müller. „Er wird seinen Beitrag dazu leisten, dass die TSG in der Bundesliga bleibt. Davon bin ich überzeugt.“
Wiese dagegen gilt als der spektakulärste Fehleinkauf der viereinhalbjährigen Erstliga-Geschichte der Kraichgauer. Der langjährige Bremer war im Sommer noch unter der Führung des ehemaligen Trainers und Managers Markus Babbel geholt worden – für den damaligen Stammkeeper und Publikumsliebling Tom Starke. Der 31-Jährige zeigte vor allem bei Flanken immer wieder Schwächen und wurde von Babbel kurz vor Ende der Hinrunde zur Nummer zwei hinter dem Belgier Koen Casteels degradiert, just als er ohnehin wegen einer Knieverletzung ausfiel. Bei der ersten Rückrunden-Niederlage am Samstag in Frankfurt (1:2) patzte der 1899-Schlussmann, der sein Kapitänsamt aufgeben musste, erneut beim zweiten Gegentor.
Der so oft kritisierte Wiese wird am Sonnabend gegen den SC Freiburg jedenfalls nicht spielen, so Kurz. Er habe ihn auch aus dem Trainingsbetrieb genommen: „Weil ich diesen wahnsinnigen Druck und diese Ausgangslage von einem Spieler nehmen muss, der sie nicht bewältigen kann.“ Über den weiteren Umgang mit dem Schlussmann machten die beiden Verantwortlichen keine konkreten Angaben. Ein schneller Abgang scheint kein Thema zu sein, da der Verein zum Ende der Transferperiode keinen Spieler mehr abgeben will.
Der Kritik an Wieses Verpflichtung muss sich Hoffenheim jedoch stellen. Der Torhüter war von seinen Bundesliga-Kollegen zum Absteiger der Hinrunde gewählt worden. Dass sei ihm „scheißegal“, kommentierte der sechsmalige Nationalspieler diese „Auszeichnung“. Als kritikfähig gab sich Wiese bei seinem neuen Arbeitgeber nicht. Zuletzt schimpfte er in einem seiner sehr seltenen Interviews: Wenn es nach den Medien gehe, „habe ich hier ja alles zu verantworten“.
Mit Wiese und seinem Berater Roger Wittmann soll das weitere Vorgehen nun abgestimmt werden. „Wir sollten sorgfältiger sein mit den guten Menschen und nicht immer draufknüppeln“, forderte Kurz. „Er hat gesagt, dass es für ihn eine große Belastung ist.“ Müller versprach: „Wir lassen ihn nicht fallen und wollen eine Stabilität schaffen, damit der Junge seine sportlichen Herausforderungen wieder suchen kann.“ Wiese hat in Hoffenheim noch einen Vertrag bis 2016.