München. Die Nationalelf besiegt beim Abschied von vier DFB-Legenden die Niederlande und steht vorzeitig im Viertelfinale der Nations League.

Julian Nagelsmann flüsterte Thomas Müller zur Begrüßung ein paar Worte ins Ohr. Was der Bundestrainer dem langjährigen Nationalspieler vor dem Anpfiff des Nations-League-Heimspiels gegen die Niederlande sagte, wurde nicht bekannt. Möglicherweise hatte Nagelsmann den nur zwei Jahre jüngeren Münchner gefragt, ob er in seinem hemischen Stadion nicht doch noch ein paar Minuten für die Nationalmannschaft spielen könne. Am Ende gelang der DFB-Auswahl aber auch ohne den langjährigen Torjäger (45 Treffer in 131 Länderspielen) ein verdienter 1:0 (0:0)-Sieg gegen den Erzrivalen. Dank eines Treffers von Debütant Jamie Leweling zog die Nationalelf vorzeitig in das Viertelfinale der Nations League ein.

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Auf den Tag genau vier Monate ist es erst her, dass Müller, Manuel Neuer, Toni Kroos, und Ilkay Gündogan gemeinsam auf dem Rasen der Münchner Allianz-Arena standen. Beim 5:1-Sieg zum Auftakt der Heim-EM gegen Schottland sorgten die vier Routiniers mit der Nationalmannschaft für einen rauschenden Fußballabend. 16 Wochen später standen die Größen des deutschen Fußballs noch einmal zusammen in München auf dem Platz. Lediglich Kroos fehlte wegen privater Termine. 451 Länderspiele hatten die drei Weltmeister und der ehemalige DFB-Kapitän Gündogan für Deutschland bestritten. Nun wurden sie mit einem Video, warmen Worten und einer großen Choreografie offiziell verabschiedet. 

Müller, Neuer und Gündogan im Stadion verabschiedet

„Danke für alles, Jungs“, stand auf zwei großen Bannern auf der Münchner Südtribüne, darüber prangten die vier Köpfe und acht große Buchstaben: LEGENDEN. Es war eine insgesamt recht emotionslose Verabschiedung, die vor allem Müller aber ganz gelegen kam. „Ich bin ein emotionaler Typ, aber kein sentimentaler“, sagte der 35 Jahre alte Münchner, der sich vor allem auf ein schönes Fußballspiel freute. „Wir haben jetzt neue Spieler, die Lust haben, sich ins Rampenlicht zu spielen, weil sie es geil finden, für Deutschland zu spielen“, sagte Müller.

Gemeint waren vor allem die zwei gebürtigen Münchner Aleksandar Pavlovic (20/FC Bayern) und Angelo Stiller (23/VfB Stuttgart), die erstmals für Deutschland starten durften und in der Mittelfeldzentrale Seite an Seite spielten, so wie es Kroos und Gündogan jahrelang gemacht hatten.

Leweling und Baumann debütieren

Wenig überraschend fehlte es der deutschen Mannschaft in der ersten Halbzeit aber an der Struktur im Spielaufbau, für die bei der EM insbesondere Kroos gesorgt hatte. Die völlig neuformierte DFB-Auswahl, in der neben Torhüter Oliver Baumann mit Jamie Leweling (23) für den angeschlagenen Bosnien-Matchwinner Deniz Undav ein weiterer DFB-Debütant stand, tat sich im Kombinationsspiel schwer. Allerdings luden die völlig indisponierten Niederländer die Deutschen durch individuelle Fehler immer wieder zu Chancen ein.

So wie in der zweiten Minute, als Serge Gnabry zwei Oranje-Verteidigern den Ball vom Fuß spitzelte. Leweling versenkte das Zuspiel nach handgestoppten 1,39 Minuten aus 15 Metern im linken Eck. Das erste Länderspieltor für den Stuttgarter in seinen ersten zwei DFB-Minuten. Dachten alle. Doch der VAR erkannte eine Abseitsposition von Gnabry im Millimeterbereich.

Niederlande ohne Torschuss in der ersten Halbzeit

Gar keine Torraumszenen gab es dagegen im Strafraum von Oliver Baumann. Der drittälteste Debütant der DFB-Geschichte, der im Alter von 34 Jahren sein erstes Länderspiel machte, bekam in der ersten Halbzeit nicht einen Ball auf sein Tor. Maximilian Mittelstädt (11.) und Leweling (28.) vergaben die besten Möglichkeiten für Deutschland. 8:0 lautete das Torschussverhältnis nach 45 Minuten. Selbst ein niederländischer Journalist buhte zur Halbzeit auf der Pressetribüne.

Deutschland dominierte, ohne dominieren zu müssen. Dazu waren die Niederländer viel zu schwach. Die Mannschaft von Bondscoach Ronald Koeman bestach an diesem Abend nur durch Harmlosigkeit. Ganz im Gegensatz zu Neuling Leweling. Der 23-Jährige war die Entdeckung des Abends und der verdiente Torschütze des 1:0. Nach einer Ecke von Kapitän Joshua Kimmich blockte Nico Schlotterbeck den Ball zunächst in die falsche Richtung. Aus dem Hinterhalt jagte Leweling den Ball dann aber aus elf Metern in den rechten Winkel. Und die gute Nachricht: Diesmal zählte sein erster Länderspieltreffer (64.).

Wer nun gedacht hätte, dass die Niederländer eine Reaktion zeigen, sollte sich irren. Die 68.367 Zuschauerinen und Zuschauer in der ausverkauften Münchner Allianz Arena sahen weiterhin ein einseitiges Spiel. Leipzigs Xavi Simons traf zwar noch die Latte (77.). Am Ende feierte Deutschland aber einen völlig verdienten Sieg, der auch die Legenden Müller, Neuer und Gündogan auf der Tribüne begeisterte.

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