Hannover wurde gegen Hertha um den Sieg gebracht. Die Formkurve von Hertha zeigt weiter nach oben

Hannover. Jan Schlaudraff war einmal mehr kaum zu stoppen. Nicht von der gegnerischen Abwehrreihe, sondern von seinem eigenen Trainer Mirko Slomka. Wild gestikulierend stürmte der Ex-Nationalspieler von Hannover 96 nach dem 1:1 (1:0) gegen Hertha BSC auf Schiedsrichter Robert Hartmann zu – bis sich Slomka seines Stars annahm und selbst das Gespräch mit dem Unparteiischen suchte. Grund für die Aufregung: Hartmann hatte Christian Panders direkt verwandeltem Freistoß in der 89. Minute die Anerkennung verweigert.

Futsch waren die drei Punkte, futsch war auch Hannovers erste Tabellenführung seit 42 Jahren. Beim Play-off-Rückspiel der Europa League am Donnerstag beim FC Sevilla steht nun Frustbewältigung auf dem Programm. „Natürlich gilt diesem Spiel jetzt unsere volle Konzentration“, sagte Schlaudraff, hatte sich aber auch in den Katakomben der Arena in Hannover immer noch nicht recht beruhigt.

„Es passte zur Leistung des Schiedsrichters, dass er uns das Ding abpfeift“, schimpfte der Stürmer und legte in Richtung von Hartmanns Assistenten Frederick Assmuth, der in der betreffenden Szene ein Foul von Didier Ya Konan an Maik Franz gesehen hatte, nach: „Der Linienrichter hatte schon bei Dingen, die fünf Meter vor ihm passiert sind, große Probleme. Da muss er kurz vor Schluss nicht bei etwas reagieren, das 30 Meter weit weg geschehen ist.“

Konsequenzen muss Schlaudraff nach seinen deutlichen Worten nicht befürchten. Hartmann verzichtete auf einen Vermerk im Spielbericht. Wenigstens eine positive Nachricht für die Niedersachsen. Nach einer Partie, die für Hannover gut begann und schlecht endete. Sergio Pinto hatte Slomkas Mannschaft per Freistoß in Führung gebracht (33.). 50 Minuten grüßte der Vorjahresvierte von der Tabellenspitze, dann besorgte der eingewechselte Pierre-Michel Lasogga Herthas Ausgleich.

„Wir haben die Riesenchance verpasst, als Tabellenführer in die Geschichte von Hannover 96 einzugehen“, sagte Slomka und haderte ebenfalls mit Hartmanns Entscheidung kurz vor dem Spielende: „Ich habe kein Foul gesehen. Das ist natürlich ärgerlich.“ Dennoch bemühte sich der Coach, den Verlust der zwei Punkte schnell abzuhaken und den Blick auf die Partie in Sevilla zu richten.

„Wir werden uns schnell erholen“, sagte Slomka: „In Sevilla wollen wir wieder eine leidenschaftliche Vorstellung zeigen.“ Schlaudraff ergänzte: „Das Selbstvertrauen hat durch das Unentschieden gegen Hertha nicht gelitten. Wir konzentrieren uns jetzt voll auf Sevilla. Wir haben nach dem 2:1 aus dem Hinspiel kein großes Polster, aber wir wollen die Sensation perfekt machen und in die Gruppenphase einziehen.“

Für die in der laufenden Saison weiterhin sieglosen Berliner geht es in den kommenden Monaten hingegen einzig um den Klassenerhalt. „Wenn wir schon nicht gewinnen können, ist es zumindest gut, dass wir nicht verlieren“, sagte Außenverteidiger Christian Lell nach dem zweiten Remis in Folge: „Aber wir sind auf einem guten Weg, endlich den ersten Dreier einzufahren.“

Auch Franz, der sich in der Begegnung einen Nasenbeinbruch zuzog und nun eine Trainingspause einlegen muss, sieht bei der Hertha eine ansteigende Formkurve. „Wir haben gezeigt, dass wir mithalten können und auch in ein Spiel zurückkommen können“, sagte der Innenverteidiger und gab sich auch in der Bewertung der umstrittenen Schiedsrichter-Entscheidung kurz vor Schluss ganz gelassen: „Ich habe schon etwas gespürt. Und wenn der Schiedsrichter ein Foul gesehen hat, wird wohl auch etwas gewesen sein.“