Das Kompetenz-Gerangel um die U21 hat den Sport bei der EM im Schweden vorübergehend in den Hintergrund gedrängt.

DFB-Boss Theo Zwanziger rüffelte Sportdirektor Matthias Sammer wegen öffentlich eingeforderter Kompetenzen und stärkte Fußball-Bundestrainer Joachim Löw demonstrativ den Rücken.

„Mir hat das nicht gefallen. Wir haben in diesem Jahr große Aufgaben vor uns. Da gibt es Wichtigeres, als Kompetenzfragen in den Raum zu stellen“, sagte Zwanziger der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und ergänzte: „Das war absolut unnötig. Da werden öffentlich nicht mehr Erfolge und inhaltliche Fragen diskutiert. Es wird dann nur gefragt: Vertragen die sich noch?“

In der Frage der Zuständigkeit stellte sich Zwanziger klar auf die Seite von Löw. „Der Bundestrainer muss entscheiden können, was er braucht, um die A-Nationalmannschaft zu entwickeln. Der Sportdirektor hat daher auch eine dienende Funktion“, sagte er: „Mir ist es wichtig, dass der Bundestrainer, wenn er bei der U21 eingreift, den Konsens mit dem Sportdirektor findet. Wenn er nicht gefunden wird, hat der Bundestrainer zu entscheiden. Da gibt es keine Alternative.“ Auch in der Bild-Zeitung äußerte sich der DFB-Präsident ähnlich: „Ich war verärgert, dass in der Nähe eines so wichtigen Turniers ein Konflikt aufbricht.“

U21-Coach Horst Hrubesch wollte sich seine Verärgerung über die Ablenkung auf dem Weg zum ersten EM-Titel nicht anmerken lassen. „Es wäre blauäugig zu glauben, dass die Spieler das nicht mitbekommen. Aber die Mannschaft hat sich damit nicht befasst, und ich hoffe, dass das so bleibt“, sagte Hrubesch, dessen Team durch ein 2:0 gegen Finnland am Donnerstag auf dem besten Wege zum ersten Halbfinal-Einzug seit 1982 ist. Vor Ort habe er von den Diskussionen „fast nichts mitbekommen. Wir haben hier einen Titel zu gewinnen, und darauf sind wir fokussiert.“

Sammer befindet sich noch in Schweden und ist stets eng bei der Mannschaft. Löw und Nationalmannschaftsmanager Bierhoff reisten am Freitag verabredungsgemäß ab. Sportdirektor Sammer hatte bereits am Samstag in einem FAZ-Interview noch einmal die eindeutige Zuständigkeit für die U21 gefordert: „Meine Motivation ist es, den Zusammenhang zwischen Nachwuchs- und Männerbereich fließend und somit effektiver zu gestalten. Man darf da einiges beim DFB künftig nicht mehr trennen - weder gedanklich noch personell.“

Am Donnerstag gab es eine einstündige Telefonkonferenz von Zwanziger, Sammer, Löw, Bierhoff und DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach, anschließend in Schweden noch ein Gespräch zwischen Löw und Sammer. Dort sollen alle Differenzen ausgeräumt worden sein. „Wir arbeiten professionell zusammen“, sagte Sammer anschließend dem SID.

„Wenn man drei starke Persönlichkeiten hat, die mir alle sehr wichtig sind, ist es wichtig, dass die Chemie stimmt“, sagte Zwanziger. Der DFB-Präsident betonte ausdrücklich die gute Zusammenarbeit zwischen Löw und Sammer in der Vergangenheit und die „exzellente Arbeit“ des Sportdirektors. Differenzen bestehen laut FAZ jedoch zwischen Bierhoff und Sammer.

Laut Vertrag ist festgeschrieben, dass bei der U21 als Schnittstelle zwischen dem Jugendbereich, für den der Sportdirektor zuständig ist, und dem von Löw betreuten A-Team im Zweifelsfall der Bundestrainer Entscheidungen trifft. Da beiden Seiten Kompetenzen zugesprochen wurden, hatte sich vor einem halben Jahr die Suche nach einem neuen U21-Trainer in die Länge gezogen, ehe man sich auf Rainer Adrion einigte.

Dieser war zwar von Sammer für den U-Bereich vorgeschlagen, von Löw schließlich aber als Coach des ältesten Jahrgangs durchgesetzt worden. „Adrion hat eine sehr enge Bindung zu Jogi Löw. Das ist wichtig“, sagte Bierhoff.