Autokorso auf Hannovers Straßen nach der Qualifikation zur Gruppenphase der Europa League. Das 1:1 beim FC Sevilla reichte den 96ern.

Sevilla. Mit kleinen Augen taumelten die müden Europapokal-Helden von Hannover 96 am frühen Freitagmorgen aus dem Flugzeug. Noch in der Nacht nach dem 1:1 (1:1) im Playoff-Rückspiel beim FC Sevilla waren die Niedersachsen aus Andalusien zurück in die Heimat gereist. Stolz, überglücklich und mit dem größten internationalen Erfolg der Vereinsgeschichte im Gepäck: Das Unentschieden beim favorisierten spanischen Spitzenklub reichte für den Einzug in die Gruppenphase der Europa League. An Schlaf war über den Wolken für manchen kaum zu denken.

Es galt, Emotionen zu verarbeiten und einiges zu feiern: Den Triumph von Sevilla und auch noch den 23. Geburtstag von Mittelfeldspieler Lars Stindl. „Wir haben ein Stück Geschichte geschrieben“, sagte Abwehrspieler Christian Schulz. Stürmer Jan Schlaudraff, der beim 2:1 im Hinspiel beide 96-Tore erzielt und damit den Grundstein für den Erfolg gelegt hatte, ergänzte: „Ich denke, man kann schon von einer Sensation sprechen. Wir haben einen großen Fight hingelegt und sind verdient weitergekommen.“ Der Triumph garantiert den Niedersachsen mindestens sechs weitere Spiele auf internationalem Parkett. Trainer Mirko Slomka befand: „Die Mannschaft ist in Europa angekommen.“

Nach dem Schlusspfiff im Hexenkessel Estadio Ramon Sanchez Pizjuan hatte es bei den Niedersachsen kein Halten mehr gegeben. Die Spieler bildeten Jubeltrauben, Slomka wurde von Torjäger Mohammed Abdellaoue sekundenlang in die Höhe gehoben. Den rund 3.000 mitgereisten Fans gelang es gar, die Pfiffe der Spanier zu übertönen. Euphorie pur. Im 2.500 Kilometer entfernten Hannover bildeten sich währenddessen Autokorsos auf den Straßen. Bei 96-Sportdirektor Jörg Schmadtke summte unentwegt das Handy.

„Ich habe schon ein paar Glückwünsche von anderen Bundesliga-Managern bekommen. Die freuen sich für uns – aber natürlich auch für sich selbst“, berichtete der 47-Jährige. Durch das Weiterkommen kann Hannover weitere Punkte für die Fünfjahreswertung der UEFA sammeln und damit bei der Verteidigung des vierten Champions-League-Platzes helfen. Auf Schmadtke wartete allerdings zunächst ein wahrer Reise-Marathon: Nach der Rückkehr nach Hannover ging es für den Sportdirektor sofort über Zürich weiter nach Nizza. Im nahegelegenen Monaco findet am Freitag die Auslosung für die Gruppenphase statt. „Die Strapazen sind mir wurscht. Das ist eine sehr angenehme Dienstreise“, sagte der Manager.

In der am 15. September beginnenden Gruppenphase will Hannover „alles tun, um auch diese Runde zu überstehen. Ich denke, wir werden mit jedem Spiel weiter wachsen. In Sevilla haben wir ja schon einen ganz schweren Brocken aus dem Weg geräumt“, sagte Slomka, der sich bis zum Ende der Wechselfrist vielleicht noch über eine weitere Verstärkung freuen kann. Schmadtke wich Fragen nach Transferaktivitäten mit breitem Grinsen aus: „Warten wir es einfach mal ab.“ Der finanzielle Spielraum hat sich durch den Erfolg in Europa auf jeden Fall erhöht.

Klubchef Martin Kind rechnet mit Mehreinnahmen in Höhe von fünf Millionen Euro. Am Ende dürfte diese Summe jedoch sogar übertroffen werden. Für die Mannschaft fiel durch den Einzug in die Gruppenphase eine Prämie von insgesamt rund 600.000 Euro ab. Ermöglicht hatte dies vor allem Abdellaoue, der den Bundesligisten in Sevilla in Führung brachte (23.). Der Ausgleich durch ein Eigentor von Emanuel Pogatetz (37.) richtete dann auch keinen Schaden mehr an. „Die Mannschaft ist auch in kribbeligen Situationen nicht umgekippt. Das ist eine gute Erkenntnis“, sagte Schmadtke. In der Bundesliga empfängt Hannover am Sonntag den FSV Mainz 05. „Da geht es mit 100 Prozent weiter“, versprach Schlaudraff. Nach Sevilla sollen auch die Rheinhessen große Augen machen.