Nach vier Siegen in Serie hat Sebastian Vettel allen Grund für gute Laune. In Abu Dhabi wirkte der WM-Spitzenreiter am Donnerstag ausgesprochen entspannt.
Abu Dhabi. Die Funken von Indien haben Sebastian Vettels Vorsicht noch mal wachsen lassen. Wirklich Feuer war am Donnerstag in Abu Dhabi aber nicht im (verbalen) WM-Duell mit Fernando Alonso. Red-Bull-Star Vettel zog im Land von 1001 Nacht den „Dosengeist“ dem Flaschengeist vor. Und Alonso verwies eine Story über einen Wutanfall ins Reich der Märchen, ehe er offenbarte, wie er im Kampf um die Formel-1-Weltmeisterschaft in den noch ausbleibenden drei Rennen Vettel abfangen will. „Wir wollen so nah dran sein, dass wir jeden Fehler ausnutzen können“, sagte der Ferrari-Pilot.
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Genau darauf ist Vettel gefasst. Der seit vier Rennen unbezwungene Doppelweltmeister, Titelverteidiger und WM-Spitzenreiter aus Heppenheim nahm die Funken am Ende seines Start-Ziel-Siegs am vergangenen Sonntag in Indien noch mal als warnendes Beispiel. „Es war kein wirkliches Problem. Aber man braucht nicht viel Vorstellungskraft: Es zeigt, wie verwundbar du bist“, sagte er.
Ein Ausfall und mindestens ein dritter Platz von Alonso, dann wäre der 13-Punkte-Vorsprung dahin und die WM-Führung wieder futsch. Und das Formel-1-„Disneyland“ in Abu Dhabi hat seine Tücken. Durch den Start bei Tageslicht und der Ankunft im Dunkeln bei deutlich kühleren Temperaturen sind die Unwägbarkeiten ebenso vielfältig wie unberechenbar.
„Zu sagen, dass wir alles im Griff und unter Kontrolle haben, wäre gelogen“, gab Vettel zu. „Wir hoffen, dass wir nicht zu sehr überrascht werden.“ Schwer vorstellbar angesichts der bisherigen Bilanz von zwei Siegen und zwei Poles bei den bisherigen drei Rennen auf dem Yas Marina Circuit. Vettel könne zudem ein bisschen vorsichtiger fahren, weil er in der WM-Wertung vorne liege, befand sein Kumpel, Rekordweltmeister Michael Schumacher.
Mit einem fünften Sieg in Serie am Sonntag in Abu Dhabi könnte Vettel den nächsten Riesenschritt zum Titel-Hattrick machen. Dann müsste er nur noch in Austin zwei Wochen später siegen – und er wäre der dritte Pilot nach Juan Manuel Fangio und Schumacher, der dreimal nacheinander die WM gewann. Schumacher, der sogar fünfmal in Serie triumphierte, traut das dem Red-Bull-Piloten zu: „Der dritte Titel ist ja schon greifbar.“ Ob es so weitergehe, hänge unter anderem von Faktoren wie Motivation oder Stabilität im Team ab.
Berichte, wonach bei Ferrari intern zuletzt Funken flogen, wies Alonso derweil zurück. „Das war eine schöne Erfindung der italienischen Presse“, meinte er zu der Story über seinen angeblichen Wutanfall in Indien. In Rage geriet er dabei nicht. Alonso klang ebenso besonnen wie entschieden, während die dicht gedrängte Medienschar zwischen zwei Motorhomes jede Regung und jedes Wort des Spaniers verfolgte. Im Gegenzug nutzte Alonso die Gelegenheit und zückte sein Smartphone für ein Erinnerungsfoto der auf ihn gerichteten Augen und Kameras.
Mit neuen Teilen aus Italien soll seine „Rote Göttin“ ein weiteres Lifting bekommen und schneller gemacht werden. Dass der Ferrari an diesem Wochenende auf dem 5,554 Kilometer langen Kurs aber bereits gleichauf mit dem Red Bull liegt, glaubt Alonso nicht. „Es gibt keinen Zauberknopf“, sagte er.
Alonso rechnet aber damit, dass Red Bull wieder von den verrückten Gesetzmäßigkeiten dieser Saison eingeholt wird. Bei allen Teams sei es immer auf und ab gegangen. Bei Red Bull gehe es seit vier Rennen nur aufwärts, meinte Alonso ohne aggressiven Unterton in Richtung Vettel.
„So wie ich mit ihm zurecht komme, respektieren wir beide uns sehr“, hatte Vettel bei seiner ebenfalls bestens besuchten Sprechstunde („Gibt's hier was umsonst?“) kurz zuvor betont. Man könne auch nicht davon auszugehen, dass man immer vor den Anderen ins Ziel komme. „Das wäre meines Erachtens komplett falsch: Es gibt immer einen, der irgendwann besser ist als man selbst“, meinte Vettel.