DFB-Teammanager weist Bayern-Präsidenten in die Schranken: „Auch die Bayern haben eine flache Hierarchie“. Hoeneß hatte Löw kritisiert.
Frankfurt/Main. Sehr abgeklärt, fast ein bisschen andächtig und vor allem sehr gut vorbereitet war Oliver Bierhoff. Sein Buch „Spielunterbrechung“ hat der Manager der deutschen Fußball-Nationalmannschaft pünktlich zur Buchmesse veröffentlicht. Der 44-Jährige könnte, während sich die Nationalmannschaft in Frankfurt am Main auf das WM-Qualifikationsspiel gegen Irland in Dublin (Freitag, 20.45 Uhr MESZ) vorbereitet, zu Präsentationen seines Werks vom Teamhotel „Villa Kennedy“ am Mainufer kurz zur Messe fahren. Als ein besonnenes Werk wird das Buch gelobt, Bierhoff halte damit ein Plädoyer für das gelegentliche Innehalten in der überhitzten Branche Fußball. Er freue sich, dass das Buch gute Kritik erhalte, sagte Bierhoff in der Commerzbank-Arena in Frankfurt nach dem ersten Training der 20 Nationalspieler am Dienstag.
Dann aber feuerte der Ex-Stürmer los, sachlich im Ton, aber in der Sache hart. Bierhoff schlug gegen Uli Hoeneß, den Präsidenten des FC Bayern München, zurück.
Er wies die Hoeneß-Kritik zurück, dass zu wenig Druck und zu viel Komfort in der Nationalmannschaft herrsche – und traute es sich sogar, den früheren Manager des Rekordmeisters durch den Kakao zu ziehen. „Er hat sich in den letzten Wochen zu allem geäußert, auch in dem Spiegel-Interview. Zu Weißrussland, zur Ukraine, da durfte die Nationalmannschaft nicht fehlen“, sagte Bierhoff. Dann watschte er Hoeneß regelrecht ab, machte ihn lächerlich. „Gerade die Bayern wissen von der Bedeutung der Sponsoren, was man alles tun muss. Die Bayern fahren dafür selbst nach Japan“, erklärte Bierhoff als Erwiderung auf den Vorwurf, dass das DFB-Team vor der EM auf Einladung von Mercedes das Formel-1-Rennen in Monaco besuchte.
„Das mit der Tischtennisplatte kann ich verstehen, dass er da lieber Basketballkörbe hätte“, fügte Bierhoff an. Es war wohl ein süffisanter Hieb gegen die Tatsache, dass Hoeneß mit der Entlassung von Trainer Dirk Bauermann auch die Basketball-Abteilung seines Vereins neuerdings aufmischt.
Löw: „Mir ist egal, wer was zu dem Thema sagt“
Auch Bundestrainer Joachim Löw, der vom Bayern-Präsidenten recht scharf in die Mangel genommen worden war, weil er angeblich nicht hart genug sei gegenüber den Spielern, hatte gleich nach seiner Ankunft in Frankfurt reagiert. „Es ist mir mittlerweile egal, wer was zu diesem Thema sagt“, erklärte Löw am Montagabend. „So lange die Spieler in diesem Maße konzentriert und intensiv arbeiten, was bislang immer der Fall war, werden wir die Dinge auch weiter so handhaben“, betonte Löw, dass er seine Linie beibehalte. Hoeneß geht Löw und Bierhoff ziemlich auf den Nerv mit seinen Mäkeleien.
Er kenne Hoeneß, rede und diskutiere mit ihm regelmäßig, sagte Bierhoff. „Ich weiß, dass Uli Hoeneß dem Fußball was Gutes tun will. Doch auch noch Miroslav Klose madig zu machen und ihn gewissermaßen als Torjäger zweiter Klasse darzustellen, da sei der Bayern-Boss viel zu weit gegangen. Er empfinde “Enttäuschung über die Äußerung zu Klose„, sagte Bierhoff. “Das klingt schon ein bisschen abfällig.„
Dann ging der Manager des DFB-Teams auf die geringschätzigen Erklärungen von Hoeneß zur “flachen Hierarchie„ in der Nationalmannschaft ein. “Wer ist Kapitän bei den Bayern?„ fragte Bierhoff und gab selbst die Antwort: “Philipp Lahm. Er ist auch Kapitän bei uns.„ Wer sei Führungsspieler bei den Bayern und bei der Nationalelf? Bastian Schweinsteiger. Wer sei wichtig bei den Bayern und dem DFB-Team? Manuel Neuer. “Insofern haben die Bayern auch eine flache Hierarchie„, schlussfolgerte Bierhoff.
Bierhoff nimmt Hoeneß' Kritik zugleich locker
Er schien einen Vortrag für einen Altvorderen zu halten, der noch immer nicht weiß, dass sich Teams im Profifußball gewandelt haben. “Hierarchie wird heute anders ausgelebt. Es gibt nicht mehr die ganz harte Hackordnung. Du trägst das Tor, ich mache nichts„, sagte Bierhoff. Es sollte eine Lektion für Hoeneß sein. Richtig ernst nehmen kann man den Grantler einfach nicht. “Wir nehmen das locker. Das bringt uns nicht durcheinander. Zumal wir wissen, dass Uli Hoeneß es gut meint„, sagte Bierhoff mit großzügigem Unterton, um generelle Kritik nachzuschieben. “Aber ich finde es nicht gut, wenn sich Verantwortliche öffentlich übereinander äußern. Wir müssen uns gegenseitig unterstützen und nicht noch zusätzliche Unruhe hereinbringen„, erklärte der Teammanager. “Wir haben uns letztes Jahr doch auch nicht gegen die Bayern ausgelassen.„
Selbst nicht gegen den fragwürdigen Termin des Testspiels der Münchner gegen die Niederlande, dem Arjen-Robben-Gedächtnisspiel, dass die EM-Vorbereitung des DFB empfindlich störte. Der Untertitel seines Buchs “Man muss nicht schnell laufen, man kann auch richtig stehen„ ist auch ein selbstironischer Hinweis. Bierhoff kam etwas spät mit seiner Erwiderung auf die Hoeneß-Kritik, die erstmals vor zwei Wochen vorgetragen wurde, aber dann stellte er sich richtig auf.