Die deutschen Nationalspieler stellen die höchstmöglichen Ansprüche an sich selbst
Danzig. Manuel Neuer drückte sich nicht vor einer klaren Aussage. "Klar wollen wir das Ding gewinnen", unterstrich der Nationaltorwart drei Tage vor dem ersten Europameisterschaftsspiel gegen Portugal. LukasPodolski sagte: "Wir haben die Menschen in der Vergangenheit oft genug begeistert. Das Ziel kann jetzt nur der Titel sein." Die deutsche Auswahl beantwortet die hohen Erwartungen der Öffentlichkeit mit dem höchstmöglichen Anspruch an sich selbst.
Wer aber letztlich am Sonnabend (20.45 Uhr ARD und Liveticker auf abendblatt.de) in Lwiw auf dem Platz steht, hat Bundestrainer Joachim Löw noch nicht verraten. "Der Bundestrainer hat Riesenoptionen", sagte Abwehrspieler Per Mertesacker. "Es wird harte Entscheidungen geben für einzelne Spieler." Der Arsenal-Profi sieht das gesamte Team vor einem Charaktertest: "Ich bin gespannt, wie die Mannschaft das auffängt."
Dortmunds Double-Sieger Mats Hummels in der Abwehr, Bayern-Jungstar Toni Kroos im Mittelfeld und Münchens Torjäger Mario Gomez im Angriff könnten die ersten Härtefälle in Löws Personalpuzzle werden. Auf dem Trainingsrasen unweit des Teamhotels Dwór Oliwski wird "intensiv" gekämpft, bestätigte Teammanager Oliver Bierhoff: "Man spürt, es geht um die Plätze."
Nach der Rückkehr des lange angeschlagenen Mittelfeldchefs Bastian Schweinsteiger ins Teamtraining hat der Bundestrainer "die Qual der Wahl, um auf die Gegner zu reagieren", wie auch der in diesen Dingen erfahrene Miroslav Klose sagte. Und Manuel Neuer glaubt: "Keiner kann sich sicher sein, dass er einen Stammplatz hat." Für den Bayern-Torwart gilt das wohl kaum.
Neuer hob nochmals die Bedeutung des ersten Spiels für den Turnierverlauf heraus. "Mit einem positiven Ergebnis ist es auch so, dass ein bisschen der Druck abfällt", sagte er. 1984 (0:0 gegen Portugal), 2000 (1:1 gegen Rumänien) und 2004 (1:1 gegen die Niederlande) wies der durchwachsene Auftakt den Weg: Das DFB-Team musste sich jeweils nach der Vorrunde verabschieden und für Jupp Derwall (1984), Erich Ribbeck (2000) und Rudi Völler (2004) neue Trainer suchen. 2008 startete die deutsche Auswahl mit einem 2:0-Sieg gegen Polen - und erreichte das Finale.
Nach intensiven Übungseinheiten hat Löw das Tempo im Training langsam heruntergefahren. Der Bundestrainer setzt die Schwerpunkte nun aufVideositzungen, Einzelgespräche und taktische Einweisungen. Ein ursprünglich erwogenes Testspiel gegen eine Amateur- oder Jugendmannschaft wurde gestrichen. Löw will "kein Verletzungsrisiko" mehr eingehen. Der Trainer sieht sein Team in den zwei Jahren seit der WM in Südafrika derart gewachsen, "dass wir auch mit dieser eingeschränkten Vorbereitung bestens in das Turnier starten werden".
Dass Philipp Lahm (Regenerationstraining) und Sami Khedira (Muskelprobleme am rechten Bein) gestern beim Mannschaftstraining fehlten, war nach Angaben des DFB eine "reine Vorsichtsmaßnahme".